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Michael Bahrke im Kölner Stadt-Anzeiger Interview 7. April 2014

"Nicht jedem vermeintlichen Trend nachlaufen"

Die Wirtschaftsstruktur ist in Köln sehr heterogen - das heißt, es gibt keine dominierende Branche wie etwa in Wolfsburg die Automobilindustrie, sagt IW-Ökonom Michael Bahrke im Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger. Vonseiten der Politik sollte zuallererst Bestandspflege betrieben werden.

Herr Bahrke, im IW-Städteranking unter 71 deutschen Städten belegt Köln kein einziges Mal einen Spitzenplatz. Warum?

Betrachtet man die Wirtschaftskraft, also etwa das Steueraufkommen oder die Wirtschaftsleistung je Einwohner, so fällt auf, dass Köln als viertgrößte Stadt meist nur auf mittleren Rängen landet. München, Frankfurt oder auch Düsseldorf schneiden besser ab. Zuzug und Beschäftigung wachsen zwar, aber geringer als in anderen Städten. Auch die Zahl der Unternehmensgründungen ist im Vergleich nicht sehr hoch.

Wo sollte eine gezielte Wirtschaftsförderung ansetzen?

Erst einmal bedarf es einer grundlegenden Analyse der Wirtschaftsstruktur. Die ist in Köln sehr heterogen - das heißt, es gibt keine dominierende Branche wie etwa in Wolfsburg die Automobilindustrie. Vonseiten der Politik sollte zuallererst Bestandspflege betrieben werden. Also: Was brauchen die Unternehmen, die bereits in Köln angesiedelt sind, um weiter zu wachsen, und welchen Beitrag kann die Stadt leisten - etwa neue Flächen zur Verfügung zu stellen, Türöffnerfunktionen im In- und Ausland übernehmen oder die Unternehmen miteinander oder auch mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu vernetzen.

Gibt es Branchen, die künftig besonders im Fokus stehen sollten?

Kommunen sollten vorsichtig sein, auf vermeintliche Trends aufzuspringen und ihre Anstrengungen zu sehr auf einzelne Felder wie etwa Biotechnologie oder IT zu richten. Um in einem solchen Bereich erfolgreich zu sein, müssen die bereits vorhandenen Stärken dazu passen. Lange hieß es, dass vor allem Dienstleistungen eine Zukunft hätten und der Industrie nicht mehr so viel Bedeutung zukomme. Heute wissen wir, dass vor allem die Industrie den Wohlstand befördert.

Wo sehen Sie die größten Potenziale?

Ein zentrales Thema ist der demografische Wandel. Köln muss attraktiv für Fachkräfte bleiben. Das bedeutet, dass es in der Stadt auch weiterhin bezahlbaren Wohnraum geben muss. Hier hat die Politik einen großen Gestaltungsspielraum.

Und darüber hinaus?

Vor dem Hintergrund eines drohenden Fachkräftemangels muss auch die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund weiter vorangetrieben werden. Des weiteren werden wir nicht nur eine stärkere Vernetzung der Unternehmen erleben, sondern auch eine steigende Mobilität von Menschen und Warenströmen. Vor diesem Hintergrund muss in die Infrastruktur investiert werden. Beim Breitband-Internetzugang für schnelle Datenübertragung ist Köln ja bereits sehr gut aufgestellt. Das ist ein Vorteil gegenüber anderen deutschen Städten und macht Köln auch international wettbewerbsfähig.

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