Die Niedrigzinspolitik treibt viele Banken dazu, Strafzinsen auf Bankguthaben zu verlangen. Neue Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) offenbaren die finanziellen Folgen für Unternehmen in Deutschland. Die aktuellen Preissteigerungen könnten den Trend umkehren.

Kapitalmarkt: Unternehmen zahlen pro Jahr 551 Millionen Euro Strafzinsen
Die historischen Niedrigzinsen zwingen viele Banken dazu, Kunden an Gebühren zu gewöhnen. Viele Banken erheben zudem inzwischen Strafzinsen auf Guthaben – oft werden schon bei Guthaben ab 25.000 Euro 0,5 Prozent Zinsen fällig, für Privat- und Firmenkunden gleichermaßen. Neben vermögenden Privatkunden trifft dieser Schritt vor allem Unternehmen, die einen Teil ihres Betriebsvermögens zwangsläufig auf Bankkonten bei der Bank zwischenlagern und so ihre Liquidität sichern. Deutsche Unternehmen zahlen pro Jahr 551 Millionen Euro Strafzinsen auf ihre Bankeinlagen, zeigt eine neue IW-Rechnung. Grundlage für die Berechnung ist die Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank.
Positive und negative Folgen
Problematisch ist das vor allem für kleine und mittlere Unternehmen. Häufig sind sie, im Gegensatz zu großen Unternehmen, nicht am Kapitalmarkt aktiv: Ihr Geld steckt daher eher im Bankkonto als in Anleihen oder vergleichbar liquiden Finanzinstrumenten, was das Liquiditätsmanagement deutlich erschwert. Doch die niedrigen Zinsen haben auch ihre Vorteile. So können Unternehmen günstiger Kredite aufnehmen. Gerade während der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Lockdowns hat das vielen Betrieben mehr finanziellen Spielraum gegeben.
Inflation könnte den Trend aufhalten
Künftig könnte es aber auch anders kommen, denn die Inflation steigt und könnte sich in der Nähe des Inflationsziels der Europäischen Zentralbank von unter, aber nahe zwei Prozent einpendeln. Kurzfristig könne die Teuerungsrate ihren Zielwert sogar überschießen, denn weltweite Lieferengpässe von unverzichtbaren Produkten wie Holz und Halbeitern, aber auch der seit Anfang des Jahres geltende CO2-Preis und der historisch hohe Öl-Preis lassen die Preise steigen. Eine mittelfristige Inflationsrate nahe des Inflationsziels könnte Negativzinsen obsolet machen. Für die Einlagenseite der Unternehmen wäre das ein positiver Effekt.

Teuerung auf breiter Front: Das Risiko der Stagflation in der Eurozone
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine hat in Deutschland und in der Eurozone die Konsumentenpreisinflation historische Höhen erklommen. Diese Entwicklung gründete auf einen bereits seit dem Jahresanfang 2021 zu beobachtenden Prozess der ...
IW
Teuerung auf breiter Front: Das Stagflations-Risiko in der Eurozone nimmt zu
Das Risiko einer Stagflation - einer Kombination von Inflation und schwächerem Wachstum - nimmt stetig zu. Dabei muss die EZB aufpassen, dass ihre aufgeblähte Zentralbankbilanz und ihr zögerliches Handeln nicht inflationär und zu einer Überwälzung auf die ...
IW