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Tobias Hentze IW-Kurzbericht Nr. 102 22. Oktober 2020 US-Steuerreform zeigt Wirkung

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hat Donald Trump eine Steuerreform in Angriff genommen. Sowohl die Einkommen- als auch die Unternehmensteuer wurden gesenkt – allerdings auf Kosten neuer Staatsschulden. Die Steuersenkung sollte nicht zuletzt Investitionen aus dem Ausland anlocken und aktuelle Zahlen deuten darauf hin, dass das zum Teil gelungen ist. Die deutschen Kapitalströme in die USA haben zumindest deutlich zugenommen.

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US-Steuerreform zeigt Wirkung
Tobias Hentze IW-Kurzbericht Nr. 102 22. Oktober 2020

US-Steuerreform zeigt Wirkung

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hat Donald Trump eine Steuerreform in Angriff genommen. Sowohl die Einkommen- als auch die Unternehmensteuer wurden gesenkt – allerdings auf Kosten neuer Staatsschulden. Die Steuersenkung sollte nicht zuletzt Investitionen aus dem Ausland anlocken und aktuelle Zahlen deuten darauf hin, dass das zum Teil gelungen ist. Die deutschen Kapitalströme in die USA haben zumindest deutlich zugenommen.

Die Republikaner wollten mit der Machtübernahme 2017 das Unternehmensteuerrecht nicht weniger als revolutionieren. Die geplante Grenzausgleichsteuer hätte eine einseitige Abkehr der USA von internationalen Steuerregeln bedeutet. Statt nach dem Ursprungslandprinzip wäre die Besteuerung dabei nach dem Bestimmungslandprinzip erfolgt, also dort, wo die Güter verkauft werden. Was theoretisch überzeugen kann, wäre in der Praxis einem Affront gegenüber dem Rest der Welt gleichgekommen. Das Vorhaben wurde fallengelassen, stattdessen kam es im Jahr 2018 zu einer eher klassischen, gleichwohl umfassenden Steuerreform, indem Steuersätze deutlich gesenkt und im Gegenzug die Bemessungsgrundlagen verbreitert wurden. Der nationale Körperschaftsteuersatz fiel zum 1. Januar 2018 von 35 auf 21 Prozent. Allerdings kommen je nach Bundesstaat noch lokale Aufschläge hinzu, so dass Werte von bis zu 28 Prozent erreicht werden; zuvor waren es zum Beispiel in Kalifornien bis zu 41 Prozent (FTB, 2020). Damit liegt die Steuerbelastung von Unternehmensgewinnen in den US-Bundesstaaten unter der durchschnittlichen Steuerbelastung in Deutschland von rund 30 Prozent – diese variiert je nach Unternehmenssitz mit dem jeweiligen Gewerbesteuerhebesatz (Grafik). Die USA haben mit der Steuersatzsenkung die internationale Spitzenposition bei den Steuersätzen abgegeben und rangieren nun im Mittelfeld.

Auch die Einkommensteuerbelastung wurde im Jahr 2018 gesenkt. Die Freibeträge wurden nahezu verdoppelt, für einen Single sind heute – vergleichbar mit deutschem Recht – 12.400 US-Dollar steuerfrei. Gleichzeitig verläuft der stufenartige Einkommensteuertarif der USA jetzt flacher als zu Beginn der Amtszeit von Donald Trump und ebenfalls flacher als in Deutschland. Auf die ersten 10.000 US-Dollar pro Jahr beträgt die Einkommensteuer 10 Prozent, darüber beläuft sie sich bis zu einem Einkommen von rund 40.000 US-Dollar auf 12 Prozent – statt 15 Prozent wie vor der Reform. Bis zu einem Jahreseinkommen von 163.000 US-Dollar steigt der Steuersatz auf 24 Prozent. Das Maximum von 37 Prozent wird erst bei einem Einkommen von rund 520.000 US-Dollar erreicht. Damit ist der Spitzensteuersatz nicht nur geringer, sondern er setzt auch noch später ein als unter Trumps Vorgänger Barack Obama (El-Sibaie, 2019). Im Gegenzug wurde die Absetzbarkeit verschiedener Aufwendungen eingeschränkt.

Die US-Regierung hat im Unternehmensteuerrecht zudem systematische Veränderungen vorgenommen: Einerseits sollten dadurch Anreize für Unternehmen geschaffen werden, mehr zu investieren und Kapital in die USA zu transferieren, andererseits sollten Kapitalabfluss und Gewinnverlagerung aus den USA heraus erschwert werden. So können Unternehmen viele Wirtschaftsgüter sofort vollständig abschreiben, was die Bemessungsgrundlage unmittelbar reduziert und einen Liquiditätsvorteil schafft. Gleichzeitig hat der Staat die steuerliche Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen eingeschränkt, wodurch tendenziell eine Finanzierung von Investitionen aus Eigenmitteln gefördert wird. Zudem hat die US-Regierung eine Patentbox eingeführt, wie sie zum Beispiel auch in den Niederlanden oder in Luxemburg besteht. Dabei wird auf erzielte Gewinne aus Lizenzen ein ermäßigter Steuersatz von 13 Prozent erhoben. So sollen Konzerne ihre Markenrechte in den USA registrieren, damit die Gewinne im Land anfallen. Um Kapitalabflüsse zu begrenzen, haben die USA eine Mindeststeuer und eine Lizenzschranke eingeführt. Bei letzterer fällt eine Art Strafsteuer auf im Ausland bereits versteuerte Lizenzgewinne an.

