Die G7-Staaten haben sich erstmals auf einen Mindeststeuersatz für Unternehmensgewinne geeinigt. Das ist ein bemerkenswerter und richtiger Schritt. Allerdings fehlt bei der Frage, wie die Gewinne künftig verteilt werden sollen, der Mut zu einem Systemwechsel.

Mindeststeuer: Auf die Bemessungsgrundlage kommt es an
Die Lobeshymnen auf die eigene Leistung kannten bei den beteiligten Politikern der G7-Länder keine Grenzen: Bei der Einigung auf eine Mindesteuer von 15 Prozent für Unternehmensgewinn war die Rede von Steuerrevolution und von historischem Meilenstein.
Zweifelsfrei ist die Einigung bemerkenswert und kann ein Beitrag zu einem fairen Steuerwettbewerb sein. Denn Steuersätze nahe dem Nullpunkt sind nicht Sinn der Sache. Dass diese Einigung zunächst zwischen sieben Staaten erzielt worden ist, für die ein Mindeststeuersatz von 15 Prozent keine Folgen hätte, steht auf einem anderen Blatt. Unter Berücksichtigung der für 2023 angekündigten Steuersatzerhöhung in Großbritannien liegen die Steuersätze in allen G7-Staaten bei 25 Prozent oder mehr. Ganz selbstlos ist das Ansinnen folglich nicht.
Nicht zu Ende gedacht
In Europa werden vor allem Ungarn (neun Prozent), Irland (12,5 Prozent) und gegebenenfalls die Schweiz (je nach Kanton unter 15 Prozent) von der Regelung betroffen sein. Hier wird auch das Problem an der Sache deutlich: Länder wie Malta (35 Prozent), die Niederlande (25 Prozent) oder Luxemburg (25 Prozent) können jeglichen Handlungsbedarf von sich weisen, dabei locken diese Länder Unternehmen mit Steuerrabatten an. Wie wird damit umgegangen werden?
Auch den G7-Finanzministern war offenbar klar, dass die Festlegung eines Mindeststeuersatzes nicht ausreicht. Deshalb schlagen sie auch eine Änderung der Bemessungsgrundlage vor. Ein richtiger Gedanke, der allerdings nicht konsequent zu Ende gedacht wird.
Wo entsteht die Wertschöpfung?
Die Gretchenfrage in der internationalen Steuerpolitik: Wie wird der Begriff „Wertschöpfung“ verstanden? Bisher wird die Wertschöpfung dort vermutet, wo Innovationen entstehen und strategische Entscheidungen getroffen werden. Deshalb versteuern deutsche Konzerne einen Großteil ihrer Gewinne in Deutschland. Alternativ sollen die Gewinne nach den Umsätzen auf den Absatzmärkten aufgeteilt werden. Dieser Ansatz gewinnt vor allem deshalb an Zustimmung, weil sonst Digitalkonzerne relativ wenig Steuern in ihren großen Absatzmärkten zahlen.
Die G7-Finanzminister schlagen eine Mischung dieser beiden Ansätze vor: Bis zehn Prozent Umsatzrendite bleibt alles beim Alten. Konzerne, die mehr verdienen – und da kommt die Sprache schnell auf die großen Digitalkonzerne – sollen darüber hinausgehende Gewinne zum Teil nach Umsatz auf die Absatzländer aufteilen. An diesem Mischmasch ist zu erkennen, dass es sich um eine politische Lösung handelt. Aus ökonomischer Sicht muss man sich jedoch entscheiden: Wie kann Wertschöpfung gemessen werden?

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