Wie sollte die Politik das Verhältnis von beruflicher und akademischer Bildung gestalten? Der Wissenschaftsrat – das hochschulpolitische Beratungsgremium von Bund und Ländern – hat darauf nun eine eindeutige Antwort gegeben und den Stellenwert des beruflichen Bildungssystems unterstrichen. Es wäre gut, wenn die Bildungspolitik die Empfehlungen des Rates umsetzen würde.

Wissenschaftsrat wertet Berufsbildungssystem auf
Der Rat schlägt unter anderem vor, dass all jene, die eine Lehre abgeschlossen haben, künftig ohne zusätzliche Berufserfahrung und ohne Beschränkung studieren dürfen. Eine Lehre würde damit der allgemeinen Hochschulreife gleichgestellt. Zudem fordert der Wissenschaftsrat, dass es flexiblere Wechselmöglichkeiten zwischen beiden Bildungsbereichen geben soll. Dafür sollen Studienleistungen leichter auf einen beruflichen Abschluss und umgekehrt berufliche Qualifikationen besser auf ein Studium angerechnet werden können. Zudem sollen nach dem Willen des Rates mehr Bildungsangebote berufliche und akademische Inhalte kombinieren.
Diese Vorschläge tragen den Realitäten im Bildungssystem Rechnung. Denn nach dem Schulabschluss finden Absolventen häufig nicht auf Anhieb den Bildungsbereich, der am besten zu ihnen passt: Jeder vierte Studienanfänger bricht momentan sein Studium ab. Jeder dritte Abbrecher beginnt dann eine Lehre. Im Gegenzug hat heute jeder fünfte Student zuvor eine Lehre abgeschlossen und von den Lehrabsolventen ohne Hochschulreife zieht es mittlerweile jährlich rund 12.500 an die Hochschulen. Tendenz steigend.
Deshalb macht es auch Sinn, dass der Wissenschaftsrat Entscheidungstrainings, Potenzialanalysen und zusätzliche Praktika in die Lehrpläne der Schulen integrierten will. Denn das könnte dazu beitragen, dass viel stärker Fähigkeiten und Neigungen und nicht vorrangig Imageaspekte die Bildungsentscheidungen bestimmen.
Insgesamt hat der Wissenschaftsrat mit seinen Empfehlungen einen historischen Schritt getan, um das bewährte deutsche Berufsbildungssystem aufzuwerten. Gleichzeitig hat er ein klares Signal für eine gezielte Kombination von theoretischen und praktischen Kompetenzprofilen gegeben.
Die Hochschulen müssen die Rahmenbedingungen für eine entsprechende Durchlässigkeit zügig gestalten, indem sie beispielsweise zusammen mit Institutionen der Berufsbildung pauschale Verfahren zur gegenseitigen Anerkennung von beruflichen und akademischen Qualifikationen entwickeln und Bewerber aus dem Berufsbildungssystem mit Zusatzkursen unterstützen. Dazu sind zusätzliche Mittel notwendig. Die sollten allerdings, wie es der Wissenschaftsrat empfiehlt, an entsprechende Leistungsvereinbarungen geknüpft werden.
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IW
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