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(© Foto: iStock)
Thomas Puls in der Deutschen Verkehrs-Zeitung Gastbeitrag 20. April 2018

Fachkräftemangel: Engpässe sind weit verbreitet

Der Fachkräftemangel wird immer mehr zu einem limitierenden Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland, schreibt Thomas Puls, Referent für Umwelt beim Institut der deutschen Wirtschaft.

Eine aktuelle Studie des IW Köln ergab, dass durch das Fehlen von etwa 440.000 Fachkräften das gesamtwirtschaftliche Wachstum um etwa 0,9 Prozent gebremst wird. Eine nicht unerhebliche Rolle spielen hierbei auch der Verkehr und die Logistik. Im vergangenen Jahr mehrten sich Meldungen aus der verladenden Wirtschaft, dass sie immer häufiger mit Kapazitätsengpässen bei den Verkehrs- und Logistikdienstleistungen konfrontiert ist.

Das Problem des Fachkräftemangels in der Verkehrs-und Logistikbranche wird in der interessierten Öffentlichkeit gerne auf den Fahrermangel verengt. Nach Angaben des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes fehlen allein in Deutschland 45.000 Lkw-Fahrer – Tendenz steigend. Jedes Jahr gehen mindestens doppelt so viele Fahrer in den Ruhestand, wie Berufseinsteiger die Ausbildung abschließen. Zudem mangelt es an Bewerbern.

Der Fahrermangel ist ein gravierendes Problem, zugleich gibt es aber weitere Berufsgruppen, die eine zentrale Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Logistikketten in Deutschland haben. Sie sind teilweise noch viel stärker vom Fachkräftemangel betroffen. Dazu gehören die Berufe für die Post- und Zustellbranche, Speditions- und Logistikkaufleute sowie und Triebfahrzeugführer bei der Bahn.

Die desolate Lage zeigt sich bei den Ausbildungsberufen. Das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln hat die Arbeitsmarktstatistik ausgewertet. Danach waren im Jahr 2017 immerhin 26 Berufsgruppen mit einer mindestens zweijährigen Ausbildungszeit dem Verkehrs- und Logistiksektor zuzurechnen. In 16 dieser Berufe – darunter auch der Berufskraftfahrer Güterverkehr – kommen derzeit auf 100 der Bundesanstalt für Arbeit gemeldete offene Stellen weniger als 200 Arbeitslose mit entsprechendem Berufswunsch. Der Wert von 200 gilt dabei als Schwellenwert, von dem an ein Fachkräfteengpass zu vermuten ist.

Dieser Wert basiert auf Auswertungen des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, die zeigen, dass bei Ausbildungsberufen etwa die Hälfte aller offenen Stellen auch gemeldet wurde. Die Mehrheit der relevanten Ausbildungsberufe im Verkehrs- und Logistikbereich dürfte also bereits mit Engpässen konfrontiert sein. Bei vier Berufsgruppen (Triebwagenführer, Überwachung und Leitung Eisenbahnverkehr, Überwachung und Wartung Schienenwege, Speditions- und Logistikkaufleute) liegt die oben genannte Engpassrelation bei unter 100. In diesem Fall spricht man von einem Fachkräftemangel. Dabei zeigen sich größere regionale Unterschieden.

Als Beispiel sei hier der Berufskraftfahrer Güterverkehr genannt. Bundesweit kamen im Jahr 2017 auf 100 gemeldete Stellen 106 Bewerber. Die Spanne der regionalen Werte reichte von 72 in Baden-Württemberg bis 296 in Berlin. Generell ist der Mangel im Süden stärker ausgeprägt, aber auch Sachsen und Thüringen weisen Werte von unter 90 auf. Bei der Interpretation dieser Zahlen ist zu beachten, dass nicht gesagt ist, dass diese Personen auch wirklich derzeit ein entsprechendes Angebot annehmen wollen oder können. Manche könnten bereits einen neuen Vertrag unterzeichnet haben oder im Übergang zur Rente sein.

Im Bahnsektor sind erheblich mehr offene Stellen als dafür passende Arbeitslose gemeldet. Am schlimmsten sieht es bei den Lokführern aus. Hier beträgt die Engpassrelation bundesweit 35, womit der Lokführer es unter die Top-5 der knappsten Berufe in Deutschland schafft. Auch hier gibt es erhebliche regionale Unterschiede. In Bayern kommen lediglich 11 arbeitslose Lokführer auf 100 offene Stellen. In Sachsen-Anhalt sind es immerhin 118. Generell ist die Situation im Westen mit 28 zu 100 angespannter als im Osten mit 65.

Doch egal wohin man schaut, Lokführer sind dramatisch knapp. Vergleichbar ist auch die Situation bei Fahrdienstleitern und Rangierern im Eisenbahnbetrieb. Hier kommen bundesweit 47 Arbeitslose auf 100 offene Stellen, in Bayern sind es aber nur sieben. Um das Bild im Eisenbahnverkehr abzurunden: Auch Streckenwärter und Sicherungsposten fehlen in allen Bundesländern und die Engpassrelation liegt mit 54 im Mangelbereich.

Erstaunlicherweise finden sich Fachkräfteengpässe auch bei den kaufmännischen Berufen von Verkehr und Logistik. Der Speditions- und Logistikkaufmann zählt sogar bundesweit zu den Mangelberufen. Mit 94 Arbeitslosen auf 100 offenen Stellen steht er am negativen Ende der Skala sogar noch vor dem Fahrer. Auch hier ist eine ziemlich klare Nord-Süd-Trennung auszumachen. Während  Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz Mangelrelationen zwischen 55 und 65 zu 100 aufweisen, sind es in Schleswig-Holstein 184 und in Mecklenburg-Vorpommern 264. Bei Straßen- und Schienenverkehrskaufleuten ist die Lage etwas besser, aber mit einer Relation von 119 bewegt sich auch diese Berufsgruppe tief im Engpassbereich. Luftverkehrs- und Schifffahrtskaufleute sind hingegen reichlich auf dem Markt. Hier liegt die Engpassrelation bei 249 beziehungsweise 853 bundesweit.

Unter den 16 Berufsgruppen mit Fachkräfteengpass finden sich unter anderem auch Straßen- und Tunnelwärter (109), Technische Berufe auf Flughäfen (125), Disponenten und Fachlageristen (156) oder Briefzusteller und Paketboten (164).

Diese Zahlen zeigen, dass sich Fachkräfteengpässe auf fast alle Bereiche der Logistikwirtschaft erstrecken. Prognosen zufolge wird sich das Verhältnis von Arbeitslosen zu offenen Stellen eher noch weiter verschlechtern. Denn die Branche gilt als vergleichsweise unattraktiv. Dafür sorgen Berichte über schlechte Gehälter, Arbeitszeiten und Umfeld. Dies wird auf dem generell enger werdenden Arbeitsmarkt zu einem immer gravierenderen Problem. Daher kann eine Lösung nur über eine stetige Verbesserung der Arbeitsbedingungen erreicht werden. Das wird sich auch im Preis für Logistikleistungen niederschlagen. Eine Verteuerung ist fehlenden Kapazitäten eindeutig vorzuziehen.

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