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Jürgen Matthes IW-Kurzbericht Nr. 98 14. Oktober 2020 Deutsch-amerikanische Handelsbeziehungen unter Donald Trump

Trotz der vom US-Präsidenten Donald Trump verhängten Zölle auf Produkte aus der Europäischen Union (EU) zeigt der Warenhandel zwischen Deutschland und den USA im Zeitraum 2016 bis 2019 in der Gesamtschau kaum Auffälligkeiten. Doch deutsche Unternehmen haben vor allem 2018 und 2019 mehr in den USA investiert. Dies könnte auch auf den US-Protektionismus und die ständig geschürte Unsicherheit zurückzuführen sein, was aber noch zu prüfen ist.

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Deutsch-amerikanische Handelsbeziehungen unter Donald Trump
Jürgen Matthes IW-Kurzbericht Nr. 98 14. Oktober 2020

Deutsch-amerikanische Handelsbeziehungen unter Donald Trump

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Trotz der vom US-Präsidenten Donald Trump verhängten Zölle auf Produkte aus der Europäischen Union (EU) zeigt der Warenhandel zwischen Deutschland und den USA im Zeitraum 2016 bis 2019 in der Gesamtschau kaum Auffälligkeiten. Doch deutsche Unternehmen haben vor allem 2018 und 2019 mehr in den USA investiert. Dies könnte auch auf den US-Protektionismus und die ständig geschürte Unsicherheit zurückzuführen sein, was aber noch zu prüfen ist.

Ab Anfang 2018 begann Donald Trump, rigoros Handelsbarrieren zum Schutz der heimischen Industrie zu verhängen. Vor allem gegenüber China eskalierte der Handelskonflikt bis weit in das Jahr 2019. Doch auch gegenüber der EU und vor allem gegenüber Deutschland kritisierte er das Handelsbilanzdefizit der USA. Es stellt sich die Frage, wie stark europäische und deutsche Warenexporte in die USA tatsächlich von neuen Zöllen betroffen sind und wie sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und den USA in der Ära Trump entwickelt haben. Die US-Administration erhob verschiedene Zölle gegenüber europäischen Waren oder droht damit.

Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte: Im März 2018 verhängte der US-Präsident Zusatzzölle auf die Einfuhr von Stahl- (25 Prozent) und Aluminiumprodukten (10 Prozent) gegenüber vielen Ländern wegen einer vermeintlichen Gefährdung der nationalen Sicherheit, obwohl viele der betroffenen Handelspartner NATO-Verbündete sind. Damit nutzt die US-Administration eine Lücke im multilateralen Regelwerk, weil die Berufung auf die nationale Sicherheit weite Ermessensspielräume eröffnet, auf deren Nutzung die Handelspartner bislang im stillschweigenden Einvernehmen weitgehend verzichtet hatten. Gegenüber der EU traten diese Zölle Anfang Juni 2018 in Kraft. Davon betroffen sind mit Waren im Wert von 6,4 Milliarden Euro allerdings nur rund 1,7 Prozent der gesamten EU-Warenexporte von 384 Milliarden Euro in die USA im Jahr 2019. Aus deutscher Sicht waren rund 3 Prozent der gesamten deutschen Ausfuhren in die USA davon tangiert, was rund 0,25 Prozent der gesamten deutschen Warenexporte bedeutet. Die EU hat darauf mit Vergeltungsmaßnahmen ebenfalls in Höhe von 6,4 Milliarden Euro reagiert, davon aber im Juni 2018 nur rund 2,8 Milliarden Euro in Kraft gesetzt. Die zweite Tranche von 3,6 Milliarden Euro soll spätestens nach drei Jahren im März 2021 in Kraft treten.

