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(© Foto: aprott/iStock)
Wido Geis-Thöne IW-Nachricht 14. Juli 2016

Zuwanderung: Trotz Rekordzahlen bleibt viel zu tun

Im letzten Jahr sind so viele Menschen wie nie zuvor seit Bestehen der Bundesrepublik nach Deutschland gekommen. Dabei handelt es sich bei weitem nicht nur um Flüchtlinge. Auch die EU-Nettozuwanderung erreichte mit 333.000 einen neuen Spitzenwert. Dennoch müssen die Rahmenbedingungen für die Zuwanderung von Fachkräften weiter verbessert werden.

Im Jahr 2015 sind laut Statistischem Bundesamt 1,14 Millionen Personen mehr nach Deutschland gekommen, als das Land verlassen haben. Das ist knapp ein Drittel mehr als im bisherigen Spitzenjahr 1993. Damals lag der Wert bei 782.000. Knapp die Hälfte kam 2015 aus den drei Flüchtlingsherkunftsländern Afghanistan, Irak und Syrien. Allerdings erreichte auch die EU-Zuwanderung im vergangenen Jahr mit 333.000 einen historischen Höchstwert. Von diesen kamen allein 86.000 aus Rumänien und 63.000 aus Polen. Zudem hat sich die Zuwanderung aus einer Reihe von Drittstaaten, die nicht von Krieg und Krisen betroffen sind, sehr dynamisch entwickelt. So ist die Nettozuwanderung aus Indien von 8.500 im Jahr 2014 auf 10.200 im Jahr 2015 und die aus China von 8.900 auf 10.300 gestiegen. Dennoch reichen diese Werte bei weitem nicht aus, um in Deutschland langfristig Fachkräfteengpässe zu vermeiden.

Der mögliche Beitrag der Flüchtlinge zur Fachkräftesicherung ist begrenzt. Nicht nur gilt zu beachten, dass die Aufnahme von Flüchtlingen grundsätzlich nur aus humanitären Gründen und nicht aus Arbeitsmarkterwägungen erfolgt. Auch gestaltet sich die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt sehr schwierig, da viele von ihnen nur ein sehr niedriges Qualifikationsniveau mitbringen. Zudem sind die Flüchtlingszahlen seit Anfang dieses Jahres wieder deutlich zurückgegangen, sodass das Jahr 2015 im Hinblick auf die Flüchtlingszuwanderung eine absolute Sonderstellung einnimmt.

Auch bei der EU-Zuwanderung ist in den nächsten Jahren mit einem starken Rückgang der Zahlen bis hin zu einer Rückwanderungswelle zu rechnen. Die anderen EU-Länder sind ähnlich wie Deutschland vom demografischen Wandel betroffen. Während die Bevölkerung hierzulande im Jahr 2014 noch um 0,53 Prozent gestiegen ist, ist sie in Rumänien um 0,39 Prozent und in Polen um 0,03 Prozent gesunken. Zudem ist zu beachten, dass die Wanderungsbewegungen innerhalb der EU häufig nicht auf Dauer angelegt sind, sondern es sich um vorübergehende Aufenthalte zur Ausbildung oder Arbeit handelt. So kommen auf 100 Zuzüge aus den EU-Ländern 64 Fortzüge. Bei den Drittstaaten sind es nur 34.

Trotz der Rekordzuwanderung des letzten Jahres ist Deutschland vor diesem Hintergrund mittelfristig auf eine noch stärkere Erwerbs- und Bildungsmigration aus Drittstaaten wie Indien angewiesen. Obwohl sich auch hier bereits deutliche Erfolge zeigen, reichen die aktuellen Werte nicht aus, um den negativen Folgen des demografischen Wandels zu begegnen. Dies gilt insbesondere, wenn in den nächsten Jahren die großen Jahrgänge der Babyboomer aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden werden. Um auch dann noch genügend Fachkräfte aus den Ausland gewinnen zu können, braucht Deutschland einen modernen zuwanderungsrechtlichen Rahmen und eine gezielte Ansprache und Information von zuwanderungsinteressierten Personen, wie diese vom Online-Portal Make-it-in-Germany geleistet wird.

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