Die griechische Regierung hat die Abstimmung über umstrittene Reformen vertagt. Sie bewegt sich damit zwar innerhalb der mit den Gläubigern abgestimmten Vereinbarungen – ein erhöhtes Reformtempo hätte jedoch ein positives Signal gesendet. Auch die latent unsichere Zustimmung der Regierungskoalition erweckt Zweifel an der Handlungsfähigkeit von Ministerpräsident Alexis Tsipras.

So gewinnt Griechenland kein Vertrauen zurück
Unterzeichnung des Kompromisses, Öffnung der Banken, Umsetzung erster Reformen und Hochstufung des Ratings – lauter positive Nachrichten aus Griechenland deuteten zuletzt auf eine Entspannung der Krise hin. Gestern wurde jedoch bekannt, dass Griechenland über zwei schwierige Reformen – das Ende der Frühverrentung sowie die Steuererhöhung für Landwirte – heute Abend überraschend nicht abstimmen wird.
Die dadurch entstandene Aufregung unter dem Vorwurf der „Reformverschleppung“ ist allerdings nur bedingt begründet. Denn der Kompromiss zwischen den Gläubigern und der griechischen Regierung sieht die beiden Reformen zwar vor, in der Abstimmung heute Abend muss das griechische Parlament allerdings nur die Reformierung des Justizsystems und der Umsetzung der Europäischen Bankenabwicklungsrichtlinie durchwinken. Das Ende der Frühverrentung und die Steuererhöhung für Landwirte hingegen sind nicht zeitlich festgelegt und wurden von EU-Seite auch erst im August erwartet.
Trotzdem wäre die schnelle Umsetzung von – insbesondere innerhalb der Regierungskoalition – umstrittenen Reformen ein starkes Signal Griechenlands an Verhandlungspartner und potenzielle Investoren gewesen.
Zwar hatte es Tsipras in der Parlamentsabstimmung am vergangenen Mittwoch noch geschafft, eine breite Mehrheit hinter sich zu bringen. Aus seiner eigenen Koalition erhielt er jedoch nur 123 Stimmen – drei mehr als für die magische 120 Stimmen-Grenze benötigt, unter der es zu Neuwahlen kommen würde. Anscheinend hatte Tsipras starke Bedenken, dass eine Abstimmung heute Abend über Frühverrentung und Einkommenssteuererhöhung diese Grenze hätte reißen können. Neuwahlen würden den politischen Prozess in Griechenland dann wohl für Wochen blockieren – ein möglicher Grexit rückte wieder näher.
Mit dieser unsicheren Lage innerhalb der Regierungskoalition wackelt der Reformprozess bereits zwei Wochen nach Unterzeichnung des vermeintlichen Kompromisses. Denn schwierige Abstimmungen werden folgen müssen: Die Unsicherheit über die Zukunft Griechenlands bleibt – verlorengegangenes Vertrauen konnte bisher nicht wiedergewonnen werden.

EU-Haushalt: Deutschland bleibt größter Nettozahler
Mehr als 237 Euro zahlte im Jahr 2022 jeder Deutscher netto an die EU, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) – kein anderes Land hat so tief in die Tasche gegriffen. Am meisten Geld geht an Deutschlands östlichen Nachbarn Polen.
IW
Wohin fließt das Geld aus dem EU-Haushalt?: Nettozahler und Nettoempfänger in der EU
Die deutsche Nettoposition ist im Jahr 2022 leicht gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen, von 21,4 Milliarden Euro auf 19,7 Milliarden Euro. Sie liegt damit aber immer noch deutlich höher als in der Vor-Brexit-Zeit.
IW