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Judith Niehues / Maximilian Stockhausen IW-Kurzbericht Nr. 53 12. August 2019 Einkommensverteilung nach sozioökonomischen Teilgruppen

Mit einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von knapp 3.440 Euro zählte ein Alleinlebender im Jahr 2016 zu den einkommensreichsten 10 Prozent Deutschlands. Aufgrund von Einspareffekten im gemeinsamen Haushalt liegt die entsprechende Grenze bei einem Paarhaushalt ohne Kinder bei einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von rund 5.160 Euro – diesen Haushaltstyp findet man zugleich recht häufig im oberen Einkommensbereich. Dies gilt auch für Personen mit Hochschulabschluss, Wohneigentümer und Vollzeitbeschäftige.

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Einkommensverteilung nach sozioökonomischen Teilgruppen
Judith Niehues / Maximilian Stockhausen IW-Kurzbericht Nr. 53 12. August 2019

Einkommensverteilung nach sozioökonomischen Teilgruppen

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mit einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von knapp 3.440 Euro zählte ein Alleinlebender im Jahr 2016 zu den einkommensreichsten 10 Prozent Deutschlands. Aufgrund von Einspareffekten im gemeinsamen Haushalt liegt die entsprechende Grenze bei einem Paarhaushalt ohne Kinder bei einem monatlichen Haushaltsnettoeinkommen von rund 5.160 Euro – diesen Haushaltstyp findet man zugleich recht häufig im oberen Einkommensbereich. Dies gilt auch für Personen mit Hochschulabschluss, Wohneigentümer und Vollzeitbeschäftige.

Wenn es um die subjektive Einordnung in die Gesellschaft geht, sortieren sich die meisten Bürger in die Mittelschicht oder auch obere Mittelschicht ein. Nur wenige zählen sich selbst zur sozialen Oberschicht. Ähnlich sieht es bei einer Einsortierung in Einkommenszehntel aus. Praktisch niemand fühlt sich dem neunten oder zehnten Dezil – also den einkommensreichsten 20 Prozent der Gesellschaft – zugehörig (Engelhardt/Wagener, 2018). Von denjenigen, die tatsächlich einkommensmäßig in die oberen Bereiche gehörten, unterschätzten gemäß der Online-Befragung von Engelhardt und Wagener alle ihre Einkommensposition. Aber ab welchem Einkommen gehört man zu den reichsten 10 Prozent Deutschlands?

Dies lässt sich anhand der repräsentativen Haushaltsbefragungsdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) ermitteln, die aktuell bis zum Jahr 2017 vorliegen. Die verfügbaren Einkommensdaten beziehen sich dabei auf das Jahr 2016, da jährliche Einkommen retro­spektiv, das heißt für das jeweilige Vorjahr der Befragung, erhoben werden. Nur so ist eine detaillierte Erfassung auch unregelmäßiger Einkommenskomponenten möglich.

Im Jahr 2016 gehörte ein Alleinlebender mit einem monatlichen Nettoeinkommen von knapp 3.440 Euro zu den einkommensreichsten 10 Prozent. Ein Abgleich mit amtlichen Steuerdaten zeigt, dass die Haushaltsbefragungsdaten die Grenze zu den oberen 10 Prozent gut abbilden können. Die Grenze zum obersten Prozent wird jedoch tendenziell unterschätzt, da sehr hohe Einkommen untererfasst werden.

Um die Wohlstandsposition eines Bürgers in der Verteilung zu bestimmen, wird in aller Regel auf Einkommen nach Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen und inklusive Renten und sozialer Transfers wie beispielsweise dem Kindergeld zurückgegriffen. Bei selbstnutzenden Eigentümern wird zusätzlich der monatliche Nettomietvorteil als Einkommensbestandteil berücksichtigt. Um den Bedarfen unterschiedlicher Haushaltstypen Rechnung zu tragen, werden die Einkommen gemäß der modifizierten OECD-Äquivalenzskala bedarfsgewichtet. Demnach muss ein Paar ohne Kinder zum Beispiel nur das 1,5-Fache des Einkommens eines Singlehaushalts zur Verfügung haben, um einen vergleichbaren Lebensstandard zu erreichen. Bei einer Familie mit einem Kind unter 14 Jahre liegt der Grenzwert um das 1,8-Fache höher, bei zwei Kindern unter 14 Jahren um das 2,1-Fache usw.

Ein Paar ohne Kinder – hierzu gehören auch Paarhaushalte, aus denen die Kinder bereits ausgezogen sind – zählte somit im Jahr 2016 bereits mit einem gemeinsamen Haushaltsnettoeinkommen von knapp 5.160 Euro zu den reichsten 10 Prozent Deutschlands. Umgerechnet auf den Bedarf eines Alleinlebenden teilte ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.869 Euro die Bevölkerung genau in zwei Hälften – 50 Prozent der Bundesbürger hatten ein höheres Einkommen, 50 Prozent ein niedrigeres Einkommen (sogenanntes Medianeinkommen). Werden einzelne sozioökonomische Teilgruppen der Gesellschaft betrachtet, können die teilgruppenspezifischen Medianeinkommen deutlich anders aussehen. Möchten sich beispielsweise Akademiker mit der Einkommenssituation anderer Akademiker vergleichen, müssen sie als Alleinlebende bereits ein Einkommen von 2.541 Euro zur Verfügung haben, damit sie genau in der Mitte der Gruppe der Hochschulabsolventen landen (Grafik). Mit Blick auf die Gesamtbevölkerung lagen im Jahr 2016 mit diesem Einkommen beinahe drei Viertel (74 Prozent) der Bundesbürger unterhalb dieses Einkommens.

