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Michael Voigtländer / Pekka Sagner IW-Kurzbericht Nr. 20 8. März 2020 Der Zugang zu Wohneigentum wird weiter erschwert

Aufgrund der Zinsentwicklung ist Wohneigentum attraktiv, viele Haushalte können in den eigenen vier Wänden heute günstiger leben als zur Miete. Dennoch stagniert die Wohneigentumsquote, u. a. weil die hohen Erwerbsnebenkosten den Zugang versperren. Mit dem nun diskutierten Umwandlungsverbot würde eine weitere Hürde entstehen, die gerade den Erwerb von Eigentum in den Großstädten beeinträchtigt.

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Der Zugang zu Wohneigentum wird weiter erschwert
Michael Voigtländer / Pekka Sagner IW-Kurzbericht Nr. 20 8. März 2020

Der Zugang zu Wohneigentum wird weiter erschwert

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Aufgrund der Zinsentwicklung ist Wohneigentum attraktiv, viele Haushalte können in den eigenen vier Wänden heute günstiger leben als zur Miete. Dennoch stagniert die Wohneigentumsquote, u. a. weil die hohen Erwerbsnebenkosten den Zugang versperren. Mit dem nun diskutierten Umwandlungsverbot würde eine weitere Hürde entstehen, die gerade den Erwerb von Eigentum in den Großstädten beeinträchtigt.

Angesichts stark steigender Preise für Wohneigentum, auch im Verhältnis zur Entwicklung der Mieten, ist es vielfach überraschend, dass der Kauf einer Wohnung dennoch attraktiver ist als das Wohnen zur Miete. Doch möglich macht es die Entwicklung der Hypothekenzinsen: Zwischen Ende 2010 und Ende 2019 ist der Hypothekenzinssatz von 3,6 Prozent auf 1,1 Prozent gefallen, was mehr als einer Drittelung entspricht. Demgegenüber sind die Preise für Eigentumswohnungen z. B. in Berlin „nur“ um 115 Prozent gestiegen. Berücksichtigt man darüber hinaus auch die gestiegenen Mieten (in Berlin im Betrachtungszeitraum 33 Prozent), hat sich die Attraktivität des Wohneigentums deutlich erhöht (Sagner/Voigtländer, 2019a). Dies bestätigen auch Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) (Goebel et al., 2019). Die Wohnkostenbelastung der Mieter stagniert im Wesentlichen seit Beginn der 2000er Jahre. Auch dies überrascht in Zeiten steigender Mietpreise, wird aber aufgrund der höheren Löhne und der vermehrten Erwerbstätigkeit erklärbar (Kohl et al., 2019). Bei den Wohneigentümern ging die Belastung sogar zurück, weil eben die Zinsentwicklung die Preisentwicklung überkompensiert. Auch das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung stellte bereits fest, dass die Belastung aus Zins und Tilgung am monatlichen Einkommen in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen ist: von 27 Prozent in der Periode 2004-2007 auf 23 Prozent zwischen 2012-2017 (BBSR, 2019). Dieser Trend gilt nicht nur im bundesdeutschen Durchschnitt, sondern auch für die Großstädte (Abbildung). Dargestellt ist der Median der Wohnkostenbelastung für Mieter und Eigentümer. Bei Mietern wird die Bruttokaltmiete genutzt, bei Eigentümern sind nur diejenigen Haushalte berücksichtigt, die zusätzlich zu den sonstigen Nebenkosten überhaupt noch Belastungen aus Zins und Tilgung tragen.

Seit Mitte der 2000er Jahre ist die Wohnkostenbelastung der Eigentümer rückläufig und lag im Jahr 2018 zuletzt bei 21 Prozent, Mieter mussten im Mittel 26 Prozent ihres Einkommens aufbringen. Nichtsdestotrotz stagniert die Wohneigentumsbildung (Sagner/Voigtländer, 2019b). Ursächlich hierfür sind vor allem die Kapitalerfordernisse, die sich aus dem Eigenkapital und den Erwerbsnebenkosten zusammensetzen. Rund 20 bis 30 Prozent des Kaufpreises muss man hierfür angespart haben – zu viel für die meisten Haushalte.

