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Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 100 19. Dezember 2022 Die Bedeutung des E-Commerce für Einzelhandel und Weihnachtsgeschäft

Der Onlinehandel hat in den vergangenen Jahren jeweils von den Einschränkungen im gesamten stationären Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft profitiert. Im vorliegenden Kurzbericht wird untersucht, ob durch die Lockerungen der Corona-Beschränkungen nun auch die Bedeutung des E-Commerce für den Einzelhandel zurückgegangen ist. Zudem wird gezeigt, welche Rolle er bei den Weihnachtseinkäufen spielt.

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Die Bedeutung des E-Commerce für Einzelhandel und Weihnachtsgeschäft
Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 100 19. Dezember 2022

Die Bedeutung des E-Commerce für Einzelhandel und Weihnachtsgeschäft

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Der Onlinehandel hat in den vergangenen Jahren jeweils von den Einschränkungen im gesamten stationären Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft profitiert. Im vorliegenden Kurzbericht wird untersucht, ob durch die Lockerungen der Corona-Beschränkungen nun auch die Bedeutung des E-Commerce für den Einzelhandel zurückgegangen ist. Zudem wird gezeigt, welche Rolle er bei den Weihnachtseinkäufen spielt.

Bereits im vergangenen Jahr (Rusche, 2021) konnte festgestellt werden, dass die Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung zu einem Wachstumsschub beim Onlinehandel geführt haben. Dies war maßgeblich darauf zurückzuführen, dass Geschäfte geschlossen werden mussten oder mit anderen Einschränkungen konfrontiert waren. Zudem dürfte auch die Furcht vor Ansteckung einige Konsumenten dazu bewegt haben, von zu Hause aus einzukaufen.

Im Umkehrschluss könnte somit davon ausgegangen werden, dass das Auslaufen der Beschränkungen, ein verbesserter Schutz durch die Impfung sowie entsprechende Medikamente auch zu einem Rückgang der Nutzung des Onlinehandels geführt haben. Dies wäre dann der Fall, wenn die Konsumenten nun wieder öfter offline einkaufen würden. Dieser Effekt könnte jedoch durch die aktuell herausfordernde Gesamtsituation aus Reallohnrückgang (Statistisches Bundesamt, 2022a), hohen Energie- sowie Lebensmittelpreisen (Statistisches Bundesamt, 2022b) und drohender wirtschaftlicher Abschwächung vermindert werden. In einer Umfrage im Jahr 2019 (Bitkom, 2019) wurde deutlich, dass für 52 Prozent der Deutschen günstigere Preise ein Grund für die Nutzung des Onlinehandels darstellen, wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Damit stellt diese Auswahlmöglichkeit zwar nicht den wichtigsten Punkt dar, dennoch dürfte die Preissensibilität gerade in einem Umfeld sinkender Reallöhne (Statistisches Bundesamt, 2022a) zunehmen.

Die Analyse der Umsätze im Einzelhandel ohne Umsatzsteuer sowie die Bedeutung des Onlinehandels im Einzelhandel analog zu Rusche (2021) offenbart, dass der Onlinehandel 2022 zum ersten Mal einen Rückgang sowohl im Umsatz als auch bei der Bedeutung für den Einzelhandel wird hinnehmen müssen (Abbildung). Die Werte für November und Dezember 2022, die in der Monatsstatistik des Statistischen Bundesamts (2022c) aktuell noch nicht vorliegen, wurden dabei geschätzt. Dazu werden die Werte des Statistischen Bundesamts basierend auf den Schätzungen des Handelsverbands Deutschland (HDE, 2022) zur Entwicklung der Umsätze in den letzten Monaten des Jahres fortgeschrieben.

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Verglichen mit den Jahren 2015 bis 2019 wird der Corona-Schub für den Onlinehandel 2020 und 2021 deutlich. Dies offenbart die größere Wachstumsrate. Deutlich wird jedoch auch der Rückgang der Onlinehandelsumsätze im Jahr 2022 um rund drei Milliarden Euro. Der gesamte Einzelhandel hat zunächst von der Pandemie profitiert, da hier eine höhere Wachstumsrate erkennbar ist: Während vor der Pandemie von 2018 auf 2019 der Umsatz um rund 16 Milliarden Euro gestiegen ist, gab es 2020 im Vergleich zu 2019 einen Zuwachs um rund 40 Milliarden Euro. Davon ist jedoch rund die Hälfte auf Zuwächse im Onlinehandel zurückzuführen.

