In der aktuellen Debatte um die deutsche Schuldenbremse mehren sich die Stimmen, die eine Reform der Fiskalregeln empfehlen. Neben dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz spricht sich auch der Sachverständigenrat für Lockerungen aus.
Schuldenbremse 2.0: Konzepte für tragfähige Fiskalregeln
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
In der aktuellen Debatte um die deutsche Schuldenbremse mehren sich die Stimmen, die eine Reform der Fiskalregeln empfehlen. Neben dem Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz spricht sich auch der Sachverständigenrat für Lockerungen aus.
Die Restriktionen der geltenden Regeln für die Fiskalpolitik sind offenkundig. Ein Einhalten der maximalen Nettokreditaufnahme von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Bund würde die Schuldenstandsquote kontinuierlich senken. Den Ländern ist eine strukturelle Nettokreditaufnahme verboten. Dies erschwert sowohl öffentliche Investitionen in die Transformation als auch nachhaltige Steuerreformen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Hinzu kommen technische Unzulänglichkeiten der aktuellen Regelung insbesondere mit Blick auf einen fehlenden Anpassungspfad von einer Notlage zurück in die Normalität sowie nicht zielführende Tilgungsverpflichtungen.
Vor diesem Hintergrund werden in diesem Beitrag drei Reformvarianten und ihre Folgen für die Politik dargestellt. Zunächst wird eine Nettoinvestitionsregel vorgestellt, die den Spielraum für Zukunftsausgaben deutlich erweitern würde. Als zweites Modell haben wir eine „atmende“ Schuldenregel konzipiert, die schneller und stärker auf gesamtwirtschaftliche Schwankungen reagiert und dabei auch die Zinsausgaben als laufende Haushaltsbelastung berücksichtigt. Als dritte Variante wird eine Ausgabenregel diskutiert, die nachfinanzierte Steuerreformen ermöglicht. Während die Ausgaben in Höhe des nominalen Bruttoinlandsprodukts steigen dürfen, werden Mindereinnahmen infolge von Steuersenkungen auf einem Ausgleichskonto verbucht.
Die Auseinandersetzung mit alternativen Schuldenregeln verdeutlicht, dass die Wahl von normativen Überlegungen abhängt. Aus diesem Grund weist jede Fiskalregeln auch Schwächen auf und kann zu verzerrten politischen Entscheidungen führen. Überhaupt basiert die Diskussion über eine Schuldenregel auf der Erkenntnis, dass die First-Best-Lösung, nämlich ein verantwortungsvoller Umgang der Politik mit den öffentlichen Finanzen unabhängig von einer Budgetrestriktion, in der Realität eine Wunschvorstellung ist. Jenseits der Frage der passenden Ausgestaltung der Second-Best-Lösung, das heißt einer konkreten Fiskalregel, gilt es festzuhalten, dass der deutsche Staat im internationalen Vergleich zumindest nicht übermäßig hoch verschuldet ist, auch wenn die Schuldenstandsquote oberhalb der Maastricht-Grenze von 60 Prozent liegt. Eine moderat höhere Staatsverschuldung würde daher die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen in Deutschland nicht gefährden, wenngleich der Haushaltsgrundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit von allen Gebietskörperschaften befolgt werden sollte. Haushaltskonsolidierung und eine Flexibilisierung der Schuldenbremse stehen in keinem Widerspruch zueinander.
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