In Deutschland sind die Tariflöhne während der 90er-Jahre um rund 38 Prozent angestiegen. Im Osten nahmen sie aufgrund überzogener Anpassungsstrategien mit über 100 Prozent ungleich rascher zu als im Westen, wo es ein Plus von 25 Prozent gab. Die Arbeitgeber versuchten diese steile Lohndynamik mit einem Abbau übertariflicher Leistungen zu mildern. Folglich erhöhten sich die Effektivverdienste langsamer als die Tarife. Hinter diesen Durchschnittszahlen steht ein erhebliches Branchengefälle. Es ist im Osten noch größer als im Westen. Gleichwohl hat die Tarifpolitik auf die Strukturveränderungen der deutschen Wirtschaft nicht angemessen reagiert. Dies wird deutlich, wenn man die sektoral unterschiedlichen Tariftrends mit der wirtschaftlichen Entwicklung der beobachteten Wirtschaftszweige vergleicht. Vor allem im Produzierenden Gewerbe wird das Tarifgeschehen noch immer vom Geleitzugdenken geprägt. Will die Tarifpolitik - wie im Bündnis für Arbeit verabredet - Strukturveränderungen stärker als in der Vergangenheit berücksichtigen, muss der Tariffächer zwischen den Sektoren und innerhalb der Branchen verbreitert werden.
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