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Jürgen Matthes IW-Kurzbericht Nr. 24 29. März 2023 China-Abhängigkeit deutscher Firmen steigt: Rekordinvestitionen in 2021 und 2022

Von Diversifizierung keine Spur: Nach neuesten Zahlen der Deutschen Bundesbank investierten deutsche Firmen mit 11,5 Milliarden Euro in 2022 so viel neu in China wie nie zuvor. Zudem wurden die Daten für die Vorjahre stark nach oben revidiert.

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Rekordinvestitionen in 2021 und 2022
Jürgen Matthes IW-Kurzbericht Nr. 24 29. März 2023

China-Abhängigkeit deutscher Firmen steigt: Rekordinvestitionen in 2021 und 2022

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Von Diversifizierung keine Spur: Nach neuesten Zahlen der Deutschen Bundesbank investierten deutsche Firmen mit 11,5 Milliarden Euro in 2022 so viel neu in China wie nie zuvor. Zudem wurden die Daten für die Vorjahre stark nach oben revidiert.

In 2020 flossen fast 2 Milliarden Euro mehr nach China als zuvor geschätzt, in 2021 sogar über 4,2 Milliarden Euro. Allein in den vergangenen beiden Jahren betrugen die Direktinvestitionszuflüsse zusammen 21,5 Milliarden Euro. Dabei werden die Neuinvestitionen zuletzt vollständig aus Gewinnen in China finanziert.

Gerade erst ging das China Development Forum zuende. China öffnet die Türen und zeigt sich – nach den Schockwellen der Lockdowns in 2022 – wieder erstaunlich wirtschaftsfreundlich. Offenbar hat man gemerkt, dass das brutale Durchregieren im vergangenen Jahr viel Vertrauen bei ausländischen Firmen gekostet hat. Mit dem U-Turn im Dezember von der Zero-Covid-Politik zur Zero-Caution-Politik hat die chinesische Staatsführung offenbar auch eine 180-Grad-Wende beim Investitions- und Wirtschaftsklima gemacht. Der rote Teppich ist wieder ausgerollt. Entsprechend breit war auch die deutsche Wirtschaftselite beim Forum vertreten. China lockt weiterhin unwiderstehlich, scheint es.

Auch die jüngst veröffentlichten Daten der Deutschen Bundesbank zu den neuen Direktinvestitionen deutscher Firmen in China für das Gesamtjahr 2022 zeigen, dass der Run auf China weitergeht (Abbildung). Im vergangenen Jahr investierten deutsche Firmen mit 11,5 Milliarden Euro auf absolutem Rekordniveau.

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Im ersten Halbjahr 2022 hatte sich das mit einem Spitzenwert von rund 10 Milliarden Euro schon angedeutet (Matthes, 2020). Dieser Wert ist nach den neuesten Bundesbank-Schätzungen noch höher ausgefallen und auf 12,2 Milliarden Euro gestiegen. Wie in den Vorjahren nicht unüblich gibt es auch immer wieder einmal Quartale mit negativen Werten, so auch im dritten Quartal 2022 mit gut 0,6 Milliarden Euro. Doch weil aber im vierten Quartal wieder ein kleiner positiver Wert stand, resultierten am Ende die 11,5 Milliarden Euro als Gesamtwert für 2022.

Im Jahr 2021 zeigen die neuesten (auch korrigierten) Daten ebenfalls eine sehr hohe Summe von rund 10 Milliarden Euro, die nur vom 2022er-Wert übertroffen wird. Zusammen flossen damit in den vergangenen beiden Jahren 21,5 Milliarden Euro an neuen Direktinvestitionen ins Reich der Mitte. So viel China-Drive war nie.

Vorjahre stark nach oben revidiert

Offensichtlich hatte die Bundesbank auf Basis von ihr vorläufig vorliegenden Angaben die tatsächliche Entwicklung bislang unterschätzt. Datenkorrekturen sind freilich nichts Ungewöhnliches. Jedes Jahr im März findet eine Datenrevision für die Vorjahre statt. Bemerkenswert ist nur, dass bei den deutschen Direktinvestitionen in China die relevanten Revisionen der Quartale ab Anfang 2020 durchweg nur eine Richtung kennen: nach oben - und das teils sehr deutlich.

Auf Jahresbasis hat die Bundesbank die Werte für 2020 um fast 2 Milliarden Euro hochrevidieren müssen, für 2021 sogar um mehr als 4,2 Milliarden Euro. Offensichtlich ist das Investitionsgeschehen in China zuletzt so dynamisch gewesen, dass es durch die bestehenden Meldepflichten der Unternehmen unterschätzt wird.

Reinvestitionen dominieren zunehmend

Die Abbildung zeigt auch, dass sich die deutschen Direktinvestitionen in China zuletzt vollständig aus reinvestierten Gewinnen gespeist haben. Das war bis 2017 und vor allem am Anfang der 2010er Jahre noch anders. In den meisten Jahren zwischen 2010 und 2015 machten die reinvestierten Gewinne nur etwas mehr als die Hälfte der gesamten Direktinvestitionen aus.

Es fließt also offenbar per Saldo kein neues Direktinvestitionskapital nach China, sei es durch Nettoneuanlagen (Differenz zwischen Neuanlagen und der Liquidation bestehender Anlangen), Krediten oder der unbedeutenden Kategorie „Übrige Anlagen“. Vielmehr werden die zusätzlichen Investitionen aus den in China erwirtschafteten Gewinnen bestritten.  

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