Im Interview für den Jahresbericht 2022 spricht IW-Patentexperte Oliver Koppel über den Beitrag von Zugewanderten zum Innovationsgeschehen in Deutschland, einen Bewusstseinswandel in der Arbeitsmarktpolitik – und den Anteil der Patentanmeldungen von Frauen im internationalen Vergleich.
„Ohne Zuwanderung würde unsere Innovationskraft sinken”
Herr Dr. Koppel, in einer Studie ermitteln Sie seit einigen Jahren den Beitrag von Zugewanderten zur Innovationskraft in Deutschland. Wo stünde das Land ohne Zuwanderung?
Inzwischen geht nach unseren Erkenntnissen mindestens jede achte Patentanmeldung aus Deutschland vollumfänglich auf Erfinderinnen und Erfinder mit ausländischen Wurzeln zurück. Dieser Beitrag ist über die Jahre deutlich gestiegen. Ohne den Beitrag dieser Erfinderinnen und Erfinder wäre die Innovationskraft in Deutschland seit einigen Jahren sogar gesunken.
Wie kommt es zu dem großen Innovationsbeitrag von Zugewanderten?
Wir hatten seit 2010 eine sehr erfolgreiche Zuwanderungspolitik in Deutschland. Die Basis dafür war das Bekenntnis zur offensichtlichen Realität, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Die Bleiberegeln wurden vereinfacht, die Arbeitsmarktintegration wurde erleichtert. Ein Beispiel sind junge Menschen aus dem Ausland, die zum Studieren an deutsche Hochschulen kommen. Das ist natürlich das perfekte Zuwanderungspotenzial. Sie kennen die Kultur, sprechen normalerweise recht gut unsere Sprache, haben erste Netzwerke. Aber man hat sie nach ihrem Abschluss früher einfach wieder weggeschickt. Inzwischen bemühen wir uns darum, dass sie in Deutschland auch eine Erwerbstätigkeit aufnehmen.
Aus welchen Ländern kommen die meisten Erfinderinnen und Erfinder mit ausländischen Wurzeln?
Den größten Anteil stellen Erfinderinnen und Erfinder aus dem ost- und südosteuropäischen Sprachraum, aus Polen, Ungarn, Tschechien – seit einigen Jahren auch aus Bulgarien und Rumänien. Die größte Dynamik finden wir allerdings bei der Zuwanderung von Erfinderinnen und Erfindern aus Drittstaaten, insbesondere aus dem chinesischen und indischen Sprachraum. Auch der arabische und türkische Sprachraum wird immer stärker vertreten.
Sind Zugewanderte erfinderischer als Einheimische?
Das glaube ich nicht und das wollen wir mit der Studie auch nicht zeigen. Dass die Patentaktivität der schon immer hier ansässigen Deutschen zurückgeht, liegt einfach in der Demografie begründet. Wir werden eben immer weniger und das hat auch die Arbeitsmarktpolitik verstanden. Als gewinnorientierte Organisationen setzen Unternehmen ja vor allem auf Diversität, weil sie einen ganz praktischen Nutzen hat. Und der zeigt sich auch in der Innovationstätigkeit. In Bezug auf Zugewanderte haben wir da eine ganz ähnliche Herausforderung wie bei der stärkeren Beteiligung von Frauen.
Wie hoch ist der Beitrag von Frauen bei den Patentanmeldungen im internationalen Vergleich?
Das Ergebnis für Deutschland ist sehr ernüchternd. Bei den Patentanmeldungen aus dem deutschen Sprachraum lassen sich nur weniger als vier Prozent vollumfänglich auf Erfinderinnen zurückführen. Bei den Patentanmeldungen aus dem indischen oder chinesischen Sprachraum kommen wir hingegen leicht auf einen Frauenanteil von 15 bis 20 Prozent. Bei Anmeldungen aus dem osteuropäischen Sprachraum sogar auf bis zu 25 Prozent. Das ist wirklich erstaunlich, geht doch die Zahl der Absolventinnen in den technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen stetig nach oben. Es gibt es also noch einiges zu tun, um das Potential der Erfinderinnen aus dem deutschen Sprachraum auszuschöpfen.
Zum Interview auf dpma.de

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