Derzeit prüft die EU-Kommission den Antrag der Ukraine auf eine EU-Mitgliedschaft. Ein Schnellverfahren für eine Aufnahme der Ukraine in die EU ist im Gespräch, aber eher unwahrscheinlich.
Die Ukraine als EU-Beitrittskandidat?: Ein Vergleich wirtschaftlicher Indikatoren der Ukraine mit den letzten drei EU-Beitrittsländern
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Derzeit prüft die EU-Kommission den Antrag der Ukraine auf eine EU-Mitgliedschaft. Ein Schnellverfahren für eine Aufnahme der Ukraine in die EU ist im Gespräch, aber eher unwahrscheinlich.
Die letzten EU-Erweiterungen um Bulgarien und Rumänien in 2007 und Kroatien in 2013 wurden zum Teil kritisch beurteilt und endeten in einem nach wie vor anhaltenden Kontrollverfahren für Rumänien und Bulgarien. Unabhängig von den derzeitigen politischen Motiven für eine Aufnahme der Ukraine in die EU soll der Antrag der Ukraine zum Beitritt zur EU als Anlass genommen werden, die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine näher zu betrachten. Daher wird in einem deskriptiven Vergleich anhand ausgewählter Indikatoren die wirtschaftliche Entwicklung der Ukraine mit den Entwicklungen der letzten drei EU-Beitrittsländer gegenübergestellt, um daraus Schlüsse für eine Beitrittsperspektive der Ukraine zu ziehen.
Der Vergleich zeigt, dass die Ukraine wirtschaftliche Schwächen insbesondere bei der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts aufweist und sich die Lücke zu den letzten drei Beitrittsländern am aktuellen Rand vergrößert. Positiv auffällig ist die Entwicklung des IT-Sektors des Landes sowie der hohe Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und der überdurchschnittliche Bildungsstand der 30 bis 34-Jährigen. In den Bereichen Arbeitslosigkeit, Bruttowertschöpfung der Industrie und Außenhandel war die Ukraine Anfang der 2000er im Vergleich zu den letzten drei EU-Beitrittsländern gleich auf oder sogar bessergestellt. Nach der Annexion der Krim und der Ausrufung der „Volksrepubliken“ in der Ostukraine im Jahr 2014 verschlechterten sich jedoch viele Indikatoren ab 2015 maßgeblich. Aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird die Ukraine in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung erneut zurückgeworfen. Eine weitere Ursache für die bisher weniger positive Entwicklung der Ukraine im Vergleich zu den anderen süd- und osteuropäischen Vergleichsländern ist das Problem der Korruption. Im Korruptionsranking liegt die Ukraine aktuell auf Platz 122 von 180 und somit im Vergleich zu anderen europäischen Ländern weit hinten. Für eine erfolgreich Aufnahme in die EU führt somit kein Weg für die Ukraine daran vorbei, großflächig die Korruption zu bekämpfen.
Die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten vertreten sehr unterschiedliche Meinungen zu einer EU-Erweiterung und zu einer schnellen Aufnahme der Ukraine in die EU. Die strikten Beitrittskriterien stellen nicht nur die übrigen Anwärter auf eine EU-Mitgliedschaft (wie z.B. Albanien und Montenegro), sondern, wie im Fall von Bulgarien und Rumänien, auch bereits bestehende EU-Staaten vor eine Herausforderung. Eine starke wirtschaftliche und politische Kooperation auf allen Ebenen zwischen der EU und der Ukraine könnte daher aktuell gewinnbringender sein als eine sofortige Aufnahme der Ukraine in die EU.
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Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
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