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Markus Demary IW-Kurzbericht Nr. 8 28. Februar 2024 Deutsches Bankensystem weiterhin robust

Verwerfungen auf dem US-Gewerbeimmobilienmarkt sowie die Insolvenz der Signa-Gruppe wecken Befürchtungen, dass eine Bankenkrise folgt. Das Bankensystem hat jedoch seit der Pleite der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers deutlich an Stabilität gewonnen. Ganz ohne Risiken sind die aktuellen Entwicklungen aber nicht.

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Deutsches Bankensystem weiterhin robust
Markus Demary IW-Kurzbericht Nr. 8 28. Februar 2024

Deutsches Bankensystem weiterhin robust

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Verwerfungen auf dem US-Gewerbeimmobilienmarkt sowie die Insolvenz der Signa-Gruppe wecken Befürchtungen, dass eine Bankenkrise folgt. Das Bankensystem hat jedoch seit der Pleite der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers deutlich an Stabilität gewonnen. Ganz ohne Risiken sind die aktuellen Entwicklungen aber nicht.

Im Zuge der Entwicklungen auf dem US-Immobilienmarkt hat Standard & Poors die Bonität der Deutschen Pfandbriefbank und Fitch die der Aareal Bank heruntergestuft (Einbrodt et al., 2024). Die Insolvenz der Signa-Gruppe soll hingegen die kleineren Sparkassen und Genossenschaftsbanken nach Angaben der Bild-Zeitung betreffen (Einbrodt, 2024). Dies weckt Sorgen bezüglich des Entstehens einer Bankenkrise.

Notleidende Kredite sind aktuell selten

Im Vergleich zum Durchschnitt über alle Banken der Europäischen Union (EU) weisen die deutschen Institute einen geringeren Anteil an notleidenden Krediten im Verhältnis zu ihrem vergebenen Kreditvolumen auf (Non-Performing-Loan-Ratio oder NPL-Quote). In Deutschland liegt der Anteil laut Zahlen der European Banking Authority (EBA) bei 1,1 Prozent, während er in der EU bei 1,8 Prozent liegt (EBA, 2023). Die NPL-Quoten gegenüber Haushalten und Unternehmen liegen bei 1,4 Prozent und 2,6 Prozent und damit ebenfalls unterhalb des Durchschnitts der EU. Bei der Finanzierung von Gewerbeimmobilien liegt die NPL-Quote mit 3,4 Prozent vergleichsweise höher, aber immer noch auf niedrigem Niveau.

Gemeinsame Risikofaktoren

Die NPL-Quote ist ein rückschauender Indikator. Da zur Zeit der Büroimmobilienmarkt als gemeinsamer Risikofaktor der Banken gesehen werden kann, lohnt sich ein Blick auf die Zusammensetzung der Kreditportfolios. Im Durchschnitt haben die Banken rund 18,5 Prozent ihres Kreditvolumens an Haushalte vergeben. Die Exposures gegenüber Unternehmen belaufen sich auf 29,1 Prozent des gesamten vergebenen Kreditvolumens. Darin enthalten sind die Finanzierungen von Gewerbeimmobilien. Auf sie entfällt ein Anteil von 9,5 Prozent des gesamten Kreditvolumens.

Die Anteile können auf Klumpenrisiken hindeuten, dafür müssten aber gemeinsame Risikofaktoren vorliegen. Die Kreditvergabe an die Haushalte macht zwar einen großen Teil der Kreditvergabe aus, die dem 2,3-fachen des Eigenkapitals der Banken (Tier-1-Capital) entspricht, diese Kredite sind jedoch sehr granular, das heißt das Kreditvolumen setzt sich aus sehr vielen, sehr kleinen Krediten zusammen. Dass viele dieser Kredite ausfallen, scheint aufgrund der guten Arbeitsmarktsituation eher weniger erwartbar zu sein. Der Anteil der Unternehmenskredite am gesamten Kreditvolumen liegt bei 29,1 Prozent. Werden nur die Kredite gegenüber kleinen und mittelgroßen Unternehmen betrachtet, so liegt der Anteil bei 7,6 Prozent. Dies entspricht 90 Prozent des Tier-1-Eigenkapitals der Banken. Die Exposures gegenüber Gewerbeimmobilien liegen bei 9,5 Prozent des Kreditvolumens, was dem 1,2-fachen des Tier-1-Eigenkapitals der Banken entspricht. Insgesamt wirken diese Vergleiche eher beruhigend.

