Immer mehr Grundschulkinder in Deutschland werden ganztags betreut, sei es direkt in der Schule oder in einem Hort. Die Angebote der einzelnen Bundesländer unterscheiden sich stark – und auch der Familienhintergrund spielt eine große Rolle dabei, ob Eltern ihre Kinder ganztags betreuen lassen oder nicht. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).
Ganztagsbetreuung: Wie Grundschulkinder betreut werden
Immer mehr Familien lassen ihre Kinder im Grundschulalter ganztags betreuen: Im Bundesschnitt haben im Schuljahr 2017/2018 rund 42 Prozent der Schulkinder eine Ganztagsschule und 23 Prozent einen Hort besucht. Basierend auf Zahlen des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zeigt die Studie, dass Familien ganz unterschiedlicher Milieus die Angebote nutzen. So gehen Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund und Kinder, deren Eltern Arbeitslosengeld II beziehen, besonders häufig in eine Ganztagsschule. Familien mit einem vergleichsweise hohen Einkommen schicken ihre Kinder sehr oft in einen Hort oder in eine ähnliche Einrichtung.
Auch der Wohnort ist entscheidend
Während Berlin die Gebühren komplett abgeschafft hat, ist die Ganztagsbetreuung in den anderen Bundesländern auch eine Frage der Kosten: Eltern, deren Kinder nachmittags in einer Ganztagsschule betreut werden, zahlen dafür im Schnitt rund 30 Euro im Monat. Bei der Betreuung in einem Hort werden etwa 41 Euro monatlich fällig. Auch der Wohnort spielt bei der Betreuungsfrage eine große Rolle: In Hamburg etwa haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsschulplatz - rund 98 Prozent aller Grundschüler gehen daher ganztags zur Schule. Hingegen liegt der Anteil der ganztagsbetreuten Kinder in Baden-Württemberg nur bei knapp einem Drittel.
Freiraum für die Landesregierungen
Ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz muss nicht, wie im Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD festgehalten, auf Bundesebene beschlossen werden. Vielmehr kann er auch in den Ländergesetzen verankert werden, wie es heute schon in Brandenburg, Hamburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen der Fall ist. Das ist ohnehin naheliegender, da die Länder für ihre Schulen zuständig sind. Engagiert sich die Bundesregierung beim weiteren Ausbau der Ganztagsbetreuung, muss sie den Ländern in jedem Fall große Freiräume lassen: „Stellt der Bund Geld bereit, müssen die Bundesländer, die bereits viele Ganztagsangebote geschaffen haben, gleichermaßen Mittel abrufen können“, sagt Studienautor Wido Geis-Thöne. „Sonst käme das einer Bestrafung für ihr Engagement gleich.“ Ein Programm, ähnlich dem Gute-Kita-Gesetz, wäre ein denkbarer Weg: Den Ländern würde klar auferlegt, das zusätzliche Geld für eine bessere Ganztagsbetreuung zu investieren. Wo die Mittel konkret hinfließen, könnte jede Landesregierung jedoch für sich selbst entscheiden.
Wido Geis-Thöne: Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern – Eine Übersicht zum aktuellen Stand
IW-Report
Tag der deutschen Einheit: Wo der Osten besonders punktet
Abgehängter Osten? Das war mal! 34 Jahre nach der Wiedervereinigung haben die neuen Bundesländer sich als Wirtschaftsstandort etabliert – und den Westen in manchen Dingen übertrumpft. Fünf Dinge, in denen der Osten spitze ist.
IW
Kitakrise: Kinder ausländischer Eltern verlieren den Anschluss
300 Experten kritisieren in einem offenen Brief die Lage in deutschen Kitas – und die Bundesregierung für ihren Umgang mit frühkindlicher Bildung. Besonders Kinder mit Migrationshintergrund könnten dadurch den Anschluss verlieren, zeigen Forschungsergebnisse ...
IW