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Dominik Enste IW-Kurzbericht Nr. 54 31. August 2018 Engpass Haushaltshilfe: Vergebliche Suche und weitverbreitete Schwarzarbeit

Immer mehr Haushalte suchen vergeblich nach einer Haushaltshilfe. Angesichts eines immer weiteren Anstiegs der Frauen- aber auch Männererwerbstätigkeit ist der Wunsch nach Entlastung im Haushalt zwar groß, aber das Angebot offensichtlich knapp. Dies gilt auch für nicht angemeldete Haushaltshilfen. In der Folge steigt der Zeitstress und die Lebenszufriedenheit leidet.

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Vergebliche Suche und weitverbreitete Schwarzarbeit
Dominik Enste IW-Kurzbericht Nr. 54 31. August 2018

Engpass Haushaltshilfe: Vergebliche Suche und weitverbreitete Schwarzarbeit

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Immer mehr Haushalte suchen vergeblich nach einer Haushaltshilfe. Angesichts eines immer weiteren Anstiegs der Frauen- aber auch Männererwerbstätigkeit ist der Wunsch nach Entlastung im Haushalt zwar groß, aber das Angebot offensichtlich knapp. Dies gilt auch für nicht angemeldete Haushaltshilfen. In der Folge steigt der Zeitstress und die Lebenszufriedenheit leidet.

Seit vielen Jahren versucht die Politik den Arbeitsplatz Privathaushalt attraktiver zu machen und vor allem die weitverbreitete Schwarzarbeit bei der Hilfe im Haushalt zu bekämpfen. Die Analyse der neuesten verfügbaren Daten aus den offiziellen Statistiken und aus Umfragen (u.a. dem SOEP) zeigen einen angesichts des steigenden Bedarfs unerwarteten Rückgang bei der Zahl der Haushaltshilfen. Im Jahr 2015 beschäftigten 4,3 Millionen Haushalte eine Hilfe. Im Jahr 2017 waren dies nur noch 3,75 Millionen. Ein Rückgang um mehr als 12 Prozent. Auch bei der Berechnung mit anderen Modellen und Gewichtungen bei der Übertragung der Stichprobenwerte auf die Gesamtbevölkerung ergibt sich ein ebenso hoher Rückgang, allerdings mit anderen absoluten Werten. Dieser Rückgang lässt sich vor allem mit einem geringeren Angebot an Haushaltshilfen erklären. Denn die Haushalte selber geben einen entsprechenden Bedarf an und suchen nach Unterstützung im Haushalt.

Zunahme der Minijobber und sozialversicherungspflichtig Beschäftigten

Die Zahl der legal beschäftigten Haushaltshilfen hat im Laufe der letzten Jahre zugenommen. Insbesondere ist – u.a. aufgrund der steuerlichen Absetzbarkeit sowie der vereinfachten Anmeldung über die Minijobzentrale – die Zahl der Minijobber in Privathaushalten angestiegen. Seit 2005 hat sich die Zahl von rund 108.000 auf mehr als 305.000 Minijobber bis 2017 fast verdreifacht. Hinzu kommen 47.845 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (2017) sowie eine geschätzte Anzahl von rund 20.000 Selbständigen, die auf offizielle Rechnung in den Privathaushalten putzen, waschen und aufräumen. Diese werden teilweise über Internetplattformen vermittelt. Tatsächlich dominiert die „Putzfrau“ in diesem Wirtschaftszweig: zwischen 85 und 90 Prozent der angemeldeten Hilfen sind Frauen. Ausländer sind rund 22 Prozent der angemeldeten Minijobber und etwa 28 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die überwiegend aus anderen EU-Staaten kommen.

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Rund 88 Prozent der Haushalte melden allerdings weiterhin ihre Haushaltshilfe nicht an. Nach den neuesten Berechnungen auf Basis des SOEP, die mit leicht veränderten Annahmen und Gewichtungen sowie aktualisierten Werten für einige Variablen durchgeführt wurde, zeigt sich zumindest ein positiver Trend: meldeten im Jahr 2005 noch 93 Prozent der Haushalte ihre „Putzfrau“ nicht an, sind dies heute „nur“ noch 88 Prozent (Abbildung).

