Sie ist wieder da, die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen. Langjährige Befürworter nutzen die Pandemie aus, um für ihre Utopie Werbung zu machen. Dabei überwiegen die Argumente dagegen – gerade in Krisenzeiten, meint IW-Verhaltensökonom und Wirtschaftsethiker Dominik Enste.
Corona-Krise: Ein bedingungsloses Grundeinkommen hilft uns in der Corona-Krise nicht weiter
„Es ist Zeit für Zusammenhalt, gegenseitiges Vertrauen und schnelle, unbürokratische Hilfe“: So werben Grundeinkommen-Fans mit einer Petition für ihre Idee, die seit Mitte März online fleißig geteilt und unterschrieben wird. Monatlich 1.000 Euro pro Person, und zwar bedingungslos, so lautet der Vorschlag.
Auch die Bundesregierung hat dieser Tage an schnelle und unbürokratische Hilfe gedacht und kurzerhand ein Gesetz erlassen, nach dem jeder Mieter seine Miete stunden kann. Der Sportartikelhersteller Adidas wollte zunächst davon Gebrauch gemacht – und einen riesigen Shitstorm ausgelöst. Hier wollte jemand Hilfe in Anspruch nehmen, die er nach öffentlicher Meinung diese nicht nötig hat. Viele empfinden das als unfair.
Hilfe bei Bedürftigkeit
Auch der Kern des bedingungslosen Grundeinkommens ist unfair, weil er Ungleiches gleichbehandelt. Die Diskussion um Adidas in den vergangenen Tagen hat gezeigt, wie sehr Menschen Wert darauf legen, dass nur der unterstützt wird, der es auch wirklich nötig hat. Verteilt der Staat mit der Gießkanne Geld, kommt es bei vielen an, die es gar nicht brauchen. Es ist wichtig, das Geld gezielt an die zu geben, die in einer Notlage sind und es so an eine Bedingung zu knüpfen. Andernfalls könnte das Vorhaben auch gar nicht finanziert werden.
Welche Probleme durch ein bedingungsloses Grundeinkommen entstehen, zeigen unter anderem die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten, die u.a. von der Miete abhängen. Für den gleichen Lebensstandard braucht man in Rostock 1.500 Euro, in München hingegen 2.500 Euro.
Deutschland ist gut aufgestellt
In den vergangenen 70 Jahren hat Deutschland eines der stärksten Sozialsystem der Welt aufgebaut, das unterschiedliche Lösungen für unterschiedliche Probleme bietet. Auch während der aktuellen Krise hilft der Staat differenziert, engagiert und mit allen verfügbaren Mitteln. Ein Blick in die USA veranschaulicht drastisch, wie gut Deutschland aufgestellt ist. In Deutschland gibt es Lohnfortzahlung, Kurzarbeitergeld, Hilfen für Selbstständige und Unternehmen – in den USA gab es allein im März zehn Millionen neue Arbeitslose. Gerade jetzt braucht es zielgenaue Hilfen, um die Pandemie auch wirtschaftlich zu überstehen. Außerdem: Die Kosten lägen bei einem Grundeinkommen von 1.000 Euro bei fast einer Billionen Euro. Dies wäre mehr als die gesamten Staatsausgaben für Sozialleistungen. Um diese gigantische Summe aufzubringen, müsste Deutschland also alle bisherigen Sozialversicherungen abschaffen und seine Rentner enteignen. Das dürfte kaum jemand ernsthaft wollen.
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