Gibt es eine ausreichend sichere Stromversorgung, wenn aktuelle Überkapazitäten abgebaut worden sind und der Anteil der dargebotsabhängigen Erneuerbaren Energien im Strommarkt steigt? In Anbetracht sinkender Börsenstrompreise und Investitionszurückhaltung im konventionellen Kraftwerkssektor wurde auch in Deutschland die Notwendigkeit von Kapazitätsmechanismen intensiv diskutiert. Die Bundesregierung sieht in ihrem Weißbuch zum Strommarkt, das nun in dem Entwurf eines Strommarktgesetzes mündet, den Fortbestand des Energy-Only-Markts (EOM) vor. Er wird gestärkt durch die Garantie freier Preisbildung, bessere Anreize einer effizienten Bilanzkreisbewirtschaftung und Öffnung der Regelenergiemärkte. Dennoch ergänzt der Regulierer den EOM um eine Knappheitsreserve, die jedoch nur bei Versorgungsengpässen zum Einsatz kommen soll. Dieser Ansatz zur Stärkung marktlicher Funktionsprinzipien ist zu begrüßen. In dem vorliegenden Gutachten wird jedoch aufgezeigt, dass die Maßnahmen vermutlich nicht vollständig ausreichen, um Versorgungssicherheit am Strommarkt zu gewährleisten.
Wenn mittelfristig die Bilanzkreisverantwortlichen in der Lage sind, einerseits Abweichungen von vereinbarten Leistungen verursachergerecht zu pönalisieren und andererseits nicht mit Absicherungsoptionen ausgestattete Kunden im Knappheitsfall gezielt abzuschalten, ist die Vorhaltefunktion des Strommarktes soweit gestärkt, dass es keines darüber hinausgehenden Kapazitätsmechanismus mehr bedarf, sondern der Energy-Only-Markt die notwendigen Anreize zu Investitionen in Leistungsvorhaltung gewährleistet.
Die Kapazitätsreserve wäre unter solchen Voraussetzungen prinzipiell nicht erforderlich. Keinesfalls dürften bestehende Lücken in der Marktkonzeption dazu führen, dass die Reserve stetig vergrößert wird. Dies sollte gesetzlich festgeschrieben sein und eher sogar mit einem Szenario zum Abbau der Reserve verbunden werden.