In Deutschland teilen sich im Schnitt 60 Kinder unter zehn Jahren einen Spielplatz. Diesen erreichen 95 Prozent der Kinder in weniger als 25 Minuten zu Fuß. Allerdings sind die Strecken in den ländlichen Gebieten, insbesondere in Ostdeutschland, wesentlich weiter als in großen Städten.
Spielplätze: Bestand und Erreichbarkeit im regionalen Vergleich
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
In Deutschland teilen sich im Schnitt 60 Kinder unter zehn Jahren einen Spielplatz. Diesen erreichen 95 Prozent der Kinder in weniger als 25 Minuten zu Fuß. Allerdings sind die Strecken in den ländlichen Gebieten, insbesondere in Ostdeutschland, wesentlich weiter als in großen Städten.
Während sich die Familienpolitik in Deutschland bislang kaum mit den Spielplätzen beschäftigt, erhalten sie im inklusionspolitischen Diskurs eine weit größere Aufmerksamkeit. So hat die Aktion Mensch im Jahr 2023 eine großangelegte Studie veröffentlicht, in deren Rahmen 1.000 Spielplätze anhand einer Checkliste auf verschiedene Aspekte der Barrierefreiheit hin untersucht wurden. Das Ergebnis war, dass 21 Prozent inklusive Züge aufwiesen und das gemeinsame Spielen von Kindern mit und ohne Behinderung ermöglichten, aber kaum ein Spielplatz alle relevanten Kriterien erfüllte (Aktion Mensch, 2023). Daraus lässt sich allerdings nicht schließen, wie viele Kinder mit Behinderung tatsächlich Zugang zu einem inklusiven Spielplatz haben. Hierfür ist auch von entscheidender Bedeutung, wie viele Spielplätze insgesamt existieren und wie gut sie für die Familien erreichbar sind.
An dieser Stelle besteht bislang eine Wissenslücke, die mit der vorliegenden Untersuchung geschlossen werden soll. Als Datenquelle für die Spielplätze dienen dabei die Einträge aus den OpenStreetMap Datenauszügen der Geofabrik (Geofabrik GmbH, 2024) vom 22.07.2024, die anhand des Tags „leisure=playground“ gefiltert wurden. Spielplätze mit einer Kennzeichnung als privat, wie sie teilweise im Umfeld größerer Mehrfamilienhäuser existieren, wurden dabei nicht miteinbezogen. Des Weiteren fanden Kunden-, Vereins-, Kasernen- sowie gebührenpflichtige Spielplätze keine Berücksichtigung. Als Bezugsgrößen wurden die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten demografischen Zahlen (Zensus 2011, 2018) der Kinder im Alter unter zehn Jahren in kleinräumigen Einheiten mit einer Gitterstruktur von 100 Meter Länge und Breite verwendet. Diese Altersgruppe stellt typischerweise die Kernzielgruppe der Spielplätze dar.
Auf Basis dieser Daten wurde zunächst ermittelt, wie viele Kinder sich einen Spielplatz teilen. Bundesweit trifft das auf 60 Kinder im Alter unter zehn Jahren zu. Betrachtet man die einzelnen Bundesländer, zeigen sich deutliche Unterschiede. Am wenigsten Kinder sind es in Mecklenburg-Vorpommern mit 45 und am meisten in Hessen mit 74. Differenziert man weiter nach Kreisen, ist das Verhältnis im Kreis Lüchow-Dannenberg mit 23 Kindern je Spielplatz am günstigsten und in Oberhausen mit 143 Kindern je Spielplatz am ungünstigsten. Allerdings ist anzumerken, dass die betrachteten Spielplätze teilweise sehr unterschiedliche Größen und Ausstattungen aufweisen.
<iframe class="everviz-iframe" src="https://app.everviz.com/embed/JDyzI-r7l/?v=28" title="Chart: Neu: Kinder pro Spielplatz und Erreichbarkeit von den Elternhäusern - 1 " style="border: 0; width: 100%; height: 500px"></iframe>
So könnte sich auch ein deutlich anderes Bild ergeben, würde man statt der Zahl der Spielplätze ihre Gesamtfläche oder den Gesamtumfang der zur Verfügung gestellten Spielgeräte in den Blick nehmen.
Über die Zugänglichkeit der Spielplätze für die Kinder geben solche Verhältniszahlen allein keinen Aufschluss. Vielmehr sind dafür die konkreten Entfernungen von den Wohnorten entscheidend. Diese lassen sich mit den vorliegenden Daten ebenfalls abschätzen. Dazu wurden die Erreichbarkeiten zu Fuß mithilfe der „Open Source Routing Machine“ (OSRM) (Luxen/Vetter, 2011) basierend auf den OpenStreet-Map Deutschlandkarten der Geofabrik berechnet. Als Ausgangspunkte für die Wege zu den Spielplätzen wurden die Mittelpunkte der Demografie-Gitterzellen mit einer Größe von 100 Metern Länge und Breite verwendet.
Berechnet wurde, wie lange es dauert, bis 95 Prozent der Kinder unter zehn Jahren zu Fuß einen Spielplatz erreicht haben können. Die Beschränkung auf 95 Prozent ist wichtig, da die Ergebnisse ansonsten von einigen wenigen, in besonders abgelegenen Wohnlagen lebenden Kindern bestimmt würden. Zu beachten ist, dass sich die den Berechnungen zugrunde gelegten Gehzeiten auf Erwachsene beziehen und die Wegezeiten mit zu Fuß gehenden kleineren Kindern in der Regel deutlich länger sind.
