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Barbara Engels in Bigdata Insider Gastbeitrag 10. Mai 2022

Data sourcing: Unternehmen, nutzt eure Daten!

Die Vorteile der Bewirtschaftung von Daten scheinen auf der Hand zu liegen: Höhere Transparenz, Effizienz und Synergieeffekte sollten Grund genug für Unternehmen sein, ihre Daten zu nutzen und auch Daten gemeinsam mit anderen Unternehmen zu teilen und bewirtschaften, schreibt IW-Expertin für Digialisierung Barbara Engels in einem Gastkommentar für den Bigdata Insider.

Unternehmen können ihren Erfolg steigern, wenn sie ihre eigenen Daten bewirtschaften. Sie können so ihre Prozesse analysieren und verbessern. Auch kann es für Unternehmen vorteilhaft sein, wenn sie gemeinsam mit anderen Unternehmen Daten bewirtschaften. So werden Lieferketten transparenter und effizienter, was eine flexible Reaktion auf Marktänderungen ermöglicht. Aber sehen auch die Unternehmen diese Vorteile? Dazu wurde im Herbst 2021 eine Umfrage unter deutschen Unternehmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienstleister durchgeführt. Die Ergebnisse haben Jan Büchel und Barbara Engels in der Studie „Datenbewirtschaftung von Unternehmen in Deutschland: Eine empirische Bestandsaufnahme“ publiziert.

Nur 29 Prozent sind „data economy ready“

Um Daten auf effiziente Art und Weise an andere Unternehmen weitergeben oder von anderen empfangen zu können, müssen Unternehmen in der Lage sein, ihre Daten selbst effizient zu bewirtschaften („data economy readiness“). Bereit für die Datenökonomie („data economy ready“) ist gemäß der Studie ein Unternehmen, das in den Bereichen Datenspeicherung, Datenmanagement und Datennutzung fortgeschritten ist, also möglichst viele, aber im Durchschnitt mindestens die Hälfte der in diesen Bereichen relevanten Aspekte abdeckt (kumulatives Modell). „Data economy ready“ bedeutet also, dass das Unternehmen viele verschiedene Arten von Daten speichert, viele unterschiedliche Elemente des effizienten Datenmanagements erfüllt und viele verschiedene Zwecke mit der Datennutzung verfolgt.

Die meisten der befragten Unternehmen in Deutschland sind nicht in der Lage, Daten effizient zu bewirtschaften. Lediglich 29 Prozent der Unternehmen verfügen über die Voraussetzungen, um Daten effizient zu bewirtschaften. Mittlere und große Unternehmen schneiden dabei besser ab als kleine Firmen.

Nur 27 Prozent bewirtschaften Daten gemeinsam mit anderen Unternehmen

Angesichts der wenig verbreiteten Fähigkeit, Daten effizient zu bewirtschaften, überrascht es nicht, dass auch die gemeinsame Datenbewirtschaftung mit anderen Unternehmen für 73 Prozent der befragten Unternehmen keine Rolle spielt. Wenn Unternehmen Daten gemeinsam bewirtschaften, dann vor allem deshalb, weil sie Daten von anderen Unternehmen empfangen und nutzen, und nicht, weil sie selbst eigene Daten an andere Unternehmen weitergeben. 18 Prozent der befragten Unternehmen geben an, eher Datenempfänger zu sein, 2 Prozent eher Datengeber und 7 Prozent in gleichem Umfang Datengeber und Datenempfänger.

Daten werden am häufigsten mit direkten Zulieferern oder Kunden geteilt: Knapp drei Viertel der Unternehmen, die Daten gemeinsam bewirtschaften, geben an, Daten von direkten Zulieferern oder Kunden zu erhalten. Etwas über die Hälfte gibt an, diesen Daten bereitzustellen. Dies ist sachlogisch, weil im direkten Kontakt eine gemeinsame Nutzung von Daten oft erst die Zusammenarbeit ermöglicht: Kunden übermitteln ihre Bedarfe und Zulieferer die Information über ausstehende Lieferungen meist in Form von digitalen Daten. Der im Vergleich zu den Datenempfängern niedrigere Anteil der Datengeber kann darin begründet sein, dass Unternehmen Angst vor Verlusten durch die entstehende Transparenz haben. Sie können Angst davor haben, dass Unbefugte Zugriff auf Informationen bekommen, die das Unternehmen eigentlich nicht teilen will.

