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Martin Beznoska / Tobias Hentze / Björn Kauder / Enno Reichert Gutachten 2. Dezember 2024 Wirtschaftspolitisches Monitoring des Bundeshaushalts

Die vorliegende Studie setzt das wirtschaftspolitische Haushaltsmonitoring des Bundeshaushalts fort, um, ausgehend vom Jahr 2014, nachzuvollziehen, inwieweit die von der Politik formulierten Absichten zur verstärkten Ausrichtung des Bundeshaushalts auf Zukunftsausgaben umgesetzt werden.

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Wirtschaftspolitisches Monitoring des Bundeshaushalts
Martin Beznoska / Tobias Hentze / Björn Kauder / Enno Reichert Gutachten 2. Dezember 2024

Wirtschaftspolitisches Monitoring des Bundeshaushalts

Studie im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V (vbw)

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die vorliegende Studie setzt das wirtschaftspolitische Haushaltsmonitoring des Bundeshaushalts fort, um, ausgehend vom Jahr 2014, nachzuvollziehen, inwieweit die von der Politik formulierten Absichten zur verstärkten Ausrichtung des Bundeshaushalts auf Zukunftsausgaben umgesetzt werden.

Zu diesem Zweck werden neben einer Auswertung des Bundeshaushalts nach Aufgabenbereichen und Ausgabenarten sämtliche Einzelposten des Bundeshaushalts einschließlich der Sondervermögen nach inhaltlichen Kategorien gruppiert. Im Zentrum stehen die Zukunftsthemen Klimaschutz, Digitalisierung, Mobilität. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Ausgaben für die definierten Kategorien, die bei der Transformation eine große Rolle spielen, im Laufe der Zeit zu analysieren und schließt somit eine Lücke in der Betrachtung des Bundeshaushalts. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse helfen, künftige Haushalte tragfähig und zukunftsgerecht aufzustellen.

Strukturelle Veränderung der Einnahmen und Ausgaben des Bundes

Insgesamt sind die Einnahmen und Ausgaben des Bundes im Zeitraum von 2014 bis 2024 nominal kräftig gestiegen, real gilt dies jedoch nur für die Ausgaben. Die Einnahmen blieben inflationsbereinigt weitgehend konstant. Dabei haben sich die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer, der Kapitalertragsteuer sowie der Lohn- und veranlagten Einkommensteuer wesentlich besser entwickelt als die aus der Umsatz- und der Energiesteuer. Die Steuerquote des Bundes, also der Anteil der Steuereinnahmen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), ist von 9,2 Prozent im Jahr 2014 auf 8,6 Prozent im Jahr 2024 gesunken. Für die kommenden Jahre erwartet der Bund weiter inflationsbedingte Mehreinnahmen, aber kaum reale Zuwächse – bei gegebenen Voraussetzungen ist das vor allem angesichts demografischer Faktoren und bisher nicht behobener struktureller Defizite der Arbeitsmarktpolitik und der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands sicher realistisch. Zur Bestreitung der deutlich stärker als die Einnahmen gestiegenen Ausgaben hat der Bund in den Jahren 2020 bis 2024 eine Nettokreditaufnahme von rund 540 Milliarden Euro getätigt.

Ausgabenseitig dominieren die Sozialausgaben. Die Pandemie hat hier zeitweise für eine starke Erhöhung gesorgt, zuletzt war indes ein leichter Rückgang zu beobachten. Zudem sind in der Pandemie sowie in der Energiepreiskrise viele Finanzmittel in Sondervermögen geflossen. Aktuell sorgt die Zinswende für spürbare Verschiebungen im Haushalt zulasten inhaltlicher Pläne. Die Investitionen wurden im Laufe der Zeit insgesamt erhöht. Dabei spielen eigene Sachinvestitionen des Bundes eine geringe Rolle, und die meisten Investitionen werden mit Finanzierungshilfen realisiert.

