1. Home
  2. Presse
  3. IW-Nachrichten
  4. Keine Gefahr für das Wirtschaftswachstum
Zeige Bild in Lightbox Keine Gefahr für das Wirtschaftswachstum
(© Foto: YinYang/iStock)
Ungleichheit IW-Nachricht 28. November 2016

Keine Gefahr für das Wirtschaftswachstum

Obwohl die Ungleichheit in Deutschland steigt, hat das keine negativen Konsequenzen für das Wirtschaftswachstum. Der Zusammenhang zwischen den beiden Variablen ist alles andere als eindeutig. Mögliche negative Effekte auf die wirtschaftliche Entwicklung sind eher in Entwicklungsländern und in Ländern mit einer extrem hohen Ungleichheit zu erwarten als in Deutschland.

Steigende Ungleichheit kann einerseits positive Anreizwirkungen mit sich bringen und die Leute motivieren, mehr Risiken einzugehen und höhere Bildungsabschlüsse zu erzielen. Zudem führt eine höhere Ungleichheit zu einer höheren gesamtwirtschaftlichen Ersparnis, die dann für Investitionszwecke zur Verfügung steht – denn die Sparquote unter den Besserverdienenden ist höher. Auf der anderen Seite kann es auch negative Effekte geben, denn mehr Ungleichheit geht in der Regel mit einem geringeren Bildungsniveau einher. Es bleibt aber fraglich, in welche Richtung der Zusammenhang verläuft. Denn die Ungleichheit kann zu weniger Bildungschancen führen, aber auch das geringere Bildungsniveau wirkt sich auf die Ungleichheit der Einkommensverteilung aus.

Zudem können die Ungleichheit und das Bildungsniveau durch andere Entwicklungen beeinflusst werden – etwa durch wirtschafts- und bildungspolitische Maßnahmen. Den alleinigen Effekt der Ungleichheit auf die Bildung und somit auf die Ungleichheit zu isolieren, bleibt nach wie vor schwierig.

Studien, die explizit für die wechselseitige Wirkung von Ungleichheit und Wirtschaftswachstum Rechnung tragen, kommen zum Ergebnis, dass der Zusammenhang zwischen den Variablen nicht eindeutig ist. Viel mehr hängt er vom Entwicklungsstand des betrachteten Landes ab sowie von dem Ungleichheitsniveau selbst. Länder mit einem geringeren Entwicklungsstand haben in der Regel einen erschwerten Zugang zum Gesundheits- und Bildungssystem für Geringverdiener. In diesen Ländern dürfte die steigende Ungleichheit daher das Wirtschaftswachstum bremsen.

In Ländern mit einem hohen Pro-Kopf-Einkommen von über 9.000 US-Dollar ist hingegen kein negativer Effekt der zunehmenden Ungleichheit auf das Wachstum zu erwarten. Weiterhin spielt das Niveau der Ungleichheit eine Rolle – für Werte des Gini-Koeffizienten unter 0,35 ist keine Beeinträchtigung des Wirtschaftswachstums durch leicht steigende Ungleichheit zu erwarten. Da es sich bei Deutschland um ein entwickeltes Land mit einem hohen Pro-Kopf-Einkommen und einer unterdurchschnittlichen Einkommensungleichheit von knapp 0,29 handelt, dürfte auch eine steigende Ungleichheit das Wirtschaftswachstum nicht bremsen.

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Judith Niehues / Maximilian Stockhausen in Sozialer Fortschritt Externe Veröffentlichung 30. Dezember 2024

Armuts(risiko)grenzen – eine kritische Auseinandersetzung

Dieser Beitrag diskutiert einen von Becker et al. (2022) und Becker (2024) entwickelten Ansatz zur empirischen Herleitung von Armutsgrenzen, der auf einem multidimensionalen Ressourcenansatz basiert und neben einer integrativen Betrachtung von Einkommen und ...

IW

Artikel lesen
Maximilian Stockhausen in Die Politische Meinung Externe Veröffentlichung 20. Dezember 2024

Versprechen gebrochen?: Wohlstand und soziale Durchlässigkeit durch Arbeit und Leistung

Die Soziale Marktwirtschaft mit ihren fundamentalen Prinzipien (Preisstabilität, freier Wettbewerb) war in der Bevölkerung weniger gefestigt als heute und stand im Systemwettbewerb mit der staatsdirigistischen Planwirtschaft im Ostblock.

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880