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Thilo Schaefer IW-Kurzbericht Nr. 75 12. Oktober 2017 EEG-Umlage: Verursacherprinzip geht anders!

Die EEG-Umlage wird die Stromverbraucher im kommenden Jahr weiterhin stark belasten. Die zukünftige Bundesregierung muss sich in der kommenden Legislaturperiode der Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien annehmen.

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Verursacherprinzip geht anders!
Thilo Schaefer IW-Kurzbericht Nr. 75 12. Oktober 2017

EEG-Umlage: Verursacherprinzip geht anders!

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die EEG-Umlage wird die Stromverbraucher im kommenden Jahr weiterhin stark belasten. Die zukünftige Bundesregierung muss sich in der kommenden Legislaturperiode der Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien annehmen.

Die EEG-Umlage wird voraussichtlich im kommenden Jahr nicht nennenswert steigen, sondern auf ihrem hohen Niveau von knapp 7 Cent pro Kilowattstunde verharren und die Stromverbraucher unverändert stark belasten. Wenn in Zukunft durch Elektromobilität und Wärmeerzeugung aus grünem Strom aus der bisherigen Stromerzeugungswende eine echte Energiewende werden soll, muss der Ausbau von Windkraftanlagen und Photovoltaik weiter vorangehen. Doch bleibt es bei der Finanzierung durch die EEG-Umlage, bleibt Strom teurer und damit im Vergleich zu fossilen Energieträgern unattraktiv. Das passt nicht zusammen.

Mit den Einnahmen aus dieser Umlage wird der Ausbau der erneuerbaren Energien finanziert, denn die Betreiber der Stromerzeugungsanlagen bekommen über 20 Jahre eine feste Vergütung für ihre Einspeisung von erneuerbar erzeugtem Strom ins Netz zugesagt. Diese Förderzusagen sind zuletzt deutlich gesunken, da sich die Anlagebetreiber seit diesem Jahr in einem Ausschreibungsverfahren um die Förderung bewerben müssen. Aufgrund der umfangreichen Förderzusagen der vergangenen Jahre bleibt der Finanzierungsaufwand jedoch auf absehbare Zeit hoch, so dass die EEG-Umlage in den kommenden Jahren voraussichtlich noch weiter steigen wird (Chrischilles, 2016).

Die EEG-Umlage zahlen alle Stromverbraucher, wobei für besonders stromintensive Unternehmen reduzierte Sätze gelten. Ein durchschnittlicher Privathaushalt zahlt im Jahr über 200 Euro EEG-Umlage. Da einkommensstärkere Haushalte nur wenig mehr Strom verbrauchen als einkommensschwache Haushalte, ist die relative Belastung der einkommensschwächeren Haushalte am höchsten. Anders ausgedrückt: Haushalte mit geringen Einkommen müssen einen deutlich höheren Anteil ihres Einkommens für die Finanzierung des Ausbaus erneuerbarer Energien aufwenden als einkommensstärkere Haushalte (Abbildung).

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Die EEG-Umlage fällt in gleicher Weise auf den Strom aus fossiler Erzeugung, Kernkraft und aus erneuerbaren Energiequellen an. Häufig wird argumentiert, dass mit der Belastung der Stromverbraucher dem Verursacherprinzip Rechnung getragen wird: Wer mehr Strom verbraucht, muss dann auch mehr zahlen. Wenn mit dem Ausbau erneuerbarer Energien jedoch eine Reduktion des Ausstoßes von Treibhausgasen erreicht werden soll, trifft die EEG-Umlage nicht die Gruppe der Verursacher. Denn schließlich zahlen die Stromkunden auch für den Anteil erneuerbarer Stromerzeugung die Umlage.

Das Verursacherprinzip könnte also nur dann zur Anwendung kommen, wenn die EEG-Umlage nach dem CO2-Gehalt der Stromerzeugung bemessen würde. Ein Anreiz für die Verbraucher gezielt auf erneuerbar erzielten Strom zu setzen, würde erst dann entstehen, wenn sie nicht mehr einen pauschalen Arbeitspreis bezahlen, sondern Strom am Intraday Markt kaufen und auf das Preissignal reagieren würden. Denn bei großen Anteilen erneuerbar erzeugtem Strom ist der Preis niedrig, bei hohen Anteilen konventionell erzeugtem Strom dagegen hoch. Voraussetzung dafür sind jedoch entsprechend intelligente Mess- und Steuersysteme bei den Stromverbrauchern.

