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Martin Beznoska / Tobias Hentze IW-Kurzbericht Nr. 13 16. Februar 2018 Große Koalition: Der Koalitionsvertrag führt zu neuen Schulden

Union und SPD haben sich auf zahlreiche Ausgabenprojekte verständigt. Das Finanztableau im Koalitionsvertrag für die Jahre 2018 bis 2021 entspricht zwar dem von der Regierung geschätzten Handlungsspielraum. Dabei verschweigen die Koalitionäre jedoch, dass die vereinbarte Ausgabendynamik spätestens 2022 eine Neuverschuldung des Bundes von ungefähr 11 Milliarden Euro erforderlich machen würde.

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Der Koalitionsvertrag führt zu neuen Schulden
Martin Beznoska / Tobias Hentze IW-Kurzbericht Nr. 13 16. Februar 2018

Große Koalition: Der Koalitionsvertrag führt zu neuen Schulden

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Union und SPD haben sich auf zahlreiche Ausgabenprojekte verständigt. Das Finanztableau im Koalitionsvertrag für die Jahre 2018 bis 2021 entspricht zwar dem von der Regierung geschätzten Handlungsspielraum. Dabei verschweigen die Koalitionäre jedoch, dass die vereinbarte Ausgabendynamik spätestens 2022 eine Neuverschuldung des Bundes von ungefähr 11 Milliarden Euro erforderlich machen würde.

Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht in vielen Bereichen zusätzliche Ausgaben vor. Konkret listen die möglichen Koalitionäre Ausgabenposten und Entlastungsvorhaben in Höhe von 46 Milliarden Euro für die Jahre 2018 bis 2021 auf (CDU/CSU und SPD, 2018). Gleichzeitig wollen sie neue Schulden vermeiden und betonen das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushalts. Die Summe von 46 Milliarden Euro entspricht den von der Regierung geschätzten Haushaltsüberschüssen und Rücklagen der Jahre 2018 bis 2021. Aus diesem Grund klassifizieren die Koalitionäre den Betrag als Spielraum für zusätzliche Ausgaben und Entlastungen.

Viele Ausgabenposten

Allerdings enthält der Koalitionsvertrag viele weitere Ausgabenposten, die nicht in das Finanztableau Eingang finden. Dazu zählen unter anderem höhere Mittel für die Europäische Union, die Einstellung zusätzlicher Pflegekräfte, eine steuerliche Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen, der Ausbau der Mütterrente und das Festschreiben des Rentenniveaus. Zwar belasten diese Ausgabenpläne nicht ausschließlich den Bundeshaushalt, zweifelsfrei wird sich der Bund jedoch an der Finanzierung beteiligen müssen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund unterteilen die Koalitionäre ihre Ausgabenpläne in „prioritäre“ und andere Projekte, wobei letztere unter einem Finanzierungsvorbehalt stehen.

Doch allein die im Finanztableau konkret aufgelisteten „prioritären“ Projekte weisen mittelfristig den Weg in die Neuverschuldung. Ausgehend von der Finanzplanung des Bundes ist die Finanzierung für die Jahre 2018 bis 2021 zwar gedeckt, sofern die Prognose der Steuerschätzer und die Ausgabenplanung des Bundes zutreffen (BMF, 2017; Deutscher Bundestag, 2017). Allerdings gehen die möglichen Koalitionäre nicht auf die Jahre nach der aktuellen Legislaturperiode ein.

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Die Verteilung der Ausgaben in Höhe von 46 Milliarden Euro verteilt sich nicht gleichmäßig auf die vier Jahre 2018 bis 2021. Vielmehr entfällt das Gros der zusätzlichen Ausgaben auf die Jahre 2020 und vor allem 2021 (Abbildung). Dies gilt vor allem für den Abbau des Solidaritätszuschlags, die Erhöhung des Kindergeldes, den Kita-Ausbau, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus, den Hochschulpakt und die Verkehrsinvestitionen. Die anderen Ausgabenposten wurden annahmegemäß gleichmäßig auf die vier Jahre verteilt. Das bedeutet, dass das Ausgabenniveau zum Ende der Legislaturperiode deutlich stärker ansteigt als zu Beginn. Aufgrund der Erfahrung aus der Vergangenheit ist es unwahrscheinlich, dass größere Teile der zusätzlichen Ausgaben zum Ende der Legislaturperiode auslaufen werden. Das würde bedeuten, dass die prognostizierten Einnahmen für das Jahr 2022 nicht ausreichen werden, um die Ausgaben zu decken. Bei Fortschreibung der Ausgaben des Jahres 2021 ergibt sich ausgehend von den Prognosen für 2022 eine Deckungslücke in Höhe von rund 11 Milliarden Euro, die sich in den nachfolgenden Jahren fortsetzen würde. Neue Schulden wären dann die Folge, sofern nicht Steuern erhöht oder Ausgaben gesenkt werden.

Drohende Neuverschuldung

Die künftige Regierung kann hoffen, dass die Einnahmen sich noch besser entwickeln als bisher vorausgesagt und sich der Spielraum erhöht (Beznoska/Hentze, 2017). Doch auch wenn es so kommen sollte, blieben noch die zusätzlichen Ausgabenwünsche im Koalitionsvertrag, die nicht konkret ausgewiesen und daher nicht einkalkuliert sind. Hinzu kommen absehbare Mindereinnahmen, da der Solidaritätszuschlag auf Sicht komplett abgeschafft (Beznoska/Hentze, 2018) und die kalte Progression vollständig ausgeglichen werden soll. Eine Umsetzung des Koalitionsvertrags von Union und SPD würde daher mittelfristig zu neuen Schulden führen, sofern die künftige Regierung nicht das Sparen für sich entdecken sollte. Union und SPD gefährden damit solide Staatsfinanzen.

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