Für ihre erkrankten Mitarbeiter haben die Arbeitgeber im Jahr 2017 insgesamt 59,8 Milliarden Euro an Entgelten und Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt – Tendenz steigend. Angesichts einer zuletzt annähernd konstanten Fehlzeitenquote werden die Kosten vor allem durch den Beschäftigungsboom und die Gehaltsentwicklung getrieben.

Rund 60 Milliarden Euro für die Entgeltfortzahlung
IW-Kurzbericht
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Für ihre erkrankten Mitarbeiter haben die Arbeitgeber im Jahr 2017 insgesamt 59,8 Milliarden Euro an Entgelten und Sozialversicherungsbeiträgen gezahlt – Tendenz steigend. Angesichts einer zuletzt annähernd konstanten Fehlzeitenquote werden die Kosten vor allem durch den Beschäftigungsboom und die Gehaltsentwicklung getrieben.
Ab dem 1.1.2019 wird der Beitragssatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern hälftig geteilt. Damit entfällt der Zusatzbeitrag für die Mitglieder gesetzlicher Kassen. Für die Arbeitgeber bedeutet dies – unter der Annahme konstanter Bruttolöhne – eine zusätzliche Belastung von anfänglich rund 5 Milliarden Euro pro Jahr (Schätzung auf Basis des Sozialbudgets 2017, Tabelle III-1; BMAS, 2018a). Dabei tragen sie auch ohne Beitragssatzparität einen höheren Anteil an den Kosten im Krankheitsfall, ist doch neben der medizinischen Behandlung auch die Entgeltfortzahlung in den Blick zu nehmen (BDA, 2017).
Fehlt ein Mitarbeiter krankheitsbedingt, zahlt der Arbeitgeber das volle Gehalt für bis zu sechs Wochen (§3 EFZG) – erst danach springt die gesetzliche Krankenkasse des Mitarbeiters ein. Das Krankengeld beträgt allerdings nur 70 Prozent des regelmäßigen Bruttoentgelts (§47 SGB V). Mehrere kürzere Fehlzeiten, die auf dieselbe Erkrankung zurückzuführen sind, werden innerhalb von zwölf Monaten summiert. Bei jeder anderen Erkrankungsursache beginnt die sechswöchige Fortzahlungsfrist von neuem. Das Entgelt wird auch während des Mutterschutzes gezahlt (§ 19 MuSchG), also sechs Wochen vor dem errechneten Entbindungstermin sowie acht Wochen nach der Geburt.
Die Höhe der Aufwendungen dokumentiert das Bundessozialministerium im jährlich erscheinenden Sozialbudget (BMAS, 2018). Demnach mussten die Arbeitgeber im Jahr 2017 schätzungsweise 52,1 Milliarden Euro für die Fortzahlung der Gehälter aufwenden, davon 49,9 Milliarden Euro für ihre erkrankten Mitarbeiter. Das Sozialbudget weist allerdings nur Bruttoentgelte aus und greift damit zu kurz. Denn die Arbeitgeber zahlen neben dem Gehalt auch ihren darauf entfallenden Beitragsanteil zur gesetzlichen Sozialversicherung.
Der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung kann jedoch nicht einfach mit dem anteiligen Beitragssatz hochgerechnet werden. Denn Sozialbeiträge werden nur auf Entgelte bis zur Beitragsbemessungsgrenze gezahlt, darüber hinaus reichende Entgeltbestandteile bleiben beitragsfrei. Näherungsweise kann der beitragsfreie Anteil an der Gehaltssumme mithilfe der Versichertenstatistik der Gesetzlichen Rentenversicherung geschätzt werden (Deutsche Rentenversicherung, 2018). Dabei wird unterstellt, dass Unternehmen für privat krankenversicherte Mitarbeiter einen Arbeitgeberzuschuss zahlen, der dem Beitrag für freiwillige GKV-Mitglieder entspricht. Darüber hinaus zahlen die Arbeitgeber den Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung, der für die Unternehmen der Gewerblichen Wirtschaft als durchschnittlicher Prozentsatz aus Beitragssoll und Entgeltsumme geschätzt wird (DGUV, 2018).
Für die krankheitsbedingt ausfallenden Mitarbeiter sind so im Jahr 2017 geschätzt 9,9 Milliarden Euro an Arbeitgeberbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung hinzuzurechnen. In der Summe zahlten die Arbeitgeber also 59,8 Milliarden Euro. Innerhalb eines Jahrzehnts haben sich damit die Aufwendungen für Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nahezu verdoppelt. (Für Zeiten des Mutterschutzes summierten sich Entgeltfortzahlung und Arbeitgeberbeiträge auf weitere 2,7 Milliarden Euro.)
Seit 2006, dem Jahr mit einem historisch tiefen Krankenstand, ist der Aufwand für die Entgeltfortzahlung stetig gestiegen. Diese Entwicklung wird häufig den höheren Fehlzeiten zugeschreiben. Die sind aber zuletzt, das heißt seit 2014 kaum noch gestiegen (BKK-Dachverband, 2018, 40). Eine annähernd unveränderte Krankenstandquote bedeutet aber bei einem höheren Beschäftigungsstand, dass absolut mehr Mitarbeiter erkranken. Zusammen mit den jährlichen Gehaltsentwicklungen treibt dies die Aufwendungen für die Entgeltfortzahlung auf Rekordhöhen.

Jochen Pimpertz: Rund 60 Milliarden Euro für die Entgeltfortzahlung
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