Die Debatte um die Sozialversicherung wird getrieben von der Angst der Wähler, im Alter zu verarmen. Die Politik geht mit Leistungsversprechen auf Wählerfang – außer Acht gelassen werden die daraus folgenden Belastungen für jüngere Beitragszahler.
Nettoeinkommenseffekte steigender Beitragssätze zur Sozialversicherung: Eine empirisch fundierte Modellrechnung für verschiedene Haushaltskonstellationen
Kurzstudie für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die Debatte um die Sozialversicherung wird getrieben von der Angst der Wähler, im Alter zu verarmen. Die Politik geht mit Leistungsversprechen auf Wählerfang – außer Acht gelassen werden die daraus folgenden Belastungen für jüngere Beitragszahler.
Im Vorfeld der Bundestagswahl scheint die Frage der nachhaltigen Finanzierbarkeit der gesetzlichen Sozialversicherung aus dem Blick zu geraten. In der Öffentlichkeit dominieren Vorschläge für Leistungsausweitungen, zum Beispiel zugunsten eines höheren Sicherungsniveaus in der Gesetzlichen Rentenversicherung. Der Blickwinkel ist dabei stark von der Sorge vor steigenden Armutsrisiken im Alter geprägt. Auswirkungen auf die Haushalte der Beitragszahler finden dagegen kaum Beachtung, obwohl in den umlagefinanzierten Sicherungssystemen stets die Balance zwischen Leistungsanspruch und Finanzierung gefunden werden muss. Dies gilt umso mehr, als der demografische Wandel bei unveränderten Leistungsversprechen zwangsläufig zu höheren Beitragslasten führt.
Um diesen Sachverhalt wieder stärker in den Blickpunkt zu rücken und damit in der aktuellen Reformdebatte Orientierungshilfen zu geben, soll mit der vorliegenden Kurzstudie illustriert werden, welchen Einfluss steigende Beitragssätze zur gesetzlichen Sozialversicherung auf das Nettoeinkommen der privaten Haushalte haben können, sollten keine nachhaltig wirksamen Reformen eingeleitet werden. Dazu wird in Anlehnung an Arbeiten des Stabs des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ein konservatives Szenario der Gesamtbeitragssatzentwicklung bis zum Jahr 2060 unterstellt und für unterschiedliche Haushaltskonstellationen simuliert, wie sich dieser Trend unter der vereinfachenden Annahme einer unveränderten Einkommensverteilung auswirken würde.
Je nach Haushaltskonstellation (und den für diese Fälle ermittelten durchschnittlichen Einkommen) ergeben sich demnach Nettoeinkommenseinbußen von 737 bis 1.967 Euro pro Jahr, wenn der für das Jahr 2030 unterstellte Anstieg der Beitragssätze von derzeit insgesamt 39,95 Prozent auf dann 43 Prozent bereits unter heutigen Bedingungen gelten würde. Der für das Jahr 2040 unterstellte Anstieg auf bis zu 45,5 Prozent würde sogar Nettoeinkommenseinbußen von 1.328 bis 3.509 Euro per anno nach sich ziehen.
Die Simulationsergebnisse illustrieren zum einen, welche Belastungen insbesondere für die Mitglieder jüngerer Kohorten aus dem demografischen Wandel erwachsen. Zum anderen geben die Simulationsergebnisse Orientierung für die Wirtschafts- und Sozialpolitik: Zusätzliche Leistungsversprechen provozieren unmittelbar steigende Finanzierungserfordernisse, die den ohnehin stark geforderten Mitgliedern jüngerer Kohorten zusätzliche Lasten aufbürden. Das Gegenteil scheint jedoch erforderlich: Eine Politik, die den Anstieg der Ausgaben begrenzt. An dieser Erkenntnis führen auch jene Vorschläge nicht vorbei, die steigende Lasten auf mehr Schultern verteilen wollen und deshalb eine Verbreiterung der Beitragsbemessungsgrundlage vorschlagen. Denn die in Aussicht gestellten Entlastungen der Haushalte sind im besten Fall temporärer Natur. Eine einnahmeorientierte Politik wirkt aber nicht nachhaltig, weil die zugrunde liegende, demografisch bedingte Dynamik der Ausgabenentwicklung damit nicht gebremst wird.
Jochen Pimpertz / Martin Beznoska: Nettoeinkommenseffekte steigender Beitragssätze zur Sozialversicherung
Kurzstudie für die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM)
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

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