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EU-Bankenrettung IW-Nachricht 27. Juni 2013

Die Steuerzahler sitzen immer noch im Boot

Die EU-Finanzminister haben festgelegt, wer in welcher Reihenfolge für die Verluste von notleidenden Banken aufkommen muss. Als erstes trifft es die Aktionäre und erst zum Schluss die Steuerzahler – zumindest in der Theorie.

Die Finanzminister der Europäischen Union haben sich auf EU-weite Regeln zur Bankenrettung geeinigt. Sie legten eine Reihenfolge der Haftung fest: Zunächst müssen die Aktionäre für Verluste aufkommen, danach Gläubiger, Bankkunden, ein neu zu gründender Rettungsfonds und erst dann der Staat. Sollte auch dieser die Last nicht stemmen können, greift der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) ein.

Auch innerhalb der einzelnen Gruppen haben die Finanzminister eine Reihenfolge festgelegt. In der Gruppe der Gläubiger werden zunächst ungesicherte Verbindlichkeiten von Gläubigern herangezogen. Dann folgen die Einlagen von großen Unternehmen, Einzelpersonen sowie von kleinen und mittleren Unternehmen. Einlagen unter 100.000 Euro sind von der Zwangsumwandlung in Eigenkapital ausgenommen. Ebenfalls verschont werden zum Beispiel die Lohn- und Pensionsforderungen der Bankangestellten und die Einlagen anderer Banken mit einer Laufzeit von weniger als sieben Tagen.

Falls das Kapital der Aktionäre und Gläubiger nicht reicht, muss ein noch zu gründender Rettungsfonds einspringen. Die Hilfe dieses Fonds soll auf 5 Prozent der Bilanzsumme der notleidenden Bank begrenzt sein. Reichen auch die Mittel des Fonds nicht aus, stützt der Staat die Bank mit Steuergeld. Ist ihm dies wegen zu hoher Schulden nicht möglich, hilft als letzte Instanz der ESM mit bis zu 60 Milliarden Euro.

Die Reihenfolge der Bankenhilfe ist in den ersten Stufen sinnvoll und entspricht dem Subsidiaritätsprinzip, wonach eine Aufgabe immer zunächst von der untersten Ebene übernommen werden sollte. Zuerst müssen die Aktionäre für Verluste gerade stehen, denn sie sind die Eigentümer und bestimmen maßgeblich die Geschäftspolitik der Bank. Dann werden die Gläubiger zur Kasse gebeten. Sie waren bereit, in eine insolvenzgefährdete Bank zu investieren und haben dafür Zinsen kassiert, die dieses Risiko belohnen. Erst an letzter Stelle haftet der Staat. So soll der Steuerzahler besser als bisher geschützt werden.

Die neuen Regeln lassen jedoch einige Schlupflöcher. Erstens haben die EU-Staaten das Recht, einzelne Gläubiger von der Zwangsumwandlung auszunehmen, wenn ansonsten die Stabilität des Finanzsystems gefährdet wäre. Wann eine Gefahr für das Finanzsystem besteht, ist aber schwer zu beurteilen. Es ist zu befürchten, dass sich die Staaten großzügig zeigen und viele Gläubiger befreien.

Zweitens können sich die EU-Staaten von ihrer Pflicht befreien, wenn eine Rettungsaktion ihre fiskalische Nachhaltigkeit oder den Zugang zu den Kapitalmärkten gefährden würde. Diese Regel birgt die Gefahr, dass einzelne Staaten ihre Verpflichtung an die europäische Ebene weiterreichen. Das schwächt die Sparanreize der Mitgliedstaaten und kann dazu führen, dass am Ende doch europäisches Steuergeld für nationale Bankenprobleme herhalten muss.

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