1. Home
  2. Studien
  3. Tarifpolitischer Bericht 1. Halbjahr 2022: Droht die Lohn-Preis-Spirale?
Hagen Lesch IW-Report Nr. 38 5. Juli 2022 Tarifpolitischer Bericht 1. Halbjahr 2022: Droht die Lohn-Preis-Spirale?

Die Inflationsdynamik hat sich bislang noch nicht auf die gesamtwirtschaftliche Tariflohndynamik übertragen. Es gab zwar einzelne Abschlüsse, die überdurchschnittlich hoch ausfielen – etwa der Abschluss in der Eisen- und Stahlindustrie, der neben einem einmaligen „Energiebonus“ von 500 Euro eine Anhebung der Löhne und Gehälter um 6,5 Prozent bei einer Laufzeit von 18 Monaten vorsah.

PDF herunterladen
Droht die Lohn-Preis-Spirale?
Hagen Lesch IW-Report Nr. 38 5. Juli 2022

Tarifpolitischer Bericht 1. Halbjahr 2022: Droht die Lohn-Preis-Spirale?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Inflationsdynamik hat sich bislang noch nicht auf die gesamtwirtschaftliche Tariflohndynamik übertragen. Es gab zwar einzelne Abschlüsse, die überdurchschnittlich hoch ausfielen – etwa der Abschluss in der Eisen- und Stahlindustrie, der neben einem einmaligen „Energiebonus“ von 500 Euro eine Anhebung der Löhne und Gehälter um 6,5 Prozent bei einer Laufzeit von 18 Monaten vorsah.

Zudem wirft die von der Bundesregierung beschlossene Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns ihren Schatten voraus. Um eine Verdrängung von Tariflöhnen zu verhindern, pochten die Gewerkschaften in Branchen wie der Gastronomie oder der Gebäudereinigung auf deutliche Lohnsteigerungen. Einer expansiveren Lohnpolitik im ersten Halbjahr 2022 standen aber moderate Stufenanpassungen aus der Tarifrunde des letzten Jahres gegenüber. Dadurch blieb die am Tariflohnindex des Statistischen Bundesamtes gemessene Tariflohndynamik moderat. Sie blieb auch deutlich hinter der Inflationsdynamik zurück.

Vor allem im privaten und im öffentlichen Bankgewerbe verliefen die jüngsten Tarifrunden recht konfliktreich. Zählt man die im Laufe der jeweils mehr als neun Monate andauernden Verhandlungen ergriffenen Eskalationsstufen wie Verhandlungsabbrüche, Streikdrohungen oder Warnstreiks zusammen, ergibt sich eine Konfliktintensität von 29 Punkten im öffentlichen und von 28 Punkten im privaten Bankgewerbe. Auf den Plätzen drei und vier folgen die Eisen- und Stahlindustrie mit 16 und der Sozial- und Erziehungsdienst des Öffentlichen Dienstes mit 15 Punkten. Konfliktfrei ging es in den vorgezogenen Tarifverhandlungen für das Gebäudereiniger-Handwerk zu und in den Verhandlungen über einen als „Zwischenergebnis“ bezeichneten Kurzläufer mit einer Laufzeit von sieben Monaten in der Chemischen Industrie. Im Durchschnitt aller verhandelnden Branchen lässt sich nicht feststellen, dass die Inflation die Tarifverhandlungen belastete. Die Konfliktintensität lag im Durchschnitt der 15 analysierten Tarifkonflikte bei 5,7 Punkten. Das sind nur halb so viele Punkte wie im Vorjahr (11,5 Punkte).

Im zweiten Halbjahr 2022 stehen unter anderem Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektro-Industrie, in der Chemischen und pharmazeutischen Industrie und im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen an. Da allein in diesen drei Tarifbereichen für mehr als sieben Millionen Arbeitnehmer neue Tarifverträge verhandelt werden, kommt den zuständigen Tarifpartnern eine große Verantwortung zu. Sie stellen die Weiche in Richtung Lohn-Preis-Spirale oder Preisstabilität. Aus stabilitätspolitischer Sicht sollten sich die Tariflohnsteigerungen nicht an der aktuellen Inflationsrate orientieren, sondern an der Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank. Andernfalls droht sich die Inflation auch von der Lohnseite her zu verfestigen.

PDF herunterladen
Droht die Lohn-Preis-Spirale?
Hagen Lesch IW-Report Nr. 38 5. Juli 2022

Tarifpolitischer Bericht 1. Halbjahr 2022: Droht die Lohn-Preis-Spirale?

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
„Attraktive Löhne sind wichtig, ebenso aber flexible Arbeitszeiten und Aufstiegschancen“
Hagen Lesch im rbb Inforadio rbb 28. Januar 2025

Tarifverhandlungen: „Attraktive Löhne sind wichtig, ebenso aber flexible Arbeitszeiten und Aufstiegschancen“

Am Montag blieben viele Bahnen und Busse in Berlin stehen. Verdi verlangt 750 Euro mehr Lohn pro Monat für die 16.000 BVG-Beschäftigten – unter anderem wegen Inflation und Fachkräftemangel. „Nach Jahren mit sinkender Kaufkraft erwarten die Beschäftigten höhere ...

IW

Artikel lesen
Hagen Lesch in der ARD ARD 24. Januar 2025

Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst

Zu den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und den Forderungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di sagt IW-Tarifexperte Hagen Lesch im Interview mit der ARD Tagesschau, dass man einen Mittelweg finden muss zu dem, was der Stärkung der Reallöhne dient ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880