Der Welthandel verblieb auch im Jahr 2018 unter dem Einfluss hoher wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten. Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund ihrer starken Verflechtungen in internationale Wertschöpfungsketten von diesen Entwicklungen besonders betroffen – der globale Absatz deutscher Pharmaprodukte folgt aber nach wie vor einer eigenen Dynamik.
Pharmaausfuhren trotzen den globalen Unsicherheiten
IW-Kurzbericht
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Der Welthandel verblieb auch im Jahr 2018 unter dem Einfluss hoher wirtschaftlicher und geopolitischer Unsicherheiten. Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund ihrer starken Verflechtungen in internationale Wertschöpfungsketten von diesen Entwicklungen besonders betroffen – der globale Absatz deutscher Pharmaprodukte folgt aber nach wie vor einer eigenen Dynamik.
Der Handelsstreit zwischen den USA und China schwelt, der Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU) rückt näher, Italien rutschte Ende vergangenen Jahres erneut in die Rezession, die wirtschaftliche Dynamik in den Schwellenländern flachte sich im Jahresverlauf zum Teil deutlich ab – im Jahr 2018 führte eine Reihe von Unsicherheiten in der Weltwirtschaft zu Umlenkungseffekten im Welthandel sowie erheblichen Beeinträchtigungen der Handelsströme (IW-Forschungsgruppe Konjunktur, 2019). Der globale Absatz deutscher Industriegüter zeigte sich besonders betroffen, sind deutsche Unternehmen doch stark in internationale Wertschöpfungsketten integriert.
Die im Jahr 2018 zurückhaltenden Exporttätigkeiten deutscher Unternehmen betrafen alle Zielregionen. Die Ausfuhren legten 2018 im Vergleich zum Vorjahr nominal um 3,0 Prozent zu, 2017 betrug das Plus 6,2 Prozent.
- Der Wert der Exporte in die EU stieg im Jahr 2018 im Vorjahresvergleich um 3,8 Prozent – 2017 verzeichneten die Ausfuhren einen Anstieg von 6,3 Prozent.
- Die Ausfuhren in die USA verbuchten am aktuellen Rand ein Plus von 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr; im Jahr 2017 betrug der Anstieg 4,7 Prozent.
- In die Gruppe der Schwellenländer wurden im Jahr 2018 2,0 Prozent mehr Industriegüter exportiert als im Vorjahr. Zwar sank der Ausfuhrwert in einer Reihe von Schwellenländern, wie der Türkei, zum Teil deutlich, doch die starke Nachfrage aus China stabilisierte die Exporte in diese Ländergruppe. Im Ergebnis schwächte sich die Dynamik deutscher Ausfuhren klar ab; 2017 betrug das nominale Plus 6,7 Prozent.
Der Export deutscher Pharmaprodukte zeigte dagegen einen eigenen, gegenläufigen Entwicklungspfad. Der Ausfuhrwert von Arzneimitteln ist im Jahr 2018 um 10,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dabei sind die Pharmaausfuhren seit 2016 durch eine ansteigende Dynamik geprägt: 2017 legten die Pharmaexporte um 8,1 Prozent zu, 2016 um 1,0 Prozent.
Treiber dieser positiven Entwicklung war der starke Anstieg der Ausfuhren pharmazeutischer Produkte in die Länder der EU. In 2018 stieg der Wert der exportierten Arzneimittel in die EU im Vergleich zum Vorjahr um 21,6 Prozent auf 42,9 Milliarden Euro. Hier wird die ansteigende Dynamik besonders deutlich: Sank der Ausfuhrwert 2016 noch um 2,0 Prozent im Vorjahresvergleich, verbuchte dieser 2017 einen Anstieg um 3,2 Prozent.
Der Brexit beeinflusst seit dem Jahr des Referendums die Ausfuhren pharmazeutischer Erzeugnisse aus Deutschland in Richtung des Vereinigten Königreichs (UK). Der Anteil des UK am Ausfuhrwert deutscher Pharmazeutika in die Länder der EU ist von 18,5 Prozent im Jahr 2016 auf aktuell knapp 10 Prozent gefallen; allein 2018 sank der Ausfuhrwert der Pharmaexporte in Richtung UK um 18,6 Prozent. Dieser Rückgang verwundert nicht, findet doch ein erheblicher Teil der Exporte deutscher Pharmaunternehmen in die EU ihr Ziel im Königreich und sind diese Unternehmen aufgrund starker Vorleistungsverflechtungen mit der Insel zusätzlich stark vom bevorstehenden Brexit betroffen (Steinhaus et al., 2017). Zudem ist die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der in Deutschland hergestellten Produkte in den letzten Jahren durch die Aufwertung des Euro gegenüber dem britischen Pfund gesunken (Heymann, 2019). Doch trotz des massiven Exportrückgangs in Richtung UK konnten die Pharmaausfuhren in die EU aufgrund starker Zuwächse in einigen der großen europäischen Zielländer insgesamt zulegen.
