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Robert Sabelfeld* / Christian Oberst IW-Kurzbericht Nr. 6 7. Februar 2024 Kompakte Einfamilienhäuser als Antwort auf veränderte Rahmenbedingungen am deutschen Immobilienmarkt

Der Wunsch nach dem eigenen Einfamilienhaus ist in Deutschland nach wie vor stark ausgeprägt, für viele Menschen aber in Folge der veränderten Rahmenbedingungen auf dem Immobilienmarkt durch gestiegene Kosten und mangelndes Bauland kaum noch realisierbar. Der Bau kompakter Einfamilienhäuser könnte für Abhilfe sorgen und eröffnet Perspektiven für eine zukunftsfähige Neuausrichtung des Segments.

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Kompakte Einfamilienhäuser als Antwort auf veränderte Rahmenbedingungen am deutschen Immobilienmarkt
Robert Sabelfeld* / Christian Oberst IW-Kurzbericht Nr. 6 7. Februar 2024

Kompakte Einfamilienhäuser als Antwort auf veränderte Rahmenbedingungen am deutschen Immobilienmarkt

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Der Wunsch nach dem eigenen Einfamilienhaus ist in Deutschland nach wie vor stark ausgeprägt, für viele Menschen aber in Folge der veränderten Rahmenbedingungen auf dem Immobilienmarkt durch gestiegene Kosten und mangelndes Bauland kaum noch realisierbar. Der Bau kompakter Einfamilienhäuser könnte für Abhilfe sorgen und eröffnet Perspektiven für eine zukunftsfähige Neuausrichtung des Segments.

Wie zahlreiche Studien zeigen, hegt die Mehrheit der Menschen in Deutschland den Wunsch, in einem Einfamilienhaus (EFH) zu leben (Amman/Müther, 2022; Oberst/Voigtländer, 2021). Die Beliebtheit des EFH lässt sich darauf zurückführen, dass es wie kaum eine andere Wohnform das Versprechen von Privatsphäre, Unabhängigkeit und individueller Entfaltung verkörpert. Zudem bedient es den Wunsch nach Wohnen im Grünen, einem eigenen Garten und ausgiebigen Freisitzmöglichkeiten (von Malottki/Sabelfeld, 2022). Dies macht das EFH insbesondere bei Familien und eigentumsbildenden Haushalten zur bevorzugten Wohnform und trägt so zur Vermögensbildung und finanziellen Absicherung im Alter bei (Amman/Müther, 2022).

In den vergangenen Jahren ist das EFH unter Druck geraten. Infolge gestiegener Zinsen, Bau-, Energie- und Lebenshaltungskosten hat sich die Erschwinglichkeit drastisch reduziert (Sagner/Voigtländer, 2023). Schon seit Jahren ist Bauland in städtischen Regionen Mangelware. Zudem stehen EFH aufgrund ihres höheren Flächen-, Energie- und Ressourcenverbrauchs in der Kritik, Nachhaltigkeitszielen entgegenzustehen. Hierzu gehört das Ziel der Bundesregierung, den täglichen Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche bis 2030 auf weniger als 30 Hektar (ha) zu reduzieren. Zwischen 2018 und 2021 lag diese mit durchschnittlich 55 ha pro Tag deutlich höher (Destatis, 2023). Hinzu kommt, dass EFH aufgrund ihrer üblichen Standorte in ländlicheren Gebieten und städtischen Randlagen dazu neigen, verstärkt auf den Individualverkehr angewiesen zu sein, was mit einer erhöhten Verkehrsintensität verbunden ist. Diese Sachlage hat eine Debatte über die Zukunftsfähigkeit des EFH ausgelöst, obwohl die starke Präferenz von Seiten der Haushalte für diese Wohnform bestehen bleibt. Damit stellt sich die Frage, wie sich der individuelle Wunsch nach einem eigenen EFH mit den veränderten Anforderungen an Bezahlbarkeit und Nachhaltigkeit in Einklang bringen lässt.

Eine simple und zugleich wirkungsvolle Möglichkeit im Umgang mit den genannten Herausforderungen besteht in der Reduktion von Wohnfläche. Jeder eingesparte Quadratmeter geht mit einer Reduktion von Materialaufwand, Energieverbrauch und Flächeninanspruchnahme einher. Im Vergleich zu herkömmlichen EFH trägt eine kompaktere Bauweise somit nicht nur zur Verringerung der Herstellungskosten sowie der laufenden Kosten (insb. Heizkosten) bei, sondern reduziert zugleich die Flächeninanspruchnahme und den ökologischen Fußabdruck über den Lebenszyklus. Zudem führt eine Wohnflächenreduktion, trotz der bei kleinen Wohnflächen etwas höher ausfallenden Preise pro Quadratmeter, zu absolut niedrigeren Preisen.

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Betrachtet man die unterschiedlichen EFH-Typologien wird deutlich, dass sich die Vorteile einer kompakteren Bauweise im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Bezahlbarkeit insbesondere bei verdichteten EFH bemerkbar machen. Zudem bieten Typologien wie das kompakte Reihen- oder Gartenhofhaus interessante Möglichkeiten, um das Wohnen im EFH im städtischen Kontext zu ermöglichen. Auch wenn die freistehende Version des EFH nach wie vor die beliebteste Typologie darstellt, so eröffnet ein verdichteter und kompakter EFH-Bau einen Kompromiss, um den Wunsch nach Privatsphäre und Selbstbestimmung mit den Anforderungen an Bezahlbarkeit und eine flächensparende Bauweise im städtischen Kontext in Einklang zu bringen.

