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David Francas / Jasmina Kirchhoff Gutachten 12. Juni 2023 Produktion von Biosimilars: Wer Reshoring möchte, muss Offshoring vermeiden

Biopharmazeutische Arzneimittel gewinnen eine immer größere Bedeutung für unsere Arzneimittelversorgung – fast ein Drittel des deutschen Pharmamarktes sind Biopharmazeutika. Hierzu zählen neben Insulinen auch die Corona-Impfstoffe ebenso wie neuartige Immuntherapien zur Behandlung von Krebserkrankungen.

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Gutachten
Wer Reshoring möchte, muss Offshoring vermeiden
David Francas / Jasmina Kirchhoff Gutachten 12. Juni 2023

Produktion von Biosimilars: Wer Reshoring möchte, muss Offshoring vermeiden

Gutachten im Auftrag von Pro Generika e.V.

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Biopharmazeutische Arzneimittel gewinnen eine immer größere Bedeutung für unsere Arzneimittelversorgung – fast ein Drittel des deutschen Pharmamarktes sind Biopharmazeutika. Hierzu zählen neben Insulinen auch die Corona-Impfstoffe ebenso wie neuartige Immuntherapien zur Behandlung von Krebserkrankungen.

In den letzten Jahren treten zunehmend Biosimilars, also die Nachfolgepräparate der aus dem Patentschutz gelaufenen biopharmazeutischen Arzneimittel, in den Markt ein. Biosimilars sind in der Regel günstiger als das entsprechende Originalpräparat und können so zur finanziellen Nachhaltigkeit der Gesundheitsversorgung beitragen. Wie schon bei generischen Produkten setzt das deutsche Gesundheitssystem aber vor allem auf die Kosteneinsparpotenziale der Biosimilars und läuft damit Gefahr, die Resilienz der biopharmazeutischen Lieferketten und damit die Versorgungssicherheit aus den Augen zu verlieren. Wozu das führen kann, zeigen die aktuellen Lieferengpässe bei generischen Arzneimitteln deutlich: Produktionsverlagerungen und Marktverengungen als Antwort auf den steigenden Kostendruck haben strategische Abhängigkeiten, etwa bei Antibiotika und Kinderarzneimittel, befördert und Lieferengpässe in diesen Bereichen wahrscheinlicher gemacht.

Produktion von Biosimilars in Europa: noch stark, aber der Druck wächst

Zwei Drittel der generischen Wirkstoffe werden mittlerweile in Asien, insbesondere in China und Indien, produziert. In der Biosimilar-Produktion sieht dies noch anders aus: Die für den europäischen Markt bestimmten biosimilaren Wirkstoffe werden noch zu über 50 Prozent in Europa produziert, 30 Prozent davon in Deutschland. Doch der Vorsprung Europas im globalen Standortwettbewerb schmilzt. Der Anteil Asiens an der Produktion von Biosimilar-Wirkstoffen ist seit dem Jahr 2010 auf 30 Prozent gestiegen. Erste Biosimilar-Wirkstoffe werden bereits ausschließlich in China gefertigt. Der globale Wettbewerb im Biosimilar-Markt wird immer intensiver. Seit 2016 treten nicht nur immer mehr Unternehmen aus einer wachsenden Zahl unterschiedlicher Länder in den Biosimilar-Markt ein. Asiatische Hersteller bauen ihre Expertise in der biotechnologischen Produktion und Entwicklung aus: China und Indien sind in den letzten Jahren zu den weltweit führenden Nationen in den Bereichen biotechnologische Forschung und Fertigung aufgestiegen. Die ökonomischen und versorgungsrelevanten Potenziale biopharmazeutischer Produktionen wurden in diesen Ländern nicht nur erkannt, sondern eine Reihe von staatlichen Fördermaßnahmen installiert, um die heimische Entwicklung und Produktion – mit Erfolg – zu stärken.

Wer Reshoring will, muss Offshoring vermeiden

Insbesondere der Kostendruck westlicher Gesundheitssysteme hat zu Verlagerungen generischer Wirkstoffproduktionen nach Asien geführt. Trotz der deutlichen Auswirkungen dieser Standortverlagerungen auf die Versorgungssicherheit und trotz des abschmelzenden Vorsprungs Europas im globalen Biosimilars-Markt, diskutiert das deutsche Gesundheitssystem auch für Biosimilars nahezu ausschließlich über Möglichkeiten, Kosteneinsparpotenziale zu realisieren.

Gleichwohl sind sich alle Stakeholder des Gesundheitssystems einig, dass wir widerstandsfähiger werden müssen, um Lieferengpässe, wie aktuell beispielsweise bei Kinderarzneimitteln, Antibiotika und Krebsmedikamenten, zu vermeiden. Hierfür braucht es Maßnahmen, welche nicht nur auf eine Rückverlagerung abgewanderter Produktionen nach Europa, sondern in erster Linie auf eine grundsätzliche Stärkung der heimischen Wirkstoffproduktion abzielen und damit eine Abwanderung vorhandener Produktionsstandorte verhindern. Denn einmal abgewanderte pharmazeutische Produktionen sind nur schwer wieder zurückzuholen. Aus Sicht der Resilienz des Gesundheitssystems ist die Losung daher klar: Wer Reshoring will, muss Offshoring vermeiden.

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Wer Reshoring möchte, muss Offshoring vermeiden
David Francas / Jasmina Kirchhoff Gutachten 12. Juni 2023

Produktion von Biosimilars: Wer Reshoring möchte, muss Offshoring vermeiden

Gutachten im Auftrag von Pro Generika e.V.

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

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