Strafzölle als Kompensationsmaßnahme für illegale Flugzeug-Subventionen (Airbus/Boeing): Zwischen der EU und den USA bestand schon lange vor der Trump-Präsidentschaft ein Handelskonflikt um Subventionen im Flugzeugbau für Airbus und Boeing. Gegenseitige Klagen waren vor der World Trade Organization (WTO) erfolgreich. Das Verfahren der USA gegen Airbus-Subventionen war etwas früher beendet und die WTO ermächtigte die USA Anfang Oktober 2019, EU-Waren in Wert von bis zu 7,5 Milliarden US-Dollar mit Zöllen von bis zu 100 Prozent zu belegen. Doch die Trump-Administration nutzte diese Möglichkeit bislang nur partiell, indem sie ab Mitte Oktober 2019 Zusatzzölle von 10 Prozent (später von 15 Prozent) auf Verkehrsflugzeuge und von 25 Prozent auf zahlreiche Produkte und Lebensmittel erhoben, von denen einige auch aus Deutschland kommen. Ein Grund für die relative Zurückhaltung dürfte auch darin liegen, dass die EU bald von der WTO ermächtigt werden wird, ihrerseits Vergeltungsmaßnahmen für illegale Subventionen an Boeing zu erheben. Die Hoffnung bleibt, dass es nach der Autorisierung durch die WTO doch noch zu einer Einigung und dem Abbau der Strafzölle kommen könnte.

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Drohung mit Strafzöllen auf Automobilimporte: Donald Trump hat immer wieder damit gedroht, Zölle oder andere Handelsbarrieren auf US-Automobilimporte zu erheben. Vor allem der deutsche Exportüberschuss in diesem Bereich ist ihm ein Dorn im Auge. Zudem kritisiert er, dass die EU auf PKW einen Zoll von 10 Prozent erhebt, die USA aber nur einen von 2,5 Prozent. Dabei beachtet er aber nicht, dass die US-Autobauer den EU-Markt schon seit Langem vor allem durch die Produktion vor Ort bedienen und kaum durch Exporte. Auch deutsche Autobauer produzieren zunehmend in den USA und nutzen die USA sogar als Exportbasis. Trotzdem hat die US-Administration eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die eine vermeintliche Gefahr durch Automobilimporte für die nationale Sicherheit der USA erkennt. Auf dieser Basis könnte Trump jederzeit Zölle erheben. Zwar hat er diese Entscheidung mehrfach hinausgeschoben, aber immer wieder damit gedroht. Automobilzölle würden die deutsche Wirtschaft ungleich härter treffen als die bisherigen Zölle. Die EU hat für diesen Fall zu Recht proportionale Vergeltungsmaßnahmen angedroht.

Ein weiterer Grund dafür, dass die USA keine Autozölle erhoben haben, dürfte darin liegen, dass es der EU im Sommer 2018 gelungen ist, sich mit den USA grundsätzlich auf Verhandlungen über den Abbau von Indus­triezöllen (außer im Automobilhandel) über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsprüfungen zu einigen. Doch sind die Verhandlungen über den Zollabbau nie in Gang gekommen, weil die USA inzwischen auch den Agrarhandel einbeziehen wollen, die EU dies aber ablehnt.

Vor dem Hintergrund der geschilderten Handelskonflikte ist bemerkenswert, dass sich im Warenhandel zwischen Deutschland und den USA seit dem Amtsantritt Trumps außer bei den direkt betroffenen Produkten keine gravierenden Veränderungen ergeben haben. Zwischen 2016 und 2019 stiegen die deutschen Warenexporte in die USA moderat von rund 107 auf rund 119 Milliarden Euro und die Importe von 58 auf 71 Milliarden Euro. Der Anteil der USA auf der Importseite erhöhte sich von 6,1 auf 6,5 Prozent, auf der Exportseite blieb er bei 8,9 Prozent. Im Zuge dieser Entwicklung verringerte sich der deutsche Handelsbilanzüberschuss nur geringfügig von knapp 48,5 auf rund 47,3 Milliarden Euro. Verschiedene Gründe erklären die in der Gesamtschau vergleichsweise unauffällige Handelsentwicklung trotz der Konflikte: Die Zölle betreffen nur einen kleinen Teil der deutschen Exporte. Die Wirtschaftsentwicklung in den USA und Deutschland war zwischen 2016 und 2019 recht stabil. Und beim Wechselkurs hat sich in dieser Phase nicht viel getan.