Irland gewann in den letzten drei Jahren als Zielland deutscher Pharmaausfuhren deutlich an Bedeutung, ist dessen Anteil am Ausfuhrwert in die Länder der EU von knapp 3 Prozent im Jahr 2016 auf gut 13 Prozent im Jahr 2018 gestiegen. Bereits 2017 erhöhten sich die Pharmaausfuhren nach Irland um 84 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, 2018 um 222 Prozent. Doch diese Entwicklung ist nicht auf einen im Zeitablauf durchgängigen Anstieg zurückzuführen. Vielmehr legte der Ausfuhrwert pharmazeutischer Erzeugnisse aus Deutschland zu Beginn des Jahres 2018 stark zu, findet seinen deutlichen Höhepunkt im zweiten und dritten Quartal, um dann zum Jahresende auf sein altes Niveau des Jahres 2016 zurückzufinden. Hier scheinen – neben dem Brexit – Sondereffekte zu wirken, die zurzeit nicht näher benannt werden können (Watts, 2019). Die Exportentwicklung in Richtung Irland hat einen starken Effekt auf die gesamten Pharmaausfuhren in die EU: Wird Irland aus der Betrachtung ausgeschlossen, steigen die Ausfuhren immer noch um 11,6 Prozent.
Im Jahr 2018 zeigte auch Italien als Abnehmerland pharmazeutischer Produkte aus Deutschland mit einem Plus von 69 Prozent gegenüber dem Vorjahr ein starkes Wachstum. Anders als im Fall Irlands ist im gesamten Jahresverlauf ein Anstieg im Vorjahresvergleich zu beobachten. Mit einem Anteil von 11 Prozent an den Pharmaausfuhren in die EU ist Italien neben den Niederlanden und Irland nun der drittstärkste europäische Handelspartner deutscher Pharmaexporteure – 46 Prozent des Ausfuhrwerts deutscher Arzneimittel in der EU ist in diesen drei Ländern zu verorten.
Pharmaausfuhren in die USA und in Schwellenländer zeigen dagegen keine vergleichbare Dynamik. Die Entwicklung der deutschen Pharmaexporte in die USA blieb auch 2018 durch die Unsicherheiten in der laufenden Amtszeit Donald Trumps geprägt. Der Wert der in die USA ausgeführten Pharmazeutika stieg im Jahr 2018 um 2,4 Prozent auf 13,4 Milliarden Euro. Damit bleiben die USA mit einem Anteil von 16,4 Prozent an den weltweiten Ausfuhren der größte Abnehmer pharmazeutischer Produkte aus Deutschland. Eine Begründung für das gedämpfte Wachstum am aktuellen Rand mag in den Unsicherheiten drohender Handelskonflikte liegen. Diese beziehen sich zwar bislang auf Stahl, Aluminium und Kraftfahrzeuge, doch europäische Hersteller liefern vor allem Autos, Maschinen und Pharmazeutika in die USA. Zudem sind Arzneimittel auf dem US-amerikanischen Markt einem verstärkten Preisdruck ausgesetzt.
Zu Beginn des Jahrzehnts verzeichneten die Ausfuhren von Arzneimitteln in Schwellenländer hohe Wachstumsdynamiken (Kirchhoff, 2017). Seit 2014 wird das Bild trotz durchgängig steigender Ausfuhren uneinheitlich. Der Ausfuhrwert der in diese Länder ausgeführten Pharmazeutika stieg im Jahr 2017 um 10,2 Prozent, 2018 um 3,5 Prozent. China als größter Absatzmarkt treibt die Entwicklungen der Pharmaausfuhren in diese Ländergruppe; legten die Exporte deutscher Arzneimittel in Richtung China im Jahr 2017 um 12,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu, betrug das Plus 2018 noch 6,7 Prozent. Zwar folgt diese Dynamik der Entwicklung der gesamten Industrieausfuhren nach China, doch mittel- bis langfristig will das Reich der Mitte hochwertige Arzneimittel selber produzieren: Die „Made in China 2025“-Strategie verfolgt das Ziel, bis zum Jahr 2049 einer der weltweit führenden Technologie- und Innovationsstandorte zu werden, das Programm „Gesundes China 2030“ zielt auf die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung ab – in diesem Zusammenhang wurde der Pharmasektor als ein zentraler Wachstumstreiber identifiziert.
Damit bleibt der Befund, dass Pharmaprodukte weniger auf konjunkturelle Schwankungen reagieren als andere industrielle Güter. Die Pharmaexporte entwickelten sich trotz nachlassender Dynamik der Weltwirtschaft weitestgehend robust – bleiben aber nicht unbeeinflusst. Für das Jahr 2019 ist ein ähnlich verhaltenes Bild zu erwarten, denn die handels- und geopolitischen Unsicherheiten bleiben vorerst bestehen.
Jasmina Kirchhoff: Pharmaausfuhren trotzen den globalen Unsicherheiten
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