Hemmnisse sind vor allem rechtlicher Natur

Vor allem rechtliche Hemmnisse hindern die befragten Unternehmen daran, Daten zu teilen (68 Prozent. Das am häufigsten genannte rechtliche Hemmnis sind Datenschutzbedenken. Auch einige Jahre nach Inkrafttreten der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die viele Unternehmen verunsichert hat, steht der Datenschutz immer noch an erster Stelle der rechtlichen Hemmnisse. Dabei ist unklar, ob tatsächlich der Datenschutz das Hemmnis darstellt oder die Unsicherheit der Unternehmen darüber, welche datenschutzrechtlichen Regeln gelten. Es ist anzunehmen, dass bessere Informationen über die Datenschutzregeln dazu führen, dass der Datenschutz nicht mehr als Hemmnis wahrgenommen wird. Tatsächlich greift etwa die DSGVO nur bei personenbezogenen Daten, die bei der gemeinsamen Datenbewirtschaftung von Unternehmen vermutlich nicht im Fokus stehen.

Weitaus weniger relevant als rechtliche Hemmnisse sind organisatorische Hemmnisse, die von 26 Prozent der Unternehmen genannt werden. Das größte organisatorische Hemmnis sind fehlende organisatorische Kenntnisse. Unklare Zuständigkeiten werden besonders selten genannt. Es ist zu vermuten, dass fehlende organisatorische Kenntnisse nicht ganz trennscharf zu technischen Hemmnissen sind. Vor allem führt oft auch eine fehlende Data Governance dazu, dass Daten schlecht organisiert sind.

Wirtschaftliche und technische Hemmnisse werden jeweils von 22 Prozent der Unternehmen genannt. Das größte wirtschaftliche Hemmnis ist der unklare Nutzen der gemeinsamen Datenbewirtschaftung, gefolgt von der Sorge um den Unternehmenserfolg und dem Fehlen eines geeigneten Geschäftsmodells. Für viele Unternehmen scheint es wirtschaftlich nicht notwendig zu überlegen, wie eine gemeinsame Datenbewirtschaftung aussehen könnte. Entsprechend wenige Unternehmen geben an, kontinuierlich nach neuen Datennutzungsmöglichkeiten zu suchen. Gerade im Bereich der gemeinsamen Datenbewirtschaftung muss aber viel ausprobiert und experimentiert werden, um Synergien zu heben. Möglicherweise kommt erschwerend hinzu, dass Unternehmen nicht in der Lage sind, den Wert ihrer Daten für andere Unternehmen zu ermitteln und darauf basierend einen angemessenen Datenpreis abzuleiten.

Das größte technische Hemmnis ist das Fehlen von Standards für die gemeinsame Datenbewirtschaftung (67 Prozent). Standards sind zentral für (automatisierte) Kommunikation und Transaktionen im digitalen Raum. Eine Einigung auf Standards ist oft langwierig. Dieses Problem soll im Rahmen der Initiative Gaia-X gelöst werden. Insgesamt spielen technische Hemmnisse eine überraschend geringe Rolle. Die technischen Grundlagen für die gemeinsame Datenbewirtschaftung scheinen bereits vorhanden zu sein oder Unternehmen wissen zumindest, wie sie diese erwerben können. Umso drängender scheint es zu sein, die Hemmnisse in den anderen Bereichen zu mindern.

Unternehmen müssen Raum für Experimente haben

Durch die gering ausgeprägte gemeinsame Datenbewirtschaftung bleibt viel Wertschöpfungspotenzial in Deutschland ungenutzt. Ein Problem ist der Umgang mit den eigenen Daten im Unternehmen. Es ist weder sinnvoll noch möglich, dass alle Unternehmen ausschließlich datenbasiert arbeiten. Aber es ist für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen entscheidend, dass sie wissen, welche Daten sie erheben, und sie diese sicher und in geprüfter Qualität digital speichern und verarbeiten. Nur so können sie die Datenschätze in ihrem Unternehmen erkennen und nutzen: etwa, um Prozesse und Produkte zu verbessern, oder, um sie gegebenenfalls anderen Unternehmen anbieten zu können.

Unternehmen müssen den Spielraum haben, zu experimentieren und zu prüfen, wo sie datenbasiert und digital vorgehen können und wo es sinnvoll ist, analog zu bleiben und wo das Analoge mit dem Digitalen kombiniert werden kann. Nur so können Unternehmen langfristig im internationalen Wettbewerb bestehen. Wenn Unternehmen das Potenzial der Nutzung unternehmenseigener Daten erkennen, ist es wahrscheinlich, dass sie auch offener für die gemeinsame Datenbewirtschaftung sind: sowohl als Datenempfänger als auch als Datengeber. Es ist nicht für alle Unternehmen gleich nützlich oder sinnvoll, Daten gemeinsam mit anderen Unternehmen zu bewirtschaften. Es ist aber für jedes Unternehmen wichtig, diese Möglichkeit zu prüfen. Viele Vorteile ergeben sich erst im Tun.

Zum Gastkommentar auf bigdata-insider.de

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