Es sind aber grundsätzliche Zweifel angebracht, ob der Stromverbrauch die geeignete Bemessungsgrundlage für die Finanzierung des Ausbaus erneuerbarer Energien darstellt. Denn zum einen ist mit dem europäischen Emissionshandel bereits ein Preisinstrument etabliert, was eher gestärkt anstatt durch wirkungsgleiche Instrumente geschwächt werden sollte. Schließlich kann unter der europäisch vereinbarten Obergrenze für den jährlichen CO2-Ausstoß ein zusätzliches Instrument Emissionen nur in andere Sektoren oder an andere Orte verlagern, nicht aber zusätzlich reduzieren. Zum anderen ist die hohe Belastung des Stromverbrauchs in Anbetracht der geplanten Ausweitung der Energiewende durch eine Kopplung der Sektoren Elektrizität, Wärme und Verkehr kontraproduktiv.

Deshalb erscheint eine Finanzierung der Kosten des Ausbaus der erneuerbaren Energien aus dem Staatshaushalt als die bessere Alternative. Dies hätte eine Reihe von Vorteilen: Anstatt aufgrund ihres Stromverbrauchs würden Haushalte und Unternehmen als Steuerzahler nach ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit belastet, was bei einem gesamtgesellschaftlichen Projekt, das die Energiewende darstellt, angemessener erscheint.

Wenn die Kosten aus dem Haushalt gezahlt würden, gäbe es eine parlamentarische Kontrolle, so dass sich die politische Legitimität erhöhte. Anstatt des bisherigen Ausgabenautomatismus könnte dadurch der Druck auf eine effiziente Verwendung der Ausgaben erhöht werden.

Die Ausschreibung der Förderzusagen ist ein erster Schritt zu mehr Effizienz, denn dadurch können sich die lukrativsten Standorte für die Stromerzeugungsanlagen durchsetzen. Doch nach wie vor ist die Förderung technologiespezifisch ausgestaltet, so dass die unterschiedlichen erneuerbaren Energiequellen nicht in einem Wettbewerb zueinander stehen. Nach der Ausschreibung gibt es keinen Anreiz dann einzuspeisen, wenn Strom teurer, weil knapper ist. Aufgrund der gleitenden Marktprämie, die die Differenz zwischen Verkaufspreis und zugesagter Einspeisevergütung ausgleicht, ist der Erlös des Anlagenbetreibers unabhängig vom aktuellen Strompreis. Dieses Problem ließe sich mit einer fixierten Marktprämie lösen, denn dadurch würde das Preissignal von der Strombörse für den Anlagenbetreiber relevant.

Eine Umstellung des kompletten Systems von der EEG-Umlage auf eine Finanzierung aus dem Haushalt ist politisch sicherlich nur schwierig umzusetzen, zumal angesichts des Fördervolumens von etwa 24 Milliarden Euro dafür eine zusätzliche Einnahmequelle wie beispielsweise ein Aufschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer erforderlich würde.

Wesentlich einfacher umsetzbar wäre dagegen die Finanzierung der Förderzusagen für alle zukünftigen Anlagen aus dem Haushalt. Auf diese Weise könnte die EEG-Umlage langsam schrumpfen und die EEG-Förderung nach und nach in das neue System hineinwachsen. Der Finanzierungsbedarf aus dem Haushalt würde entsprechend erst langsam ansteigen.

Die zukünftige Bundesregierung muss sich in der kommenden Legislaturperiode der Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien annehmen. Die EEG-Umlage hat zwar für einen effektiven Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten aus erneuerbaren Energien gesorgt, ist aber angesichts der offensichtlichen Effizienzmängel und der hohen Belastung des Faktors Strom nicht mehr zeitgemäß. Ein Systemwechsel wäre deshalb die konsequenteste Lösung.

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Thilo Schäfer: EEG-Umlage – Verursacherprinzip geht anders!

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