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Kriminalität Wirtschaft und Ethik 10. Oktober 2013 Weniger Verbrecher

Soziale Brennpunkte, offene Grenzen und anonyme Gesellschaften: Viele sehen in diesen Bedingungen der modernen Zeit eine ideale Brutstätte für Kriminalität. Doch die Zahl der Überfälle, Morde und Diebstähle in Deutschland geht seit Jahren zurück. Liegt das an besseren Schutzmaßnahmen oder sind die Menschen einfach ehrlicher geworden?

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Kriminalität Wirtschaft und Ethik 10. Oktober 2013

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Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Soziale Brennpunkte, offene Grenzen und anonyme Gesellschaften: Viele sehen in diesen Bedingungen der modernen Zeit eine ideale Brutstätte für Kriminalität. Doch die Zahl der Überfälle, Morde und Diebstähle in Deutschland geht seit Jahren zurück. Liegt das an besseren Schutzmaßnahmen oder sind die Menschen einfach ehrlicher geworden?

Insgesamt ist die Zahl der polizeilich registrierten Kriminalitätsfälle in Deutschland von 2001 bis 2010 um 6,7 Prozent gesunken. Im Jahr 2010 wurden mehr als 430.000 Straftaten weniger verzeichnet als 2001. Zwar nahmen Internet-Betrug und illegaler Datenhandel dank neuer technischer Möglichkeiten zu. Zudem sind sexueller Missbrauch und häusliche Gewalt nach wie vor ein großes Problem. Raube, Morde und Autodiebstähle sind dagegen deutlich seltener geworden (siehe Grafik). Im Vergleich zu 2001 ist die Zahl der Autodiebstähle bis 2010 um rund ein Drittel zurückgegangen. Die Zahl der Mordfälle fiel immerhin um ein Viertel.

Auch in anderen Industrieländern kann man diese positive Entwicklung beobachten. Ein Grund dafür ist der Fortschritt in der Sicherheitstechnik. Überwachungskameras, Alarmanlagen und mehr Security-Dienstleister tragen dazu bei, dass es insgesamt schwieriger ist, eine Straftat unbeobachtet zu begehen.

Auch die demografische Entwicklung, die grundsätzlich mit Sorge betrachtet wird, ist mitverantwortlich für den Rückgang der Kriminalität, denn die meisten Straftaten begehen Jugendliche. In Deutschland ist der Anteil der 16- bis 24-Jährigen an der Bevölkerung in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden. Auch das höhere Bildungsniveau der jungen Menschen und der tendenziell sinkende Konsum von Drogen verringern die Zahl der Straftaten.

Ein weiterer Grund für die sinkende Kriminalität liegt im Konsumumfeld. Viele Produkte, die früher beliebtes Diebesgut waren, sind inzwischen uninteressant geworden. Technische Geräte sind mittlerweile für eine breite Masse erschwinglich und werden immer mehr von Luxus- zu Konsumgütern. Da zudem immer seltener bar bezahlt wird, lohnt sich für Diebe ein Überfall oftmals gar nicht mehr.

In den USA wirkte sich auch das Aufheben des generellen Abtreibungsverbots in den 1970er Jahren auf die Kriminalitätsrate aus. Insgesamt wuchsen weniger Kinder in den Armutsvierteln auf, in denen eine kriminelle Laufbahn wahrscheinlicher ist. Auch die polizeiliche Präsenz in gefährdeten Gebieten wurde erhöht, sodass einige Stadtbezirke sicherer wurden.

Die Techniken und Methoden zur Überführung von Verbrechen sind ebenfalls besser geworden. DNA-Identifikation, Lokalisierung von Mobiltelefonen und Überwachungssysteme machen es einfacher, Beweise zu liefern und Täter zu überführen.

Harte Strafen hingegen sind kein gutes Mittel gegen Kriminalität. Präventionsmaßnahmen etwa sind weitaus wirkungsvoller als volle Gefängnisse – insbesondere, wenn Schulen, Polizei, Jugendämter und Migrationsverbände miteinander kooperieren. Noch wichtiger als eine gute Zusammenarbeit dieser Akteure ist jedoch, den Jugendlichen eine Perspektive zu bieten. Die EU-weit niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland schafft Aufstiegschancen, die lukrativer sind als jeder Autodiebstahl.

Auch wenn es regional und lokal in Deutschland soziale Brennpunkte gibt, die unter einer zunehmenden Armutszuwanderung aus Rumänien und Bulgarien leiden, bleibt der durchschnittliche Befund positiv.

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