Insgesamt ergibt sich für das Bundesgebiet ein Wert von 25 Minuten. Behält man im Blick, dass die Weg-strecke zum Spielplatz jeweils zweimal zurückgelegt werden muss, ist dies gerade für kleinere Kinder zu weit, um die Strecke sinnvoll zu Fuß meistern zu können. So ist festzustellen, dass mehr als 5 Prozent der Kinder unter zehn Jahren keinen Spielplatz in fußläufiger Entfernung haben. Definitiv einen guten Zugang haben 80 Prozent der Kinder, für die sich eine errechnete maximale Gehzeit von acht Minuten ergibt.
Betrachtet man die einzelnen Bundesländer, liegt die maximale Wegstrecke für 95 Prozent der Kinder in Berlin mit acht Minuten am niedrigsten und in Mecklenburg-Vorpommern mit 68 Minuten am höchsten. Nimmt man nur die Flächenländer in den Blick, erreicht Hessen mit 14 Minuten den besten Wert und es zeigt sich ein klares West-Ost-Gefälle. Differenziert man weiter nach Kreisen, liegt der Wert allerdings in der Stadt Rostock in Mecklenburg-Vorpommern mit sechs Minuten am niedrigsten, wo sich mit 79 Minuten im Landkreis Vorpommern-Greifswald ebenfalls der höchste Wert findet. Insgesamt zeigt sich hier ein sehr starkes Stadt-Land-Gefälle und eine besonders ungünstige Lage in den ländlichen Gebieten in Ostdeutschland (Abbildung).
Bei der Interpretation dieser Ergebnisse muss man im Blick behalten, dass die Spielplätze je nach Wohnlage der Kinder eine sehr unterschiedliche Bedeutung für ihr Entwicklungsumfeld haben können. Handelt es sich um große Mehrfamilienhäuser in dicht besiedelten Bereichen, stellen sie häufig den einzigen Ort dar, an dem sich die Kinder sinnvoll im Freien aufhalten und toben können. Verfügen die Familien hingegen über größere Gärten, in denen den Kindern gegebenenfalls auch eigene Spielgeräte, wie Sandkästen oder Schaukeln, zur Verfügung stehen, was in sehr ländlichen Bereichen der Normalfall ist, können die Bewegungsaktivitäten größtenteils auch zu Hause stattfinden.
Dennoch können die Spielplätze auch dort für das Aufwachsen der Kinder eine sehr wichtige Rolle spielen. So stellen sie einen Ort dar, an dem sich Kinder spontan treffen und in einen niedrigschwelligen Austausch zueinander treten können, wohingegen das gemeinsame Spiel in einem Garten eine Einladung in den Wohnbereich einer Familie voraussetzt. In der frühen Lebensphase der Kinder können die gemeinsamen Spielplatzbesuche darüber hinaus unter Umständen auch Einfluss auf das elterliche Handeln haben. So gelangen hier die Mütter und Väter in Kontakt zueinander und erhalten eine gute Gelegenheit, sich über ihre Erziehungsstile und -ziele auszutauschen (Hahn, 2015). Allerdings gibt es zu diesem Themenbereich bislang wenig empirisch fundierte Untersuchungen und die wenigen verfügbaren Studien legen ihren Fokus zumeist ausschließlich auf die Bedeutung der Spielplatzbesuche für das Bewegungsverhalten der Kinder. Hier finden Mutz et al. (2020) etwa, dass sich die Nutzung eines Spielplatzes bei Kindern im Grundschulalter fast so stark auf die gesamte Bewegungszeit am Tag auswirkt wie die Teilnahme an Aktivitäten eines Sportvereins.
Diese Forschungslücke betrifft nicht nur die Spielplätze, sondern alle öffentlichen Räume für Kinder und Jugendliche, also etwa auch die Jugendtreffs. So fehlt für den gesamten Bereich das notwendige Grundlagenwissen, um fundierte Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Dabei könnte er gerade für Kinder aus ungünstigen familiären Umfeldern eine wichtige kompensatorische Funktion übernehmen. Dass dies im familienpolitischen Diskurs in Deutschland bislang kaum gesehen wird, dürfte in engem Zusammenhang damit stehen, dass die Spielplätze, wie auch die weiteren Räume für Kinder und Jugendliche, in Deutschland in die alleinige Zuständigkeit der kommunalen Ebene fallen. Gerade auch vor diesem Hintergrund sollten sich auch die im einschlägigen Bereich aktiven nichtstaatlichen Einrichtungen verstärkt dieses Themas annehmen und es, wie die Aktion Mensch, gezielt in die Öffentlichkeit tragen.
Spielplätze: Bestand und Erreichbarkeit im regionalen Vergleich
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
„Mit einer Sparschwein-Mentalität kommen wir nicht weiter”
Im Interview mit ZEIT Online fordert IW-Direktor Michael Hüther milliardenschwere Investitionen in Straßen, Bahn und Bildung. Der Sparkurs von Finanzminister Christian Lindner sei ideologisch.
IW
Verkehrsminsterkonferenz: Sechs Zahlen, die zeigen, wie schlecht es um die Infrastruktur steht
Kaputte Straßen, verspätete Züge – und jetzt auch einstürzende Brücken. Die deutschen Verkehrswege sind in der Krise. Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen, wie ernst es um die Infrastruktur bestellt ist.
IW