Große regionale Unterschiede

Bei der Beschäftigung von Haushaltshilfen gibt es große regionale Unterschiede. Während in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen mehr als jeder 10. Haushalt eine Putzhilfe beschäftigt, sind dies in Ostdeutschland weniger als jeder 20. Haushalt. Die Mehrzahl der Haushalte lässt sich dabei regelmäßig beim Putzen, Bügeln und Waschen helfen. Besonders häufig beschäftigen Haushalte mit Männern oder Frauen über 60 Jahre eine Hilfe und Familien mit 2 oder mehr Kindern. Allerdings lassen sich relativ wenige Erwerbstätige im Alter zwischen 30 und 60 Jahren bei den Hausarbeiten helfen. Dabei zeigt eine Forsa-Umfrage (2018) im Auftrag der Minijobzentrale, dass gerade diese Gruppe unter Zeitstress leidet. 47 Prozent der über 25-Jährigen geben an, dass sie die Erledigung und Organisation des Haushalts als besonders stressig empfinden. Insbesondere Frauen empfinden die Aufgaben im Haushalt als den größten Stressfaktor im Alltag (53 Prozent) – erst danach folgt der Job (44 Prozent). Erwerbstätige beklagen doppelt so häufig die Belastung durch die Haushaltsarbeiten (Forsa, 2018).

Lebenszufriedenheit leidet

Eine aktuelle Studie (Minijobzentrale, 2018) zeigt den Bedarf bei Erwerbstätigen im mittleren Alter auf, die besonders über Zeitstress und Unzufriedenheit mit der Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Haushaltsarbeit klagt. Der Engpass bei Haushaltshilfen ist dabei nicht nur aus ökonomischen Gründen problematisch, da dadurch insbesondere Frauen, welche die Hauptlast der Hausarbeit tragen, weniger leicht bezahlter Erwerbsarbeit nachgehen können. Zugleich leidet darunter auch die Lebenszufriedenheit. Denn Menschen, die sich durch Unterstützung im Alltag „Zeit“ kaufen, geben eine höhere Lebenszufriedenheit an. Für Deutschland zeigen die Berechnungen auf Basis von mehr als 20.000 Personen, dass die Beschäftigung einer Haushaltshilfe – bei Kontrolle u.a. für das Haushaltseinkommen – einen deutlichen, positiven Effekt auf die Lebenszufriedenheit hat.

Internationalen Studien mit Daten aus den USA, Kanada, Dänemark und den Niederlanden mit insgesamt 6.271 Befragten kommen zu dem gleichen Ergebnis (Whillans et al., 2017). Der „Kauf“ von Zeit, z.B. durch Haushaltshilfen, steigert die Lebenszufriedenheit nachhaltig, da der Zeitstress und die Zeitknappheit vermindert werden. Das gilt, so Whillans et al. (2017) basierend auf ihren repräsentativen Daten, für alle Einkommensgruppen und Bevölkerungsgruppen. In einem Experiment in den USA konnten sie zudem zeigen, dass tatsächlich die Ausgaben für das Kaufen von Zeit für die Lebenszufriedenheit (mit-)verantwortlich waren und der kausale Zusammenhang nicht andersherum war. Also nicht Menschen, die sich als glücklicher bezeichnen, öfter und mehr Geld für Haushaltshilfen oder den Kauf von Zeit ausgeben. „Zeit kaufen“ machte die Menschen deutlich glücklicher als zum Beispiel Konsumausgaben. Aber wie in Deutschland auch wurden nicht dementsprechende Ausgaben getätigt, selbst wenn das Einkommen dafür vorhanden war. Im Übrigen geben auch 95 Prozent der Haushaltshilfen an, zufrieden bzw. sehr zufrieden mit ihrer Arbeit zu sein.

Die Erkenntnis – Haushaltshilfen machen glücklich – muss sich erst noch durchsetzen. Der Wert der Hausarbeit muss erkannt werden, so dass sich auch die Zahlungsbereitschaft erhöht. Laut einer Forsa-Umfrage aus dem Jahr 2015 lag diese bei 23 Prozent zwischen 8,50 bis 10 Euro pro Stunde, 53 Prozent ist die Hilfe 10 bis 12 Euro pro Stunde, 18 Prozent 12 bis 15 Euro wert. Mehr als 15 Euro würden nur 6 Prozent bereit sein zu zahlen.

Statt mit steuerlichen Subventionen und Vergünstigungen oder auch Gutscheinen die mangelnde Zahlungsbereitschaft auf Kosten des Steuerzahlers auszugleichen, sollten die Menschen eher aufgeklärt werden, um bewusster ihre Entscheidungen für das Kaufen von Zeit statt Gütern zu treffen. Dabei geht es darum Gewohnheiten zu verändern, was naturgemäß ein längerer Prozess ist. Aber von Seiten der Politik sind die Rahmenbedingungen was Anmeldung, Bürokratie und steuerliche Anreize betrifft verbessert worden, so dass nun zumindest die Haushalte selber gefragt sind, die sich aufgrund von Erwerbstätigkeit und gutem Einkommen die Unterstützung leisten können. Einige Aufgaben übernehmen mittlerweile ja auch Saugroboter und Co. Aber diese werden die klassische Haushaltshilfe sobald nicht ersetzen, sondern ihr eher zeitliche Spielräume schaffen, andere Aufgaben zu erledigen, während der Roboter saugt oder den Rasen mäht.

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