Dabei können Wechselkursänderungen große Wirkungen haben. So kam es zwischen Mitte 2014 und Anfang 2015 zu einer starken Euro-Abwertung von knapp 1,40 auf rund 1,10 US-Dollar pro Euro, die in erster Linie eine Reaktion auf eine deutlich expansivere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) war. Die deutschen Warenexporte stiegen daraufhin im Jahr 2015 von rund 96 auf rund 114 Milliarden Euro, also um enorme 19 Prozent. Damit wurden die USA erstmals seit der Wiedervereinigung der wichtigste deutsche Exportpartner. Die Veränderungen in den vier Folgejahren sind demgegenüber nur geringfügig, auch weil Exporte (wie auch Importe) im Jahr 2016 wieder etwas geringer ausfielen. Gleichwohl konnten die USA die Spitzenposition bis 2019 halten. Aufgrund der Corona-Krise und der schnelleren wirtschaftlichen Erholung dürfte China im Jahr 2020 jedoch auf den ersten Rang vorrücken, auch die jüngste begrenzte Aufwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar dürfte mit dazu beitragen. Es bleibt aber abzuwarten, ob dies auch längerfristig gilt.

Bei den deutschen Direktinvestitionen in den USA sind dagegen größere Veränderungen zu verzeichnen. Das gilt nicht so sehr für die mittelbaren und unmittelbaren Direktinvestitionsbestände, die die Deutsche Bundesbank auf Basis von Bilanzdaten erfasst. Sie sind zwischen 2016 und 2018 (neuere Daten liegen nicht vor) von 326 auf 361 Milliarden Euro gestiegen und die Anzahl der damit verbundenen Arbeitsplätze in den USA erhöhte sich von 851.000 auf 902.000. Bei den Direktinvestitionsströmen auf Basis der Zahlungsbilanzstatistik, die auch Daten für 2019 ausweist, ist dagegen deutlich mehr Dynamik erkennbar. Betrachtet wird im Folgenden das Beteiligungskapital einschließlich reinvestierter Gewinne und Immobilienanlagen (Übrige Anlagen). Es werden damit keine Direktinvestitionskredite einbezogen, bei denen sich zwischen 2015 und 2017 zunächst deutliche Zuwächse zeigten, 2018 und 2019 jedoch eine negative Entwicklung. Die Zuflüsse an deutschem Beteiligungskapital in die USA unterliegen erheblichen Schwankungen. Jedoch zeigt sich am aktuellen Rand eine deutliche Aufwärtstendenz auf Niveaus, die nur Anfang des Jahrhunderts während des Fusionsbooms der New-Economy-Phase erreicht wurden (Abbildung).

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Es lässt sich nicht klar bestimmen, wie weit diese Entwicklung mit der Trump-Präsidentschaft zusammenhängt. Dagegen spricht, dass ein deutlicher Anstieg schon 2014 bis 2016 zu beobachten war. Allerdings zeigten sich in den Jahren 2018 und 2019 – nach der Eskalation der Handelskonflikte – besonders hohe Werte. Dahinter könnte möglicherweise die Absicht deutscher Firmen stehen, durch eine Produktion in den USA drohende Handelsbarrieren für Exporte umgehen zu wollen. Aber auch die Steuerreform Trumps könnte eine Rolle spielen. Sollte Ersteres gelten, hätte Donald Trump sein Ziel erreicht, die Produktionsbasis in den USA durch seinen Protektionismus und die immer wieder geschürte Unsicherheit zu stärken. Dies wäre besorgniserregend. Daher ist es wichtig, dieser Frage durch Motivforschung nachzugehen.

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