Nun droht aber eine weitere Hürde für potenzielle Erwerber. Nach einem aktuellen Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz soll die Aufteilung von Wohnungen nur noch nach Genehmigung möglich sein. Üblicherweise können Eigentümer von Mehrfamilienhäusern Wohnungen einzeln an Kapitalanleger oder Selbstnutzer verkaufen. Teilweise kaufen dann auch die bisherigen Mieter die Wohnung, die sie bislang gemietet haben. Künftig sollen nach den Vorstellungen des Justizministeriums alle Aufteilungen in angespannten Mietwohnungsmärkten unter Genehmigungspflicht gestellt werden, so wie dies bereits in so genannten Milieuschutzgebieten (Soziale Erhaltungsgebiete) gilt. Die Liste der Fälle, in denen eine Genehmigung erteilt werden soll, deutet bereits darauf hin, dass Genehmigungen nur selten gewährt werden. So muss die Genehmigung zum Beispiel erteilt werden, wenn zwei Drittel der Mieter ihre Wohnung kaufen möchten, was eher selten der Fall ist, oder aber wenn die Immobilie vererbt wurde und das Teileigentum zugunsten der Erben geschaffen wird. Außerdem heißt es wörtlich: „Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht zumutbar ist.“ Damit werden die hohen Hürden, die bereits in Milieuschutzgebieten beobachtbar sind, deutlich. Gelten soll die Regelung in allen Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten in denen schon heute die Mietpreisbremse gilt. Die Mietpreisbremse gilt in mehr als 300 Gemeinden (Kholodilin et al., 2018).

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Gerade in Großstädten wie Berlin, in denen es nur wenige Einfamilienhäuser gibt, werden damit die Chancen auf Partizipation am Eigentumsmarkt deutlich eingeschränkt. Schließlich sind die meisten Erwerber eher in der Lage, eine Etagenwohnung im Bestand zu erwerben als etwa eines der wenigen Reihenhäuser oder Neubauten. Hinzu kommt, dass bei der Umsetzung des Gesetzes die Preise für bereits geteilte Wohnungen deutlich nach oben gehen könnten. Nutznießer wären dann Wohnungsunternehmen, da beim Kauf von Mehrfamilienhäusern die Konkurrenz kleiner würde. Insgesamt wird damit die Chance für Menschen, an der Vermögensentwicklung im Wohnungsmarkt teilzuhaben und damit u. a. auch die Altersvorsorge zu stärken, deutlich eingeschränkt. Begründet wird die Maßnahme damit, dass so die Verdrängung einkommensarmer Haushalte vermieden werden soll. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass schon heute im Fall von Umwandlungen in angespannten Märkten die Kündigungsschutzdauer, auch für Eigenbedarf, bei 10 Jahren liegt. Durch Umwandlungen wird somit die Verdrängungsgefahr nicht erhöht, sondern im Gegenteil, es gelten sogar noch strengere Kündigunsgsregeln. Hinzu kommt, dass Probleme durch Umwandlungen nur eine kleine Rolle in der Praxis spielen. Der Deutsche Mieterbund weist regelmäßig aus, zu welchen Themen seine Mitglieder beraten werden. Nur 0,7 Prozent aller Beratungen sind dem Themenfeld Umwandlungen/Eigentümerwechsel zuzuordnen, in absoluten Zahlen dürften dies etwas mehr als 7.000 Beratungsfälle sein (Deutscher Mieterbund, 2019). Die Zahl ist damit seit 2016 gestiegen, das Niveau der Fälle aber sehr gering.

Nichtsdestotrotz ist das Thema möglicher Verdrängungen relevant, auch wenn eine Durchmischung bedeuten kann, dass einkommensstärkere Haushalte in ein Viertel ziehen. Statt aber Chancen zu beschneiden, könnte eher der Schutz vor Verdrängung mit den Möglichkeiten der Eigentumsbildung verknüpft werden. So könnten Städte etwa Mietern, bei denen Umwandlungen anstehen, Nachrangdarlehen als Eigenkapitalersatz gewähren, damit sie selbst die Wohnung, als Mieter oftmals besonders günstig, kaufen können. Schließlich können Haushalte, die Eigentümer sind, nicht mehr verdrängt werden – und wenn sie doch wegziehen, erhalten sie zumindest einen entsprechenden Verkaufserlös. Zudem wäre auch für die Städte das finanzielle Risiko geringer, als wenn sie selbst die Wohnungen per Vorkaufsrecht erwerben würden und anschließend bewirtschaften müssten. Dies gilt gerade dann, wenn die Mieten künftig nicht mehr angehoben werden sollen. Den Eigentumserwerb von einkommensschwachen Haushalten auf lokaler oder regionaler Ebene zu unterstützen, ist im Ausland weit verbreitet. Beispiele finden sich in Australien (Northern Territory Government, 2020) oder in den USA (US Government, 2020). Auch in Deutschland werden u. a. in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen Nachrangdarlehen an Haushalte im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung gewährt.

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