Argumente zur Orientierung in einer komplexen Reformdiskussion
Bürgerversicherung: kein Heilmittel gegen grundlegende Fehlsteuerungen
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Argumente zur Orientierung in einer komplexen Reformdiskussion
Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 wird die Bürgerversicherung mit zwei zentralen Botschaften beworben – sie führe zu einer gerechteren Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und zu einer effizienteren Steuerung des Gesundheitssystems. Insbesondere dem Gerechtigkeitsargument wird in der medialen Öffentlichkeit hohe Aufmerksamkeit gewidmet. Dass die Frage nach der Effizienz derzeit in den Hintergrund gedrängt wird, mag auch an der günstigen Einnahmenentwicklung des Gesundheitsfonds liegen (BMG, 2013a). In einer stark vereinfachenden Wahlkampf-Rhetorik droht damit aber der Blick auf die Kernfrage verloren zu gehen, ob eine Bürgerversicherung überhaupt in der Lage ist, die zentralen Steuerungsprobleme in der GKV zu lösen.
Seit gut einem Jahrzehnt wird das Modell als mögliche Alternative zum Status quo und Gegenentwurf zur Prämienfinanzierung mit steuerfinanziertem Sozialausgleich diskutiert (Rürup-Kommission, 2003). Zur aktuellen Bundestagswahl treten sowohl SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN als auch die Partei DIE LINKE für das Modell ein. Doch so eingängig der Begriff auf den ersten Blick auch erscheint, so wenig eindeutig ist er bei genauerem Hinsehen.
Auf der einen Seite geht es um die Einbindung von Personen, die bislang außerhalb des GKV-Systems abgesichert sind. Zielgruppen sind privat krankenversicherte Arbeitnehmer und Selbständige sowie beihilfeberechtigte Beamte. Zur Wahl steht entweder die schrittweise Vereinheitlichung (SPD): Dazu sollen alle neu zu versichernden Personen obligatorisch in der GKV versichert werden; dem Versichertenbestand der PKV wird ein befristetes Wechselrecht zugestanden. Oder die Integration des gesamten PKV-Bestands soll in einem Schritt erfolgen (Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE). Neben dem Argument, alle Bürger gleich zu behandeln, wird angeführt, dass mit einem einheitlichen Krankenversicherungsmarkt erst die Voraussetzung für fairen Wettbewerb in der GKV geschaffen werde.
Auf der anderen Seite geht es um die Ausweitung der einkommensabhängigen Finanzierung auf bislang beitragsfreie Entgelt- und Einkommensbestandteile. Vor allem mit Blick auf die Abgrenzung beitragspflichtiger Einkommen unterscheiden sich die Vorschläge der drei Parteien erheblich, weil unterschiedliche Abgrenzungen beitragspflichtiger Einkommensquellen sowohl mit einer An- als auch einer Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze kombiniert werden können.
Im Folgenden stehen jedoch nicht die Varianten einer Bürgerversicherung zur Diskussion, sondern es geht grundlegender um die Frage, ob die Ausweitungen des Kreises der Pflichtversicherten und der Finanzierungsbasis überhaupt dazu beitragen können, das GKV-System effizienter zu steuern und gerechter zu finanzieren.
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