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Hafen in China. (© Istock)
Jürgen Matthes auf table.media Gastbeitrag 29. September 2021

Deutsche Unternehmen befürworten „robustere” Maßnahmen gegenüber China

China betont im Handelsstreit der USA und der EU regelmäßig die Offenheit des eigenen Marktes. In der Praxis nehmen Unternehmen die Verhältnisse jedoch anders wahr: Sie stoßen auf Zugangshemmnisse und stehen in Konkurrenz zu hoch subventionierten Wettbewerbern. Die Sorge darüber wächst – zumal die chinesische Industrie vom Produktangebot und technischem Können her inzwischen aufgeholt hat.

Europas Unternehmen sehen sich einem zunehmenden Konkurrenzdruck aus China ausgesetzt. Schon ein Blick auf die Entwicklung der Anteile am Exportmarkt seit der Jahrtausendwende illustriert Chinas enormen Exporterfolg: Es hat seinen Anteil an den Weltexporten von Waren und Dienstleistungen von rund drei Prozent im Jahr 2000 auf fast elf Prozent im Jahr 2019 immens erhöht, vor allem in der ersten Dekade. Parallel dazu gingen schon in den 2000er-Jahren die Weltexportanteile anderer großer Industriestaaten deutlich zurück.

Empirische Studien, die sich überwiegend auf die Zeit vor 2010 beziehen, deuten darauf hin, dass sich in dieser Zeit chinesische und deutsche Exporte überwiegend komplementär und nicht substitutiv zueinander verhielten, sich die Konkurrenzintensität durch China aus deutscher Sicht also in engen Grenzen hielt. Mit Blick auf die Zukunft stellt sich aber die Frage, ob China nicht immer stärker in diejenigen Branchen vordringt, in denen die deutsche Wirtschaft ihre Stärken hat. Die Strategie Made in China 2025 setzt sich dies zumindest zum Ziel. In diesem Fall könnten in der laufenden Dekade auch die Weltmarktanteile Deutschlands deutlich stärker als bislang unter Druck geraten.

Ein Blick auf die Entwicklung der Marktanteile Chinas und Deutschlands an den EU-Importen zwischen 2000 und 2019 belegt in der Tat, dass China mit seinen Exporten immer mehr in diejenigen Branchen vordringt, in denen die deutsche Wirtschaft ihre Stärken hat. Dabei zeigt sich, dass Chinas Anteile auch hier sehr deutlich stiegen, Deutschlands Anteile waren dagegen seit 2005 rückläufig. Bei anspruchsvollen industriellen Produktgruppen, in denen Deutschland stärker spezialisiert ist, ist der Gegensatz noch ausgeprägter als im Warenhandel insgesamt. Zudem haben sich die chinesischen Exporte sehr deutlich in Richtung der anspruchsvollen Industriewaren verschoben.

Konkurrenzdruck wird immer relevanter

Vor diesem Hintergrund wurden deutsche Unternehmen aus Industrie und industrienahen Dienstleistungen im Spätherbst 2020 im Rahmen des IW-Zukunftspanels befragt, wie stark sie die Konkurrenz durch China bereits spüren, welche Ursachen sie dahinter vermuten und wie sie einer robusteren Handelspolitik der EU gegenüber China gegenüberstehen. Die Ergebnisse sprechen eine recht deutliche Sprache.

So wird die Relevanz des Konkurrenzdrucks durch China in den nächsten fünf Jahren von deutschen Industrie-Unternehmen sogar deutlich höher eingeschätzt als die Relevanz des Protektionismus. Ein knappes Drittel der Firmen misst der Konkurrenz durch chinesische Unternehmen einen eher hoher oder sehr hohen Stellwert bei. Bei Firmen, die nach China exportieren, beträgt dieser Anteil sogar über 42 Prozent.

Zugleich werden chinesische Konkurrenten zwar als leistungsfähig und innovativ eingeschätzt. Doch die Zustimmung zur Relevanz von Wettbewerbsverzerrungen ist noch deutlich größer. So stimmten der Frage, ob Subventionen der chinesischen Konkurrenz einen Wettbewerbsvorteil ermöglichen, rund 71 Prozent der deutschen Firmen zu, die einen sehr hohen Konkurrenzdruck aus China spüren. Nur gut 42 Prozent dieser Unternehmen sehen ihre chinesische Konkurrenz als leistungsfähig und innovativ an.

Wettbewerbsverzerrung wird deutlich wahrgenommen

Die befragten Unternehmen messen einer robusteren Handelspolitik gegenüber chinesischen Wettbewerbsverzerrungen in den kommenden Jahren zudem einen hohen Stellenwert bei. Zum Beispiel halten über 60 Prozent der befragten Firmen mit einem hohen Exportanteil ein robusteres Vorgehen gegenüber China für sehr bzw. für eher wichtig. Bemerkenswert ist, dass die Zustimmungsraten auch bei Firmen mit Export nach oder Produktion in China ähnlich hoch oder noch etwas höher sind, obwohl diese Unternehmen vermutlich Gegenmaßnahmen Chinas fürchten müssen.

Unter Firmen, die einen sehr hohen Konkurrenzdruck durch chinesische Unternehmen verspüren, befürworten sogar mehr als zwei von drei Unternehmen mit Nachdruck eine robustere Politikausrichtung. Sie sind offenbar überzeugt, dass dies nötig ist, um den Wettbewerbsverzerrungen durch chinesische Staatssubventionen entgegenzuwirken, die von diesen Firmen wie aufgezeigt sehr deutlich wahrgenommen werden.

Das Antwortverhalten der deutschen Unternehmen kann damit als dringender Appell an die europäische und deutsche Wirtschaftspolitik interpretiert werden, Maßnahmen zu ergreifen, um faire Wettbewerbsbedingungen („level playing field“) zu gewährleisten.

Zum Gastbeitrag auf table.media

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