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(© Foto: TommL/iStock)
Michael Hüther in return Interview 1. Juni 2017

„Was deutsche CEOs bewegt”

Welche Probleme bereiten deutschen Managern Kopfzerbrechen? Dieser Frage ist das IW Köln nachgegangen und zu dem Schluss gelangt: Vor allem die unsichere politische Lage rund um den Globus. Warum das so ist und ob die Sorgen berechtigt sind, erklärt IW-Direktor Michael Hüther im Interview mit dem Magazin return.

Herr Hüther, in einer Studie sind Sie der Frage nachgegangen, von welchen Sorgen und Herausforderungen deutsche Manager aktuell am meisten umgetrieben werden. Zu welchem Ergebnis sind Sie gelangt?

Die Umfrageergebnisse der deutschen CEOs stehen im Schatten der weltweiten Großereignisse des vergangenen Jahres, die eine unerwartet hohe globale politische Unsicherheit hervorgerufen haben. Die Unternehmensführung bewegt, wie die multiplen Krisenherde im Nahen Osten im Zuge der Flüchtlingsmigration auf die deutsche Gesellschaft wirken, aber auch die Wahl Donald Trumps und die Abstimmungen und Wahlen in Europa haben eine starke Verunsicherung hervorgerufen. Dem vermeintlichen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union blickt die deutsche Wirtschaft mit gesunder Gelassenheit entgegen, sieht aber durchaus die finanzielle Stabilität Europas in Gefahr.

Sind diese Sorgen berechtigt und eine reale Bedrohung für deutsche Unternehmer oder ist manche Angst auch übertrieben?

Die CEOs haben einen realistischen Blick auf die weltpolitische LageDie CEOs haben einen realistischen Blick auf die weltpolitische Lage und deren Implikationen für das exportorientierte deutsche Geschäftsmodell. An verschiedenen Stellen wurden im vergangenen Jahr Desintegrationsprozesse losgetreten, die das Potential haben, mittelfristig starke Bremsspuren in der Weltwirtschaft zu hinterlassen. Gerade Freihandelskritiker konnten mit getürkten Argumenten die Massen für sich gewinnen. Und auch die Präsidentschaftswahl in Frankreich zeigt, wie schmal der Grat ist, auf dem sich die Weltpolitik und damit auch die Weltwirtschaft derzeit bewegt. Die Diversität an Risiken, denen Unternehmen heutzutage gegenüberstehen, spiegelt sich in den großen Sorgen, die sich Unternehmer um das Thema Cybersicherheit machen. Gerade der WannaCry Virus, der uns vor wenigen Tagen das gesammelte Bedrohungspotential der Digitalisierung aufgezeigt hat, kann als Indiz um die Voraussicht gewertet werden, mit der Unternehmenschefs Gefahren abzuschätzen wissen.

Die Effekte des Klimawandels und das schwache Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern sind ebenfalls wichtige Themen. Laut der Umfrage spielen sie für CEOs aber eher eine untergeordnete Rolle. Werden hier potentielle Gefahren vernachlässigt?

Auch die Rolle des Klimawandels und die Wachstumskrisen in den Schwellen- und Entwicklungsländern spielen in den wirtschaftlichen Abwägungen eine Rolle. Die Frage, wie China den Umstieg auf ein privatwirtschaftlich-konsumtives Geschäftsmodell vollführen will, ohne seine Bürger mit den entsprechenden Rechten auszustatten, steht hier ebenso im Vordergrund wie der aufkeimende religiöse Populismus der indischen Regierung und die institutionelle Krise in Brasilien – von Russland gar nicht erst zu sprechen. Trotzdem weiß die deutsche Wirtschaft um ihre Stärken. Auch in den Eruptionen der Finanz- und Verschuldungskrise hat sie es immer wieder geschafft, ihre Wandelbarkeit zu beweisen und neue Märkte aufzutun, um ihre Produkte zu verkaufen. Dass sich hieraus ein Selbstvertrauen ergibt, ist durchaus verständlich. Ebenso klar ist jedoch, dass gerade die deutsche Wirtschaft darunter leiden wird, kommt es zu Verwerfungen im Welthandel.

Inwieweit heben sich die Sorgen deutscher Manager von jenen in anderen Ländern ab?

Die Analyse zeigt einen durchaus natürlichen Fokus auf diejenigen Probleme, von denen die jeweilige Region besonders betroffen ist. In Lateinamerika ist das die Krise der Entwicklungsländer, in China steht die Unsicherheit um die chinesische Wirtschaft im Vordergrund und die Europäer machen sich Sorgen um Europa. Interessanterweise sorgen sich die amerikanischen CEOs noch mehr um die Rekrutierung zukünftiger Fachkräfte als die deutschen – und das bei einer günstigerer demographischer Ausgangssituation. Das erscheint auf den ersten Blick verwunderlich, mag aber an den unterschiedlichen Erfahrungen mit Arbeitsmigration liegen: Die USA schafft es seit Jahrzehnten, qualifizierte Fachkräfte aus der ganzen Welt anzuziehen. Gerade die aktuelle politische Entwicklung in den USA, die der Suche nach internationalen Arbeitskräften wenig zuträglich sein dürfte, könnte nun dazu beitragen, dass sich die Unternehmer dort vermehrt beunruhigt sind.

Zum Interview auf return-online.de

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