Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nahmen 2016 rund 24 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben – ein neuer Rekord. Trotzdem bleibt der öffentliche Schuldenstand nahezu unverändert hoch. Die Politik sollte die derzeitigen Überschüsse nutzen, um für langfristige Herausforderungen gewappnet zu sein – etwa durch einen Demografie-Fonds.

Rekordeinnahmen versanden
Wie das Statistische Bundesamt heute mitgeteilt hat, liegen die gesamtstaatlichen Schulden bei 2,01 Billionen Euro – ein Rückgang von lediglich 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hierbei werden Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen gemeinsam betrachtet. Gleichzeitig wurden im vergangenen Jahr Überschüsse in Höhe von 24 Milliarden Euro erwirtschaftet. Dies sind nochmal drei Milliarden Euro mehr als 2015.
Dass die Schulden dennoch nicht sinken, liegt unter anderem daran, dass die Steuer-Überschüsse als Rückstellungen in den staatlichen Kassen liegen. Sie sind teilweise bereits für dieses Jahr und die nächsten Jahre eingeplant, um steigende Ausgaben zu finanzieren – aber nicht, um Schulden abzubauen. Generell ist die deutsche Haushaltspolitik noch immer sehr davon geprägt, dass in vielen Bereichen die Ausgaben der Dynamik der Einnahmen folgen, zum Beispiel bei der Gesetzlichen Rente, die bei guter Wirtschaftslage zulegt, deren Leistungsversprechen bei schlechter Lage aber nicht sinken. Zusätzlich weckt mehr Geld in den Kassen immer neue Begehrlichkeiten, was der Staat noch alles finanzieren könnte.
Doch die sprudelnden Steuereinnahmen werden nicht von Dauer sein: Zur scheinbar guten Haushaltslage tragen insbesondere die derzeit niedrigen Zinsen bei. Die Zinsaufwendungen sanken trotz des nahezu gleichbleibenden Schuldenstandes um 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit spart der Fiskus laut Bundesbank fast 50 Milliarden Euro jährlich. Sobald die Zinsen jedoch wieder steigen, würde dies die öffentlichen Haushalte stark belasten. Aufgrund ihrer hohen Ausgaben könnten sie aber nur schwer darauf reagieren.
Die langfristige Perspektive bleibt bei der derzeitigen Finanzplanung auf der Strecke. Demografischer Wandel und steigende Zinsen bedrohen die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Daher sollte die Politik hier stärker gegensteuern. Neben dem aktiven Abbau der Schuldenlast könnte sie auch einen Demografie-Fonds aufsetzen. Dieser könnte ähnlich wie die bereits existierenden Versorgungsfonds der Länder für die Beamtenpensionen aufgebaut werden und die Auswirkungen des demografischen Wandels abfedern. Um vor dem Zugriff kurzfristig agierender Politik geschützt zu sein, ist dabei eine Zweckbindung entscheidend.

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