1. Home
  2. Studien
  3. Männer konkurrieren zu viel, Frauen am liebsten gar nicht
Frauenquote Wirtschaft und Ethik 10. Dezember 2015 Männer konkurrieren zu viel, Frauen am liebsten gar nicht

Von Januar 2016 an sollen Frauen 30 Prozent aller Positionen in den Aufsichtsräten börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen besetzen. In Deutschland heißt das für etwa 100 Unternehmen, dass sie diese Quote bei der Neubesetzung von Aufsichtsratsposten beachten müssen. Aber ist die Frauenquote das richtige Mittel, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen?

PDF herunterladen
Männer konkurrieren zu viel, Frauen am liebsten gar nicht
Frauenquote Wirtschaft und Ethik 10. Dezember 2015

Männer konkurrieren zu viel, Frauen am liebsten gar nicht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Von Januar 2016 an sollen Frauen 30 Prozent aller Positionen in den Aufsichtsräten börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen besetzen. In Deutschland heißt das für etwa 100 Unternehmen, dass sie diese Quote bei der Neubesetzung von Aufsichtsratsposten beachten müssen. Aber ist die Frauenquote das richtige Mittel, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen?

Tatsächlich sind es oft Männer, die Führungspositionen besetzen. Frauen machen seltener Karriere. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe: Zum einen legen Frauen wegen Schwangerschaft und Kindererziehung im Schnitt längere Erwerbspausen ein, die häufig mit einem Wiedereinstieg in Teilzeit verbunden sind. Zum anderen spielen auch persönliche Präferenzen bei der Berufswahl eine Rolle. Frauen entscheiden sich öfter für soziale Berufe, die weniger Aufstiegsmöglichkeiten bieten.

Aber auch unterschiedliches Verhalten in Konkurrenzsituationen könnte ein Grund dafür sein, dass Frauen weitaus seltener Führungspositionen besetzen. Gneezy et al. (2003) haben in einer groß angelegten experimentellen Studie das unterschiedliche Wettbewerbsverhalten von Frauen und Männern untersucht. Die Teilnehmer sollten dabei in einer vorgegebenen Zeit möglichst viele Rätsel lösen. Die Wissenschaftler beo-bachteten, dass sich das Geschlecht der Gegenspieler signifikant auf das Wettbewerbsverhalten von Frauen und Männern auswirkte. Während sich die durchschnittliche Leistung von Frauen und Männern im Wettbewerb mit Teilnehmern des gleichen Geschlechts kaum unterschied, blieb die Leistung von Frauen in direkter Konkurrenz zu Männern deutlich zurück (siehe Abbildung). Ein Grund dafür könnte sein, dass Frauen im direkten Wettbewerb mit Männern ihre Fähigkeiten unterschätzen. Männer konkurrieren zu viel, Frauen am liebsten gar nicht, so das Fazit der Autoren.

Empirische Evidenz für ein geschlechterspezifisches Wettbewerbsverhalten findet sich auch in einer Studie von Dohmen et al. (2011). Sie haben untersucht, ob sich Frauen und Männer für unterschiedliche Arten der Entlohnung entscheiden. Männer und Frauen konnten sich, nachdem sie einige Aufgaben gelöst hatten, entweder für eine feste Bezahlung oder für eine Bezahlung nach gelösten Aufgaben entscheiden. Bei gleichem Produktivitätsniveau entschieden sich 60 Prozent der Männer für eine Bezahlung nach Leistung, aber nur 40 Prozent der Frauen. Auch Buser et al. (2014) kommen in einer Untersuchung der mathematischen Fähigkeiten und der Selbsteinschätzung von Schülerinnen und Schülern der Oberstufe zu dem Schluss: Frauen unterschätzen ihre mathematischen Fähigkeiten und vermeiden wenn möglich Wettbewerb – ganz im Gegensatz zu Männern.

Diese und weitere sehr ähnliche Forschungsergebnisse tragen dazu bei, die geringe Zahl von Frauen in Führungspositionen zu erklären. Sie lassen darauf schließen, dass Frauen eher dazu tendieren, ihre eigenen Fähigkeiten zu unterschätzen und Wettbewerbssituationen zu vermeiden. Der Wettbewerb mit anderen ist jedoch ein elementarer Bestandteil des beruflichen Aufstiegs. Gerade als Führungskraft und auf dem Weg dorthin sind ein selbstsicheres Auftreten und eine gute Selbsteinschätzung unabdingbar. Um die Anzahl von Frauen in Führungspositionen zu steigern, ist es daher wichtig, Frauen früh in einer positiven Selbsteinschätzung zu bestärken und sie zu ermuntern, sich offensiv dem unternehmensinternen Wettbewerb zu stellen. Eine Frauenquote für Aufsichtsräte leistet hierzu keinen erkennbaren Beitrag.

PDF herunterladen
Männer konkurrieren zu viel, Frauen am liebsten gar nicht
Frauenquote Wirtschaft und Ethik 10. Dezember 2015

Männer konkurrieren zu viel, Frauen am liebsten gar nicht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Auf die Probe gestellt
Vertrauen Wirtschaft und Ethik 24. Juni 2015

Auf die Probe gestellt

Vertrauen ist der „Klebstoff der Gesellschaft“, weil es Interaktionen vereinfacht und in manchen Fällen sogar erst ermöglicht. Unser Alltag wird jedoch immer anonymer: Städte wachsen und Automatisierung und Digitalisierung erfassen immer mehr Lebensbereiche. ...

IW

Artikel lesen
Fachsymposium des Roman Herzog Instituts Wirtschaft und Ethik 12. Dezember 2013

Die Facetten der Führung

Führung spielt in den verschiedensten Bereichen und Disziplinen eine Rolle. Ob Musik, Bundeswehr, Medizin, Bildung, Medien, Politik oder Unternehmen. Überall kann Führung den entscheidenden Unterschied ausmachen. Wie gute Führung in den verschiedenen Kontexten ...

IW

Inhaltselement mit der ID 8880