Hohes Nachfragepotenzial trifft auf überschaubares Neubauangebot

Seit 1990 ist in Deutschland die durchschnittliche Wohnfläche sowohl pro Kopf als auch pro Wohnung stetig gestiegen (Destatis, 2024). Diese Entwicklung ging mit einem gestiegenen Anteil von Einfamilienhäusern am Wohngebäudebestand einher (ebd.). Während sich im Geschosswohnungsbau bereits seit mehreren Jahren ein Trend zu kompakteren Wohnflächen abzeichnet und dieser im Zuge der gestiegenen Energiekosten eine zusätzliche Dynamik erhalten hat, ist eine ähnliche Entwicklung im EFH-Segment bislang ausgeblieben.

Dass kompaktere Wohnflächen zukünftig auch bei EFH an Relevanz gewinnen können, zeigen die Ergebnisse einer von der BPD Immobilienentwicklung GmbH im Jahr 2023 durchgeführten deutschlandweiten Haushaltsbefragung (vgl. Sabelfeld, 2024). Rund 32 Prozent der Befragten, die den Kauf eines EFH beabsichtigen, präferieren Wohnflächen von weniger als 100 m², wobei der größte Anteil auf Wohnflächen zwischen 81 und 100 m² entfällt. Bei den Befragten mit Mietabsicht fällt die Präferenz für Wohnflächen unter 100 m² mit rund 60 Prozent deutlich höher aus, wobei ein erhöhtes Interesse an Wohnflächen zwischen 61 und 80 m² besteht.

In der Abbildung werden die Wohnflächenpräferenzen, aggregiert in drei Größenklassen (≤ 100 m², 101 - 160 m², > 160 m²) und differenziert nach Kauf- und Mietabsicht, den zwischen Juni 2021 und Juni 2023 in EFH-Neubauobjekten angebotenen Wohnflächen gegenübergestellt. Hier zeigt sich bei kompakten Wohnflächen eine deutliche Diskrepanz. Während 32 Prozent der Befragten, die eine Kaufabsicht haben, und 60 Prozent mit Mietabsicht Wohnflächen von weniger als 100 m² bevorzugen, entfallen auf diese Größenklasse lediglich 5 Prozent des Neubauangebots. Umgekehrt verhält es sich bei EFH mit mehr als 100 m² Wohnfläche. Während 15 Prozent der Befragten mit Kaufabsicht und nur 5 Prozent mit Mietabsicht Wohnflächen von mehr als 160 m² bevorzugen, umfasst diese Größenklasse 21 Prozent des Angebots. Ähnliches zeigt sich bei EFH mit 101 bis 160 m² Wohnfläche. Diese umfassen 74 Prozent der Angebote, werden jedoch nur von etwas mehr als der Hälfte der Befragten mit Kaufabsicht und einem Drittel mit Mietabsicht bevorzugt.

Perspektiven für den Einfamilienhausbau

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass viele Haushalte, die sich ein EFH wünschen, nicht mehr die Wohnflächenansprüche haben, die noch in den 70er und 80er Jahren für das Segment typisch waren. Zugleich stellt der Geschosswohnungsbau, trotz geringer Wohnflächenansprüche, für viele keine attraktive Alternative dar (von Malottki/Sabelfeld, 2022).

Das kompakte EFH bietet eine Möglichkeit, die Angebotslücke zwischen großflächigen EFH und Geschosswohnungsbau zu schließen. Dabei kann auf Grundlage der Befragungsergebnisse in den kommenden zehn Jahren von einem Marktpotenzial von rund 2,9 Millionen Wohneinheiten ausgegangen werden (Sabelfeld, 2024).

Das kaum vorhandene Angebot an kompakten Einfamilienhäusern eröffnet dem EFH-Bau eine Perspektive, um dem ungedeckten Marktpotenzial mit einem entsprechenden Neubauangebot zu begegnen. Dabei bietet der Einstieg in das kompakte EFH-Segment eine Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erschließen und den Neubau an die sich verändernden demographischen, ökonomischen und ökologischen Rahmenbedingungen anzupassen. Unternehmen, die es schaffen, sich frühzeitig in diesem Bereich zu positionieren und innovative Lösungen zur Flächenoptimierung zu entwickeln, können hierbei eine wichtige Vorreiterrolle einnehmen und zugleich maßgebliche Standards für die zukünftige Entwicklung des Segments setzen.


*externer Autor, r.sabelfeld@bpd-de.de
Der Kurzbericht basiert auf der Abschlussarbeit von Robert Sabelfeld an der EBS Business School zum Thema „Relevanz und Zukunftsaussichten kompakter Einfamilienhäuser in Deutschland“, die von Dr. Christian Oberst betreut wurde.
Die Autoren bedanken sich bei Nicole Danzeisen, Frau Prof. Dr. Kerstin Henning, Prof. Dr. Daniel Piazolo und der BPD Immobilienentwicklung GmbH für die Unterstützung.

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