2023 keine Trendwende bei Umsetzung von Planvorhaben

Im Laufe der Jahre 2014 bis 2024 wurde ein immer größerer Schwerpunkt auf die für diese Studie definierten Zukunftskategorien gelegt. Allerdings wurden diese haushaltspolitischen Zielvorgaben bisher nicht vollständig erreicht und teilweise sehr deutlich verfehlt – die Ist Werte fielen stets niedriger aus als die Soll-Werte. Diese Diskrepanz gilt auch für das Jahr 2023; inwieweit sie für das Jahr 2024 zutrifft, muss sich noch zeigen. Deutlich wird, dass zu ambitionierten Plänen auch entsprechende Umsetzbarkeit gehört. Allerdings darf bezweifelt werden, dass die Planvorhaben auch wirklich vollständig umgesetzt werden sollten, denn sowohl im Bundeshaushalt als auch im KTF sind beträchtliche Globale Minderausgaben eingestellt – also Sparvorgaben, die keine konkreten Positionen zugeordnet sind. Einsparnotwendigkeiten im Haushaltsvollzug treffen damit vor allem investive und transformative Positionen, die – anders als zum Beispiel ein Gros der Sozialausgaben – nicht rechtlich verbindlich abgesichert sind. In den Soll-Zahlen 2024 sind Zukunftsthemen bereits mit einem niedrigen Volumen hinterlegt. Es ist also nicht gelungen, Folgen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts von Ende 2023 zur Verfassungswidrigkeit einiger Kreditermächtigungen in den Sondervermögen aus dem Haushalt heraus aufzufangen.

Kreditspielräume des Bundes bleiben hoch, aber begrenzt

Mit dem Ende der Notsituation, die von 2020 bis 2022 aufgrund der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine festgestellt wurde, greifen die für normale Zeiten konzipierten Regeln der Schuldenbremse wieder, die dem Bund allerdings neben der strukturellen Verschuldungsgrenze von 0,35 Prozent des BIP über ihre Konjunkturkomponente und finanzielle Transaktionen zusätzliche Kreditspielräume bietet.

Stagnation bei Investitionen, Zuschuss an Rentenversicherung steigt

Im Kernhaushalt des Bundes sind bis zum Jahr 2028, dem Ende der aktuellen Finanzplanung, keine kontinuierlichen Erhöhungen der Investitionen geplant. Das ist nicht zuletzt eine Folge der gestiegenen Zinsausgaben. Sie erschweren es, Finanzierungsspielräume für Zukunftsinvestitionen zu identifizieren. Auf der Investitionsseite droht mit Blick auf Transformation und Infrastruktur Stagnation, auch wenn der Bund stärker auf das Instrument der finanziellen Transaktion setzt. Auf diesem Wege lassen sich Investitionen über Darlehen oder Eigenkapitalaufstockungen bundeseigener Unternehmen anstoßen, ohne dass diese auf den Spielraum der Schuldenbremse angerechnet werden. Ein Großteil der Gesamtausgaben soll gleichwohl weiterhin in die Soziale Sicherung fließen, beispielsweise in einen Anstieg der die Zuschüsse zur gesetzlichen Rentenversicherung.

EU-Vergleich zeigt Schwächen öffentlicher Ausgabenstrukturen

Im europäischen Vergleich zeigen sich einige Auffälligkeiten. Insbesondere hat Deutschland in der Vergangenheit im Vergleich zu vielen anderen Ländern weniger investiert. Gerade einmal 2,7 Prozent des deutschen BIP flossen im vergangenen Jahr in öffentliche Investitionen. Im Durchschnitt der Europäischen Union (EU) waren es 3,6 Prozent, die skandinavischen Länder kamen gar auf 4,4 Prozent. Auch bei Bildungsausgaben, Verteidigung und Umweltschutz lag Deutschland unter dem EU-Durchschnitt. Demgegenüber lag Deutschland bei den Ausgaben für soziale Sicherung und für Gesundheit jeweils über dem EU-Durchschnitt. Das weist auf strukturelle Defizite der entsprechenden deutschen Systeme hin.

Finanzpolitische Herausforderungen

Auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023, das die Aufnahme von Krisenkrediten bei ausgesetzter Schuldenbremse auf die Krisenjahre begrenzte, führte zu besonderen haushaltsrechtlichen und finanzpolitischen Herausforderungen. Zusammen mit der oben beschriebenen Sachlage ist das Anlass und Chance, Strukturreformen anzugehen und Zukunftsaufgaben in den öffentlichen Haushalten nochmals stärker als derzeit zu priorisieren. Es gilt, die Rahmenbedingungen für administrative Vorgänge, wirtschaftliche Entwicklung und individuelle Lebensperspektiven so auszutarieren, dass

  • die Ausgabenseite trotz des demografischen Wandels beherrschbar bleibt,
  • neue Einnahmeperspektiven über eine Stärkung der Wirtschaftsdynamik erreicht werden
  • und die Finanzierung von Zukunftsinvestitionen generationengerecht angelegt werden kann.
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Martin Beznoska / Tobias Hentze / Björn Kauder / Enno Reichert Gutachten 2. Dezember 2024

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