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Um zu ermitteln, wie viel Prozent der Bevölkerung oder welcher Anteil einer sozioökonomischen Teilgruppe unterhalb eines bestimmten Einkommensschwellenwerts liegen, wird die Bevölkerung zunächst der Einkommenshöhe nach in 100 gleich große Einkommensgruppen sortiert – sogenannte Perzentile. Wenn man beispielsweise zur ärmeren Hälfte des reichsten Perzentils zählt, dann sind weniger als 99,5 Prozent der Bevölkerung ärmer als man selbst, etwas mehr als 0.5 Prozent reicher. Das Medianeinkommen eines Perzentils ist somit entscheidend für die Zuordnung: Bei Zugehörigkeit zur ärmeren Hälfte eines Perzentils wird abgerundet (99 Prozent sind ärmer), bei Zugehörigkeit zur reicheren Hälfte wird aufgerundet (1 Prozent ist reicher). Mittels der Medianeinkommen aller 100 Perzentile lässt sich so für jede Einkommensbandbreite ermitteln, wie viel Prozent der Bevölkerung reicher und wie viel Prozent der Bevölkerung ärmer sind.

Um die verschiedenen Häufigkeitsverteilungen auch grafisch zu illustrieren, werden sowohl die Gesamtbevölkerung als auch die jeweiligen Teilgruppen zunächst in 400-Euro-Intervalle aufgeteilt. Ab 6.000 Euro wird die Länge der Grafik durch breitere Einkommensintervalle begrenzt (6.000 bis 7.000 Euro, 7.000 Euro und mehr). Ähnlich wie bei der Schätzung einer Kerndichtefunktion wird dann die diskrete Verteilung der Einkommen mittels einer Kurve geglättet und in eine gleichmäßige, stetige Verteilung transformiert. Während sich die Anteile der Bevölkerung in den 400-Euro-Einkommensbandbreiten einfach in Prozent ausdrücken lassen, steht bei der Dichtefunktion die Fläche unterhalb der Kurve im Vordergrund und gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der eine bestimmte Einkommenshöhe beobachtet wird.

Wie aus der Abbildung deutlich hervorgeht, bietet eine akademische Ausbildung hohe Chancen, die oberen Bereiche der Einkommensverteilung zu erreichen. Umgekehrt verhält es sich entsprechend, wenn Personen keinen Bildungs- und Berufsabschluss haben: Auch wenn Menschen ohne Abschluss in ihrer bildungsspezifischen Vergleichsgruppe eine mittlere Einkommensposition einnehmen, sortieren sie sich nur knapp oberhalb des ärmsten Viertels der Bevölkerung ein.

Bei anderen sozioökonomischen Teilgruppen zeigen sich ähnliche Unterschiede. Mit einem mittleren Einkommen in der Gruppe der Allereinziehenden (1.309 Euro), zählt man in der Gesamtbevölkerung zu dem einkommensärmsten Viertel der Bevölkerung. Mit Blick auf andere sozioökonomische Charakteristika sind die Unterschiede teilweise gering. Das Medianeinkommen innerhalb der Gruppe der Frauen liegt beispielsweise mit 1.828 Euro etwa 90 Euro unterhalb des Medianeinkommens der Männer; die Verteilungen von Männern und Frauen sind dabei tendenziell ähnlich. Nimmt eine Frau in ihrer Peer-Group eine mittlere Position ein, sind rund 55 Prozent der Männer reicher. Bei den Einordnungen ist zu beachten, dass es sich nicht um individuelle Bruttoarbeitseinkommen handelt, sondern um bedarfsgewichtete Haushaltseinkommen – die Einflüsse einzelner sozioökonomischer Charakteristika können somit durch den Haushaltskontext abgeschwächt werden.

Das Medianeinkommen in städtischen Regionen liegt zwar 116 Euro oberhalb des Medianeinkommens ländlicher Räume. Bei dem Unterschied gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass in der Betrachtung keine regionalen Preisunterschiede berücksichtigt werden. Dies ist ebenfalls bei einem Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland zu beachten. Zählt man mit einem Einkommen über 2.839 Euro in Ostdeutschland zu den Top 10 Prozent, so gehört man in Westdeutschland nur zu den Top 20 Prozent. Deutliche Unterschiede bestehen ebenfalls zwischen Mietern und Eigentümern: Während das Medianeinkommen der Mieter bei 1.493 Euro liegt, beträgt derselbe Wert 2.252 Euro bei den Eigentümern. Ein Unterschied von 759 Euro im Monat. Wer in selbstgenutztem Eigentum lebt, hat somit eine hohe Wahrscheinlichkeit, sich eher im oberen Einkommensbereich einzusortieren.

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