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Jürgen Matthes IW-Kurzbericht Nr. 44 25. Juli 2018 Brexit führt zu Investitionsschwäche im Vereinigten Königreich

Die britische Wirtschaft beginnt immer mehr unter dem Brexit zu leiden. Zwar läuft der Arbeitsmarkt weiter rund. Aber neben dem schwächelnden privaten Konsum haben die privaten Investitionen stark an Dynamik verloren. Einen regelrechten Einbruch gibt es vor allem bei den Direktinvestitionen aus dem Ausland.

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Die britische Wirtschaft beginnt immer mehr unter dem Brexit zu leiden. Zwar läuft der Arbeitsmarkt weiter rund. Aber neben dem schwächelnden privaten Konsum haben die privaten Investitionen stark an Dynamik verloren. Einen regelrechten Einbruch gibt es vor allem bei den Direktinvestitionen aus dem Ausland.

Das Konjunkturbild im Vereinigten Königreich (UK) ist trotz der kontroversen Brexit-Debatte auf den ersten Blick noch recht gut. Der Arbeitsmarkt strotzt vor Stärke. Die Arbeitslosenquote liegt bei nur gut 4 Prozent und ist damit so niedrig wie seit über 40 Jahren nicht mehr. Beschäftigung und Erwerbsquote stehen nach anhaltenden Zuwächsen ebenfalls auf oder nah an Rekordständen. Auch die konjunkturellen Stimmungsindikatoren halten sich recht passabel und rangieren deutlich über dem kurzzeitigen Tief nach dem Brexit-Referen­dum.

Allerdings hat sich das Wirtschaftswachstum seit dem Brexit-Referendum deutlich abgeschwächt. Betrug der Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Jahren 2014 und 2015 noch 3,1 Prozent und 2,3 Prozent, wuchs die Wirtschaft in 2016 und 2017 nur noch mit 1,9 Prozent und 1,8 Prozent.

Damit ist das UK beim Wachstum inzwischen hinter den Euroraum zurückgefallen. Das ist insofern bemerkenswert, weil die britische Wirtschaft seit 2012 in jedem Jahr schneller gewachsen war als die Eurostaaten im Durchschnitt – und das zumeist sehr deutlich. Gemäß aktuellen Prognosen dürfte der Euroraum auch in diesem und im nächsten Jahr die Nase deutlich vorn haben. Dagegen dürfte das reale BIP im UK im Zeitraum 2016 bis 2020 kumuliert um rund 8 Prozentpunkte langsamer wachsen, wenn man die mittelfristige Wachstumsvorhersage des britischen OBR (Office for Budget Responsibility) von März 2018 mit der Prognose vom November 2015 – also vor dem Aufkommen der Brexitdebatte – miteinander vergleicht (Matthes, 2017).

Eine wichtige Ursache für das schwächere Wachstum in 2017 ist die Pfund-Abwertung im Zug des Brexit-Referendums, die die Inflationsrate auf über 3 Prozent steigen ließ (Matthes, 2018a). Der schnellere Preisanstieg mindert die Kaufkraft und so hat sich die vormals hohe Dynamik der privaten Konsumausgaben deutlich verlangsamt. Auch wenn der wechselkursbedingte Inflationsanstieg nur vorübergehend ist, mindert er das Niveau der britischen Reallöhne dauerhaft.

Doch auch die realen privaten Investitionen (in der Abgrenzung der OECD, ohne Bauinvestitionen) haben im längerfristigen Vergleich deutlich an Schwung verloren. Während sie zwischen 2010 und 2015 noch um fast 5 Prozent im Jahresdurchschnitt stiegen, brachen sie im Jahr 2016 um 0,5 Prozent ein und erhöhten sich im Jahr 2017 nur um 2,4 Prozent. Die OECD prognostiziert für dieses und das nächste Jahr nur einen realen Zuwachs von jeweils um die 1 Prozent.

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Das Zinsniveau ist zwar weiter niedrig. Aber die politische Unsicherheit über den weiteren Brexitkurs bleibt hoch (Matthes et al., 2017; Matthes, 2018b). Der damit verbundene Mangel an Planbarkeit dürfte eine wichtige Rolle für die Schwäche der privaten Investitionen spielen. Die Spaltung der konservativen Regierungspartei in der Brexitfrage könnte letztlich sogar zu einem No-Deal-Szenario führen, das zumindest zeitweise in einem wirtschaftlichen und rechtlichen Chaos münden dürfte.

Die große Unsicherheit über die weitere Entwicklung nach dem Brexit dürfte auch dazu geführt haben, dass die Auslandsinvestitionen im UK eingebrochen sind (Abbildung). Das UK war unter den EU-Staaten traditionell der beliebteste Standort für ausländische Direktinvestoren. Das gilt auf Basis von UNCTAD-Daten für den Zeitraum 2010 bis 2016 ebenso wie für die lange Phase zwischen 2000 und 2016. Im Jahr 2017 sanken die Zuflüsse an ausländischen Direktinvestitionen hingegen auf lediglich rund 15 Milliarden US-Dollar. Gegenüber dem mehrjährigen Durchschnitt seit 2010 von über 65 Milliarden US-Dollar ist dies ein sehr deutlicher Rückgang.

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Jürgen Matthes IW-Kurzbericht Nr. 44 25. Juli 2018

Jürgen Matthes: Brexit führt zu Investitionsschwäche im UK

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