IW-Arbeitsmarktexperte Oliver Stettes sieht Homeoffice in vielen Unternehmen als geeignetes Mittel, um trotz der Verbreitung des Coronavirus den Betrieb aufrecht zu erhalten.
Experiment Homeoffice
Viele Unternehmen setzen aktuell auf Homeoffice. Das ist gut für die Gesellschaft, denn das Ansteckungsrisiko unter den Beschäftigten an ihrer Arbeitsstelle oder auf dem Weg dorthin wird reduziert. Die Ausbreitung des Coronavirus mag auch so verlangsamt werden. Homeoffice ist für die Unternehmen selbst gut. Denn der Geschäftsbetrieb kann aufrechterhalten werden und das Risiko des kompletten Stopps sinkt, wenn aufgrund einer erkannten Infektion ganze Standorte geschlossen und die Beschäftigten in häusliche Quarantäne geschickt werden müssen. Drittens profitieren die Beschäftigten – aus gesundheitlichen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen: Arbeiten von zu Hause aus senkt das Risiko, Einkommenseinbußen zu erleiden. Unbezahlter Urlaub, Kurzarbeit oder Entlassungen werden vermieden.
Viele Unternehmen betreten mit dem Homeoffice jetzt Neuland. Darunter werden manche sein, die über ihren Schatten springen müssen, weil sie aus unterschiedlichen Gründen dieser Arbeitsform bislang skeptisch gegenübergestanden haben.
Natürlich scheidet mobiles Arbeiten dort aus, wo beispielsweise die Anwesenheit an einer Maschine, auf einer Pflegestation oder auf einer Baustelle zwingend erforderlich ist. Die fehlende Eignung der Tätigkeit hat sich bislang sowohl für Unternehmen als auch die Beschäftigten als Haupthindernis für die räumliche und zeitliche Flexibilisierung erwiesen. Aber die Corona-Krise wird bei dem einen oder anderen Unternehmen noch einmal einen Prüfvorgang anregen: Gibt es nicht doch geeignete IT-Lösungen, die für eine Tätigkeit oder zumindest für einen Teilbereich der beruflichen Aufgaben die Tür in das Homeoffice öffnen?
In vielen Jobs stand bislang aber nicht die fehlende Eignung einer stärkeren Verbreitung von Homeoffice oder mobilem Arbeiten im Wege, sondern die Haltung und das Verhalten der Menschen. Vielerorts haben Führungskräfte und Mitarbeiter Routinen in der Zusammenarbeit entwickelt, bei der sich die Anwesenheit als Faktor für eine erfolgreiche Erledigung der Aufgaben bewährt hat. Sie wollten mehrheitlich vor Ort anwesend sein und konnten sich und ihre Arbeit so besser organisieren. Mobiles Arbeiten war für sie keine sinnvolle Option, selbst wenn sich möglicherweise einzelne Teammitglieder mehr Flexibilität gewünscht hätten.
Derartige Erwägungen treten in vielen Unternehmen derzeit in den Hintergrund – Gesundheit und Aufrechterhaltung des Betriebs gehen vor. Wo in den kommenden Wochen die Beschäftigten in den Homeoffices mehr schlecht als recht zusammenarbeiten, werden sie vermutlich im Anschluss wieder zu den gewohnten Routinen und in ihr Büro zurückkehren. Wenn Unternehmen und Beschäftigte aber gute Erfahrungen machen, können sich die bisherigen Vorbehalte nachhaltig auflösen, Arbeitskulturen verändern und neue, flexiblere Arbeitsroutinen herausbilden.
Dann rückt ein Punkt in den Vordergrund: Wer im Homeoffice arbeitet, nimmt zwangsläufig in Kauf, dass die klaren Grenzen zwischen beruflicher und privater Sphäre verschwimmen und die Eigenverantwortung ansteigt. Dies muss man erstens wollen und zweitens damit umgehen können. Führungskräfte und Beschäftigte werden daher in Zukunft immer wieder aufs Neue gemeinsam prüfen müssen, wie die Balance zwischen privaten und beruflichen Anforderungen gewahrt bleibt.
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