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Holger Schäfer IW-Kurzbericht 30. Mai 2017 Arbeit auf Abruf

Als Arbeit auf Abruf werden Beschäftigungsverhältnisse bezeichnet, bei denen Arbeitnehmer zwar eine festgelegte Dauer der Arbeitszeit haben, zeitlich jedoch nach Bedarf eingesetzt werden können. Noch ist wenig über die Verbreitung von Arbeit auf Abruf bekannt. Es wäre indes voreilig, hier pauschal ein neues Segment prekärer Arbeit zu vermuten.

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Arbeit auf Abruf
Holger Schäfer IW-Kurzbericht 30. Mai 2017

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Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Als Arbeit auf Abruf werden Beschäftigungsverhältnisse bezeichnet, bei denen Arbeitnehmer zwar eine festgelegte Dauer der Arbeitszeit haben, zeitlich jedoch nach Bedarf eingesetzt werden können. Noch ist wenig über die Verbreitung von Arbeit auf Abruf bekannt. Es wäre indes voreilig, hier pauschal ein neues Segment prekärer Arbeit zu vermuten.

Die Bedingungen, denen ein Beschäftigungsverhältnis auf Abruf unterliegt, sind im Teilzeit- und Befris­tungsgesetz geregelt. Demnach muss die Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt sein. Außerdem muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Arbeitseinsatz vier Tage im Voraus mitteilen. Trotz der engen rechtlichen Rahmenbedingungen werden Forderungen nach einer noch stärkeren Regulierung der Arbeit auf Abruf laut. Der DGB (2016, 15) spricht sich sogar für eine Abschaffung aus. Begründet wird diese Haltung mit dem prekären Charakter dieser Beschäftigungsform.

Die quantitative Bedeutung von Beschäftigungsverhältnissen auf Abruf ist bislang nur wenig erforscht. Schult/Tobsch (2012) errechnen auf Basis von Pretest-Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) für das Jahr 2010 einen Anteil von 5,4 Prozent der abhängig Beschäftigten (ohne Auszubildende). Der DGB (2016) kommt für das Jahr 2014 – ebenfalls auf Basis von Befragungsdaten des SOEP – auf einen Anteil von 5 Prozent.

Eigenen Auswertungen des SOEP (Wagner et al., 2007) zufolge gaben im Jahr 2015 hochgerechnet rund 1,9 Millionen abhängig Beschäftigte an, Arbeit auf Abruf zu verrichten. Dies entsprach 5,9 Prozent der Beschäftigten insgesamt – wobei jeweils Auszubildende nicht berücksichtigt sind. Für das Vorjahr ergab sich ein Anteil von 5,3 Prozent.

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Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Befragten Arbeit auf Abruf streng im Sinne der gesetzlichen Definition verstehen. So geben rund 500.000 der Befragten mit Arbeit auf Abruf an, zusätzlich auch Bereitschaftsdienst und/oder Rufbereitschaft auszuüben. Es besteht mithin Unklarheit über die Differenzierung zwischen verschiedenen Formen des flexiblen Arbeitseinsatzes.

Es muss darüber hinaus sogar bezweifelt werden, dass die Befragten den Sinn der Frage korrekt verstehen. Denn von den 1,9 Millionen Beschäftigten mit Arbeit auf Abruf geben über 410.000 an, einen festen Beginn und ein festes Ende der täglichen Arbeitszeit zu haben. Weitere 330.000 berichten, dass sie ihre Arbeitszeit selbst festlegen und 270.000 verfügen über ein Arbeitskonto mit Gleitzeitregelung. Lediglich 840.000 der 1,9 Millionen Beschäftigten mit Arbeit auf Abruf geben konsistent an, dass sie vom Betrieb festgelegten, wechselnden Arbeitszeiten unterliegen. Dies entspricht einem Anteil von 2,6 Prozent der Beschäftigten.

Diese konsistent abgegrenzte Gruppe der Beschäftigten mit Arbeit auf Abruf besteht überproportional aus jüngeren Personen, die Beschäftigungsverhältnisse mit geringen Qualifikationsanforderungen ausüben. Einsatzschwerpunkte sind das Gastgewerbe sowie das Gesundheits- und Sozialwesen. Dementsprechend ist das Lohnniveau niedriger als bei den übrigen Beschäftigten. Vollzeitbeschäftigte auf Abruf kommen auf einen mittleren Bruttomonatslohn von 2.200 Euro, andere Beschäftigte hingegen auf 3.000 Euro. Trotzdem wäre es verfehlt, alle Beschäftigten auf Abruf als potenzielle Sozialfälle zu betrachten. So waren nur 21 Prozent der Betroffenen armutsgefährdet (Abbildung). Ungewichtet entspricht das in der SOEP-Stichprobe gerade einmal 73 Fällen – zu wenig, um auf dieser Basis gesetzliche Einschränkungen zu begründen.

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