Die Finanzmarktsteuer trifft jeden, aber hilft niemandem - außer dem Minister, der seinen Haushalt absichern möchte. Ein Gastbeitrag des stellvertretenden IW-Direkters Hans-Peter Fröhlich.
Ein blinder Schuss mit Schrot
Elf EU-Staaten haben sich vergangene Woche zumindest im Grundsatz auf die Einführung einer Finanzmarktsteuer verständigt. Sie soll angeblich die Verursacher der Finanzkrise an den Kosten für deren Bewältigung beteiligen und für die Zukunft den Spekulanten das Handwerk erschweren. Klingt gut - taugt aber etwa so viel wie ein Werbespruch.
Zur Erinnerung: Die Finanzkrise war ausgebrochen, weil im Umfang hoher Milliardenbeträge weltweit "giftige" Wertpapiere im Umlauf waren, deren Wert nur auf dem Papier stand. Dahinter verbargen sich hochkomplexe Geschäfte, die außer den Architekten dieser Konstruktionen oft niemand verstand. Gegen eine Wiederholung dieses Desasters hilft nur eine effiziente Bankenregulierung und eine wirksame Finanzmarktaufsicht. Eine Finanzmarktsteuer leistet dazu überhaupt keinen Beitrag. Das ist, als wollte man mit einer Schrotflinte gegen computergesteuerte Hightech-Waffen des 21. Jahrhunderts kämpfen. Irgendwas wird man schon treffen.
Wer von der Finanzmarktsteuer getroffen wird, ist klar: die Investoren an den Finanzmärkten. Und die lassen sich nun einmal nicht in "böse" Spekulanten und "gute" Investoren trennen. Die Steuer trifft alle Anleger gleichermaßen. Sie soll nach den bisherigen Plänen auf Transaktionen mit Anleihen und Aktien erhoben werden. Das sind klassische Anlageinstrumente, die in jedes Depot gehören. Wie soll man zum Beispiel für das Alter vorsorgen - was der Staat im Übrigen mit hohen Zuschüssen und Steuervergünstigungen fördert -, ohne sein Geld in diesen Papieren anzulegen? Oft tut das gar nicht der Sparer selbst. Er zahlt in eine Lebensversicherung, baut eine Riester-Rente auf oder erwirbt Anteile an Investmentfonds. In all diesen Fällen sind es Banken oder Versicherungsunternehmen, die als Kapitalsammelstellen fungieren und das Geld ihrer Kunden treuhänderisch anlegen. Insofern sind es Millionen von kleinen und großen Sparern, welche die Finanzmarktsteuer zu zahlen haben. Sie können diese Steuer nur umgehen, wenn sie ihr Geld überhaupt nicht am Kapitalmarkt anlegen, sondern es allenfalls ihrem Sparbuch anvertrauen. Das kann niemand ernsthaft erwarten, der das Thema private Altersvorsorge in keiner Sonntagsrede auslässt.
Die Politik scheint sich um diesen Widerspruch nicht zu kümmern. Die Finanzmarktsteuer kommt vielen gerade recht in einer Zeit, wo sich die Schere zwischen Arm und Reich vermeintlich immer weiter öffnet und "die da oben" gefälligst ihren Beitrag leisten sollen. Und wer als Finanzminister seine Kasse aufbessern will, braucht hier am wenigsten Widerstand der Wähler zu fürchten. Bezeichnenderweise hat Bundesfinanzminister Schäuble es strikt abgelehnt, den Ertrag der neuen Steuer der EU zu überlassen. Er will die Finanzmarktsteuer schlicht in den Bundeshaushalt lenken.
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