Ganz anders ist die Entwicklung 2022 im Vergleich zu 2021. Die Umsätze im gesamten Einzelhandel sind um rund 50 Milliarden Euro gestiegen. Der Onlinehandel hatte daran jedoch keinen Anteil, da er sogar Umsatz verloren hat. Entsprechend ist der Anteil des Onlinehandels am gesamten Einzelhandel deutlich um rund 1,7 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent gesunken. Dies entspricht ungefähr dem Wert, den der Onlinehandel ohne Corona gehabt hätte. In der Abbildung wird dies approximativ deutlich, wenn die Entwicklung der Jahre 2015 bis 2019 beim Anteil gedacht verlängert wird.

Eine wesentliche Ursache für diese Entwicklung dürfte in den Preissteigerungen für Lebensmittel und Energie liegen. Kraftstoffe werden kaum online gekauft. Dies zeigt exemplarisch die Jahresstatistik im Einzelhandel für das Jahr 2020 (Statistisches Bundesamt, 2022d). Dort wird beim Einzelhandel mit Motorkraftstoffen (WZ08-473) lediglich ein Anteil von 0,3 Prozent des E-Commerce angegeben. Zudem dominieren im stationären Einzelhandel die Fast-Moving Consumer Goods (FMCG), zu denen insbesondere Lebensmittel zählen (Engels/Rusche, 2020).

Bei den genannten Zahlen handelt es sich um die nominalen Umsätze. Steigen die Preise, dann steigen auch die Umsätze, selbst wenn tatsächlich nicht mehr verkauft wird. Bis einschließlich Oktober geht das Statistische Bundesamt (2022e) für 2022 von einem realen Umsatzplus im Einzelhandel von 0,5 Prozent aus. Somit besteht die Möglichkeit, dass die Umsätze real zumindest nicht negativ werden, wenn das Weihnachtsgeschäft positiv verläuft. Bei Internet- und Versandhandel wurde im gleichen Zeitraum ein Rückgang um 8,3 Prozent festgestellt.

Zuletzt soll noch die Frage beantwortet werden, ob der Onlinehandel auch im Weihnachtsgeschäft an Bedeutung verloren hat. Dazu wird das Vorgehen des Euro Handels Instituts (EHI, 2022) herangezogen und die Umsätze ohne Umsatzsteuer in den Monaten November und Dezember als Weihnachtsgeschäft definiert. Im Jahr 2021 wurde im gesamten Einzelhandel ein Umsatz von 127,3 Milliarden Euro in den letzten beiden Monaten verzeichnet. Der Umsatz im Onlinehandel betrug rund 23,2 Milliarden Euro, was einem Anteil am Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft von rund 18,2 Prozent entspricht. Verglichen mit dem Gesamtjahr war der Onlinehandel im Weihnachtsgeschäft somit besonders gefragt. Bezüglich der Umsätze muss darauf hingewiesen werden, dass die Zahlen in diesem Kurzbericht von denen des HDE (2022) abweichen. Dies ist maßgeblich auf Unterschiede in der Abgrenzung des Einzelhandels zurückzuführen, da sich diese Publikation an der Abgrenzung des Statistischen Bundesamts orientiert.

Basierend auf dem Anteil, den die Monate November und Dezember anhand der Fortschreibung am gesamten Jahresumsatz approximativ haben werden, können auch Werte für 2022 abgeleitet werden. Demnach dürften im Weihnachtsgeschäft 2022 rund 134,1 Milliarden Euro umgesetzt werden. Auf den Onlinehandel dürften geschätzt rund 23,5 Milliarden Euro entfallen. Dies entspricht einem Anteil von circa 17,5 Prozent.

Folglich wird zu Weihnachten online zwar leicht mehr Umsatz generiert, dennoch geht die Bedeutung für den gesamten Einzelhandel zurück. Verglichen mit dem Gesamtjahr wird der Onlinehandel zu Weihnachten überproportional oft verwendet. Das Weihnachtsgeschäft ist somit auch für den Onlinehandel von hoher Bedeutung. Doch selbst ein ausgezeichnetes Weihnachtsgeschäft kann voraussichtlich nicht seine nominalen und realen Verluste im Jahr 2022 ausgleichen.

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