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Tobias Hentze IW-Kurzbericht Nr. 21 31. März 2021 Kirchensteuereinnahmen: Erholung in Sicht

Die Corona-Krise trifft nicht nur die Staatsfinanzen hart, sondern auch die Einnahmen der Kirchen in Deutschland sind betroffen. Erschwerend kommt dabei der andauernde Mitgliederschwund hinzu. Immerhin wird im Jahr 2022 voraussichtlich wieder annähernd das Vorkrisenniveau erreicht werden.

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Erholung in Sicht
Tobias Hentze IW-Kurzbericht Nr. 21 31. März 2021

Kirchensteuereinnahmen: Erholung in Sicht

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Corona-Krise trifft nicht nur die Staatsfinanzen hart, sondern auch die Einnahmen der Kirchen in Deutschland sind betroffen. Erschwerend kommt dabei der andauernde Mitgliederschwund hinzu. Immerhin wird im Jahr 2022 voraussichtlich wieder annähernd das Vorkrisenniveau erreicht werden.

Die Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer ist die Lohn- und Einkommensteuer. Daher sind zwangsläufig auch die Kirchensteuereinnahmen infolge der Corona-Pandemie eingebrochen. Mit 11,9 Milliarden Euro fiel das Kirchensteueraufkommen im Jahr 2020 um schätzungsweise 800 Millionen Euro geringer aus als im Jahr zuvor. Dies entspricht einem Minus im Jahresvergleich von rund 6 Prozent. Damit fällt der Rückgang nicht so massiv aus wie zuvor gedacht (vgl. EKD, 2021). Finale Werte werden erst im Laufe des Jahres veröffentlicht.

Der Einnahmerückgang wiegt für die Kirchenkassen jedoch schwerer als für die Staatskassen, weil der Staat ausbleibende Einnahmen einfacher und günstiger über neue Kredite finanzieren kann. Viele Diözesen und Landeskirchen müssen in der Krise – falls vorhanden – auf ihre Rücklagen zurückgreifen.

Sofern es zu einer wirtschaftlichen Erholung im Verlauf der zweiten Jahreshälfte kommt, die im Jahr 2022 zunehmend an Kraft gewinnen wird, sieht die Perspektive für die Kirchenfinanzen zumindest etwas besser aus. Die Kirchensteuereinnahmen erreichen trotz eines weiterhin zu erwartenden Mitgliederrückgangs voraussichtlich im Jahr 2022 wieder das Vorkrisenniveau. In realen Größen, also kaufkraftbereinigt, werden die Steuereinnahmen erst im Jahr 2025 wieder dem Wert des Jahres 2019 entsprechen (Abbildung). Bis dahin steigt das nominale Aufkommen der Kirchensteuer auf schätzungsweise knapp 14 Milliarden Euro.

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Die Steuereinnahmen der katholischen Kirche erholen sich dabei etwas schneller, da der Mitgliederrückgang in den vergangenen Jahren geringer ausgefallen ist als bei der evangelischen Kirche und diese Werte Basis für die Fortschreibung sind. Weitere Grundlagen für die Schätzung sind die Steuereinnahmen des Jahres 2020 sowie die aktuelle Steuerschätzung für den Zeitraum bis 2025 (BMF, 2020, 2021) verbunden mit einer Anpassung des erwarteten Wachstums auf Basis aktueller Konjunkturdaten (IW-Forschungsgruppe Gesamtwirtschaftliche Analysen und Konjunktur, 2021). Zudem werden Effekte des Ausgleichs der kalten Progression und der Erhöhung des Grundfreibetrags für alle Jahre bis 2025 berücksichtigt. Ferner werden Steuernachzahlungen aufgrund des Progressionsvorbehalts beim Kurzarbeitergeld einberechnet.

Im vergangenen Jahrzehnt waren die Einnahmen nach der Finanzkrise dank Beschäftigungsaufbau und Steuerprogression kontinuierlich gestiegen, obwohl die katholische und evangelische Kirche seit langem mit einem Mitgliederschwund kämpfen, der einen gegenläufigen Effekt auf die Einnahmen hat (Hentze, 2018). In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl der Kirchenmitglieder um ein Fünftel auf rund 43 Millionen Mitglieder gesunken (Deutsche Bischofskonferenz, 2020; EKD, 2020).

Der Ausblick bis zur Mitte des laufenden Jahrzehnts sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass langfristig die Kirchensteuereinnahmen stark unter Druck geraten werden (Peters/Gutmann, 2020). Denn neben dem Mitgliederrückgang kommt der demografische Wandel verstärkt zum Tragen. Mehr und mehr werden die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und dann weniger Einkommensteuer bezahlen als in ihrer Erwerbsphase (vgl. Beznoska/Hentze, 2016). Weil das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Rentnern weiter sinken wird, wird voraussichtlich auch das Durchschnittseinkommen der Kirchenmitglieder zurückgehen oder zumindest weniger stark steigen. Wie für die Einkommensteuer bedeutet dies, dass ein kleiner werdender Teil der Kirchenmitglieder das Gros der Steuereinnahmen aufbringt. Dies folgt zwar dem Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, birgt aber für die Kirchenfinanzen ein Risiko, weil die Hauptlast der Kirchensteuer auf weniger Schultern liegt. Statistisch gesehen bezahlt derzeit im Durchschnitt ein Kirchenmitglied knapp 300 Euro Kirchensteuer im Jahr. Diesen Betrag erreicht ein Single mit einem Bruttojahresgehalt von 30.000 Euro.

Politische Vorhaben zur Reform der Einkommensteuer, die über den Ausgleich der kalten Progression hinausgehen, beeinflussen auch die Entwicklung der Kirchenfinanzen: Vor dem Hintergrund der im vergangenen Jahrzehnt kräftig gestiegenen Einkommensteuereinnahmen kann zum Beispiel eine Entlastung der Steuerzahler begründet werden. Dies würde zu bislang nicht kalkulierten Mindereinnahmen bei den Kirchen führen (vgl. Beznoska/Hentze, 2020). Umgekehrt lässt sich daraus allerdings kein Argument für eine Einkommensteuererhöhung ableiten.

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