Deutschlands Metropolregionen boomen, während der ländliche Raum und der Osten darben? Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Kooperation mit Wissenschaftlern vier deutscher Hochschulen wollte es genauer wissen. Das Ergebnis: 19 von insgesamt 96 deutschen Regionen haben Probleme. Längst nicht alle liegen in Ostdeutschland oder auf dem platten Land.

Regionalentwicklung: 19 Mal akuter Handlungsbedarf
In den drei Bereichen Wirtschaft, Demografie und Infrastruktur haben die Studienautoren für das Ranking insgesamt zwölf Indikatoren untersucht. Mit Blick auf die Wirtschaft liegen die Schlusslichter in Westdeutschland: Besonders düster sieht es in Duisburg/Essen, Emscher-Lippe und Bremerhaven aus.
Ostdeutschland hat indes vor allem ein Demografie-Problem. Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg, Lausitz-Spreewald, Oberlausitz-Niederschlesien sowie Ost- und Südthüringen weisen ein hohes Durchschnittsalter der Bevölkerung auf, das in den vergangenen Jahren auch noch überproportional gestiegen ist.
Bei der Infrastruktur gibt es derweil deutschlandweit Probleme. Die drei westdeutschen Regionen Emscher-Lippe, Trier und Westpfalz plagen besonders hohe Verschuldungsquoten, während in den ostdeutschen Regionen Altmark, Magdeburg und Halle/Saale die digitale Infrastruktur noch in den Kinderschuhen steckt.
Mit Blick auf die Summe der Indikatoren gibt es in insgesamt 19 Regionen akuten Handlungsbedarf für die Politik, damit die Gebiete nicht den Anschluss verlieren. Dazu gehören elf Regionen in den neuen Bundesländern, vier Regionen in Nordrhein-Westfalen entlang der Ruhr sowie Bremerhaven, das Saarland, Schleswig-Holstein Ost und die Westpfalz.
„Die betroffenen Länder sollten Schuldenerlasse für die Kommunen in Betracht ziehen, damit diese wieder handlungsfähig werden“, schlägt Michael Hüther, Direktor des IW, vor. „Eine kluge Regionalpolitik sollte den Kommunen die Möglichkeit geben, sich selbst zu helfen“, ergänzt Jens Südekum, Studienmitautor und Ökonom an der Universität Düsseldorf. „Aber auch der Bund und die Länder sind in der Verantwortung.“
Weitere Stellschrauben sehen die Wissenschaftler darin, Bürgerschaftliches Engagement besser zu unterstützen und zu vereinfachen, Bildungsangebote in den betroffenen Regionen zu verbessern und das Netz – sowohl in Form von Schienen als auch von Breitbandinternet – auszubauen. „Die Regionalpolitik muss jetzt dringend gegensteuern, sonst werden die gesellschaftlichen Spannungen zunehmen und es kann zu gefährlichen Abwärtsspiralen kommen“, warnen Hüther und Südekum.
Die Studie „Die Zukunft der Regionen in Deutschland – Zwischen Vielfalt und Gleichwertigkeit“ wird herausgegeben von Michael Hüther (IW), Jens Südekum (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) und Michael Voigtländer (IW). Neben mehr als 20 IW-Wissenschaftlern verschiedener Fachbereiche beteiligten sich Peter Dehne (Hochschule Neubrandenburg), Rolf G. Heinze (Ruhr-Universität Bochum) sowie Wolfgang Kahl und Jacqueline Lorenzen (Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) an der Studie.
Unsere interaktiven Grafiken finden Sie hier.
Michael Hüther / Jens Südekum / Michael Voigtländer: Die Zukunft der Regionen in Deutschland – Zwischen Vielfalt und Gleichwertigkeit
IW-Studie
Michael Hüther: Ohne Netz, Geld und junge Menschen – Deutschlands Regionen im Vergleich
Statement
Jens Südekum: Ohne Netz, Geld und junge Menschen – Deutschlands Regionen im Vergleich
Statement
Michael Voigtländer: „Die Demografie ist ein großes Problem“
Statement
Michael Hüther: Regionalentwicklung – 19 Mal akuter Handlungsbedarf
Pressemitteilung
Christian A. Oberst / Hanno Kempermann / Michael Hüther: Räumliche Entwicklung in Brandenburg – Trends und politische Optionen
Sonderauswertung zur IW Regionalstudie im Auftrag der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. (UVB)
Institut der deutschen Wirtschaft: Die Zukunft der Regionen in Deutschland – Sonderauswertung für Brandenburg

Arbeitsmarkt: In welchen Berufen bis 2026 die meisten Fachkräfte fehlen
Der Fachkräftemangel gilt als größtes Problem der deutschen Wirtschaft. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, in welchen Berufen es bis 2026 besonders dramatisch wird – und wo sich die Lage entspannt.
IW
Babyboomer verlassen den Arbeitsmarkt: Warum Deutschland das besonders schwer trifft
Wenn in den kommenden Jahren die Babyboomer in Rente gehen, wird sich die Fachkräftelücke dramatisch verschärfen. Helfen könnte Migration – doch müssen wir dabei das außereuropäische Ausland in den Mittelpunkt stellen, schreibt IW-Ökonom Wido Geis-Thöne in ...
IW