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Einzelinstitute müssen betrachtet werden      

Interessanter wird es, wenn einzelne Institute betrachtet werden. Creditreform hat im Jahr 2022 die Anteile der Finanzierung von Gewerbeimmobilien am gesamten Kreditvolumen für einzelne Institute ermittelt. Bei der DZ Bank lag dieser Anteil bei 15 Prozent, bei der NordLB bei 16 Prozent und bei der DekaBank bei 17 Prozent. Leicht darüber rangierte die LBBW mit einem Anteil von 21 Prozent. Etwas stärkere Exposures gegenüber dem Gewerbeimmobilienmarkt hatten die Münchener Hyp mit 31 Prozent, die Helaba mit 33 Prozent, die BayernLB mit 34 Prozent und die Hamburg Commercial Bank mit 39 Prozent. Spitzenreiter waren die Spezialfinanzierer Deutsche Pfandbriefbank mit einem Anteil von 69 Prozent, die Aareal Bank mit einem Anteil von 92 Prozent und die Berlin Hyp mit einem Anteil von 94 Prozent. Creditreform sah schon damals eine erhöhte Vulnerabilität, da das Verhältnis dieser Exposures zum Tier-1-Kapital für die Münchener Hyp, die Deutsche Pfandbriefbank, die Aareal Bank und die Berlin Hyp zwischen dem Faktor 8 und 16 lag.

Bankenkrise ist unwahrscheinlich

Die Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers, die eine globale Finanzmarktkrise eingeleitet hat, ist zwar schon 15 Jahre her, doch immer noch im Gedächtnis vieler Menschen. Seitdem ist aber viel für die Stabilität der Banken getan worden, was sich auch während der Corona-Krise und der Energiekrise bewährt hat:

  • Die Tier-1-Eigenkapitalquote liegt aktuell bei 17,8 Prozent der risikogewichteten Aktiva. Im Rahmen des Bankenpakets 2021 wurden die Eigenkapitalrichtlinie (Capital Requirements Directive, CRD) und die Eigenkapitalverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR) überarbeitet. Sie sollen von 2025 bis 2030 von den Banken umgesetzt werden.
  • Die Liquiditätsausstattung wurde verbessert. Mit der Einführung der Liquidity Coverage Ratio (LCR) müssen Banken einen Mindestbestand an liquiden Aktiva vorhalten, um in Stresssituationen ihren Zahlungsverpflichtungen 30 Tage lang nachkommen zu können.
  • Die CRR sieht eine Großkreditbeschränkung vor. Demnach darf ein Kredit einer Bank an einen einzelnen Kunden nicht mehr als 25 Prozent des haftenden Eigenkapitals überschreiten.
  • Mit dem Single Supervisory Mechanism (SSM) wurde die Bankenaufsicht auf die europäische Ebene geführt. Unter der direkten Aufsicht des SSM, der bei der Europäischen Zentralbank angesiedelt ist, stehen 113 europäische Banken, darunter 55 deutsche Banken. Die stark in der Finanzierung von Gewerbeimmobilien engagierten Banken, Aareal Bank, Deutsche Pfandbriefbank, Berlin Hyp und die Münchener Hypothekenbank, sind alle unter der direkten Aufsicht des SSM.   
  • Die Abwicklung von großen und systemrelevanten Banken wurde gestärkt. Hierzu wurde auf der europäischen Ebene der Single Resolution Mechanism (SRM) errichtet. Dieser hat schon sehr erfolgreich Banken vom Markt genommen, ohne dass negative Rückwirkungen auf das Finanzsystem die Folge waren, wie im Fall der spanischen Banco Popular (SRM, 2017). Damit im Falle einer Abwicklung genügend Haftungsmasse vorhanden ist, wurden die Total Loss Absorbing Capacity (TLAC) und die Minimum Requiement for Own Funds and Eligible Liabilities (MREL) eingeführt. TLAC gilt für global systemrelevante Banken, MREL kann auf einzelne Banken zugeschnitten werden.
  • Eine gemeinsame europäische Einlagensicherung war bei Einführung der Bankenunion als dritte Säule neben dem SSM und dem SRM vorgesehen, wurde jedoch nicht umgesetzt. Dafür fand aber eine Harmonisierung der Einlagensicherungssysteme der Mitgliedsländer statt. So sind in der gesamten Europäischen Union Bankeinlagen in Höhe von 100.000 Euro pro Kunde und pro Bank abgesichert.
  • Makroprudenzielle Instrumente wurden eingeführt, welche es den Aufsichtsbehörden erlauben, Systemrisiken in der zeitlichen Dimension sowie in der Querschnittsdimension zu adressieren. Hierzu gehört der antizyklische Eigenkapitalpuffer, der in guten Zeiten aktiviert wird, um die Verlustabsorptionsfähigkeiten der Banken für den Krisenfall zu stärken. Weiter erlauben es spezielle Kapitalpuffer für systemrelevante Institute, deren Verlustabsorptionsfähigkeit mit dem Ziel zu stärken, dass deren Schieflage nicht zu Verlusten bei anderen Banken führt. Zudem bestehen noch spezielle makroprudenzielle Instrumente für Risiken aus dem Immobilienmarkt.

Diese Reformen haben das Bankensystem insgesamt gestärkt. Sie verhindern aber nicht, dass einzelne Banken in Schieflage geraten und vom Markt genommen werden müssen. Denn Insolvenzen gehören zu einer Marktwirtschaft dazu. Sie sollten nicht um jeden Preis verhindert werden.

Aufgrund der stattgefundenen Reformen muss das Bankensystem die aktuellen Entwicklungen um den Gewerbeimmobilienmarkt schultern können und auch mögliche Schieflagen einzelner Banken absorbieren können, ohne dass eine Bankenkrise entsteht.

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