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Um im Ausland geparkte Gewinne von Konzernen mit Hauptsitz in den USA zurück in die USA zu holen, gewähren die USA einen Steuerrabatt, wenn Gewinne an die US-Muttergesellschaft ausgeschüttet werden (Hentze/Jung, 2018). Dass Steuerpolitik das Handeln in den Konzernzentralen beeinflussen kann, legen die massiven Kapitalabflüsse amerikanischer Konzerne vor allem aus Ländern wie den Bermudainseln, Irland und den Niederlanden unmittelbar nach Inkrafttreten der Steuerreform nahe. Insgesamt 640 Milliarden US-Dollar flossen per Saldo im Jahr 2018 in die USA zurück, davon stammten lediglich 400 Millionen US-Dollar aus Deutschland (BEA, 2020). Mit Blick auf die Investitionsanreize für ausländische Konzerne wurde erwartet, dass sich deutsche Direktinvestitionen in den USA um bis zu einem Viertel erhöhen würden (Bräutigam et al., 2018, 23). Die Statistik der Deutschen Bundesbank (2020), die Direktinvestitionsströme bis 2019 abdeckt, verzeichnet für die Jahre 2018 und 2019 deutlich höhere Kapitalflüsse in die USA als in den Vorjahren. Die Neuanlagen deutscher Konzerne in den USA waren 2018 und 2019 mit rund 37 und 32 Milliarden Euro jeweils doppelt so hoch wie 2016 und 2017. Dieser Anstieg führte auch dazu, dass der amerikanische Anteil an allen Neuinvestitionen deutlich gestiegen ist. Reinvestierte Gewinne, also im Ausland erzielte und wieder eingesetzte Gewinne deutscher Konzerne in den USA haben sich im Jahr 2019 gegenüber den Vorjahren auf rund 8 Milliarden Euro sogar verdreifacht. Auch hier ist der Anteil folgerichtig gestiegen. Gleichzeitig sind 2019 in den USA viel weniger Investitionsobjekte liquidiert worden als noch in den Vorjahren – stattdessen haben sich deutsche Konzerne offenbar eher aus anderen Weltregionen zurückgezogen. Diese Beobachtungen bedeuten nicht, dass die Steuerreform ursächlich für die Entwicklung ist, gleichwohl ist der Zusammenhang auffällig. Möglicherweise sind auch Handelsrestriktionen ein Treiber der Direktinvestitionen (Matthes, 2020). Es bleibt insgesamt umstritten, welche realen Effekte Trumps Steuerreform bewirkt hat (Bardt/Kolev, 2020, 5).

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Ob der Trend zu steigenden Direktinvestitionsströmen aus Deutschland in die USA anhält, oder ob es sich eher um ein Strohfeuer handelt, ist – unabhängig vom Wahlausgang in den USA – noch nicht ausgemacht, zumal die Corona-Krise die Statistik zunächst stark beeinträchtigen dürfte. Ein möglicher Präsident Joe Biden hat in jedem Fall angekündigt, die Steuersenkung für hohe Einkommensgruppen und Unternehmen zurücknehmen, ohne allerdings die USA wieder zum Spitzenreiter bei den Unternehmensteuersätzen machen zu wollen: Statt 35 Prozent wie vor Trumps Steuerreform will der demokratische Präsidentschaftskandidat künftig einen Steuersatz von 28 Prozent – 7 Prozentpunkte mehr als derzeit (Biden/Harris, 2020). Ein Motiv für die teilweise Rücknahme der Steuersenkungen ist, dass Trumps Steuerreform nicht zum Nulltarif zu haben war: Das Haushaltsdefizit des Bundes stieg im Jahr 2019, also noch vor der Corona-Krise, auf 1 Billion US-Dollar – doppelt so viel wie noch im Jahr 2015 (CBO, 2020). Am Prinzip, ausländisches Kapitel durch Steueranreize anzulocken und gleichzeitig US-Kapital mittels der Androhung von Strafsteuern im Land zu halten, will auch Biden wenig ändern. Der internationale Steuerwettbewerb geht also intensiv weiter – egal wie in den kommenden Jahren der US-Präsident heißen wird.

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Tobias Hentze: US-Steuerreform zeigt Wirkung

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