Axel Plünnecke, Bildungsökonom beim Institut der deutschen Wirtschaft, fordert in einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung mehr Investitionen in die Digitalisierung der hessischen Bildung.
Schule: Qualität des Unterrichts stärken
Das Bildungssystem leistet einen wichtigen Beitrag, den Wohlstand zu sichern, Aufstiegsmöglichkeiten für den Einzelnen zu schaffen und Teilhabe zu gewährleisten. Die ökonomischen Herausforderungen für das Bildungssystem nehmen vor dem Hintergrund von Flüchtlingsmigration und Integration, demografischem Wandel und Digitalisierung deutlich zu. Betrachtet man die Entwicklung einzelner Indikatoren, so zeigt sich, dass im Bildungssystem weitere Verbesserungen dringend notwendig sind und auch Hessen von anderen Ländern in Teilen lernen kann.
Im Bereich der Integration weist Hessen im Bundesvergleich Stärken auf. So verließen im Jahr 2016 rund 10,2 Prozent der ausländischen Schulabsolventen die Schule ohne Abschluss – Hessen erreicht damit den besten Wert der Bundesländer und konnte die Abbrecherquote im Gegensatz zum Bundestrend senken. Auch bei den Abiturientenquoten unter Ausländern erreicht Hessen sowohl an allgemeinbildenden Schulen als auch an beruflichen Schulen überdurchschnittliche Ergebnisse.
Der demografische Wandel wirkt sich in Hessen weniger stark auf die Personalpolitik der Schulen aus als in anderen Bundesländern – die Altersstruktur der Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen ist vergleichsweise ausgeglichen. Auch wenn es in Hessen in Teilen schwierig ist, ausscheidende Lehrkräfte durch neue Lehrer zu ersetzen, ist die Situation doch günstiger als in vielen anderen Bundesländern. Der demografische Wandel wirkt sich auch auf die Fachkräfteengpässe in anderen Bereichen aus. Betrachtet man die Potenziale der Zuwanderung über die Hochschule für die Fachkräftesicherung in Hessen insgesamt, so könnte das Land die Internationalisierung der Hochschulen weiter vorantreiben – der Anteil der Bildungsausländer an allen Studierenden ist in Hessen niedriger als im Bundesdurchschnitt.
Zur Vermeidung von Bildungsarmut muss im Bildungssystem schon früh angesetzt werden. In Hessen erreichten 10,6 Prozent der Viertklässler im Jahr 2016 nicht die Mindeststandards im Lesen. Im Bundesdurchschnitt umfasste die Risikogruppe 12,5 Prozent eines Jahrgangs. Gute Betreuungsrelationen an Schulen unterstützen die individuelle Förderung von Schülern. Vergleichsweise gut sind die Betreuungsrelationen in den Kitas. Schlechter sieht es vor allem im Sekundarbereich I aus.
Im Bereich der Digitalisierung schneidet Hessen im Bundesländervergleich durchschnittlich ab. Nach Untersuchungen der Telekom-Stiftung im Jahr 2017 weist Hessen relativ zu den anderen Bundesländern Stärken bei der Nutzung digitaler Medien und der IT-Ausstattung der Schulen auf. Bei der IT-Ausbildung an beruflichen Schulen und Hochschulen erreicht Hessen nach IW-Berechnungen durchschnittliche Ergebnisse.
Um die neue Herausforderung Digitalisierung anzunehmen, sollte der Digitalpakt durch die Entwicklung von Lehrkonzepten begleitet werden. Um zielgenau investieren und das Bildungssystem effizient steuern zu können, sollten dringend die amtliche Datenlage zum Thema Digitalisierung und Bildung aufgebaut und Vergleichsarbeiten auf Basis entsprechender Standards bundesweit umgesetzt werden.
Um im Bildungsbereich die Integration zu stärken und Bildungsarmut zu reduzieren, sollte das Land die Mittel aus dem künftigen Gute-Kita-Gesetz des Bundes prioritär für die weitere Stärkung der Qualität einsetzen. Zusätzliche Vergleichsarbeiten und daran abgeleitete Unterstützungsmaßnahmen wie in Hamburg sollten stärker auch in Hessen implementiert werden. Hierbei sind unterstützende Ressourcen stärker über einen Sozialindex zu differenzieren und den einzelnen Schulen zuzuordnen. Der vom Bund geplante Rechtsanspruch auf Ganztagsschulen ist ein erster wichtiger Schritt, jedoch reichen die geplanten Mittel des Bundes in der kommenden Legislaturperiode für die Umsetzung nicht aus und müssen durch Mittel des Landes und der Kommunen in Hessen ergänzt werden.
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