Der Bundesregierung wird vorgeworfen, sie habe den vierten Armuts- und Reichtumsbericht gegenüber dem ersten Entwurf bewusst geschönt. Dieser Vorwurf ist unhaltbar. Einige Punkte werden in der aktuellen, noch immer nicht finalen Version des Berichts lediglich differenzierter dargestellt als in der Ursprungsfassung – zu Recht und wissenschaftlich fundiert.

Keine Schönfärberei
Aktuelle Zahlen aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) bekräftigen, dass das Mantra „die Armen werden immer ärmer, die Reichen immer reicher“ nicht stimmt. Diese Zahlen liegen aber erst seit kurzem vor, worauf die Regierung mit ihren Korrekturen im Armuts- und Reichtumsbericht reagiert hat.
Bei der relativen Einkommensarmut hat sich seit 2005 in den Statistiken nicht viel bewegt. Nach den jüngsten SOEP-Zahlen lag die Armutsgefährdungsquote auf dem niedrigsten Niveau seit 2006. Mit Blick auf die Markteinkommen – dazu gehören Gehälter und Vermögenseinkommen – stellt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) seit 2005 einen Rückgang der Ungleichheit fest. Beim Erwerbseinkommen ist der Trend hin zu einer immer größeren Ungleichheit dank des Beschäftigungsanstiegs seit 2005 immerhin gestoppt.
Die Bundesregierung hat also gute Gründe dafür, die Situation differenzierter darzustellen, als dies der erste Entwurf des Berichts vorsah. Zudem werden auch in der neuen Fassung gerade beim Thema Niedriglohnsektor beide Seiten der Medaille beleuchtet: Einerseits sind Geringverdiener dazugekommen, andererseits sind für viele die Chancen gestiegen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

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