Im Handelsstreit zwischen China und den USA droht China damit, die Exporte von Seltenen Erden nach Nordamerika einzustellen. Damit wird die Zuverlässigkeit als Rohstofflieferant infrage gestellt. Angesichts der Dominanz Chinas beim Abbau dieser High-Tech-Rohstoffe ist das kein gutes Signal für die Weltwirtschaft.
Das vergessene Risiko der Seltenen Erden
IW-Kurzbericht
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Im Handelsstreit zwischen China und den USA droht China damit, die Exporte von Seltenen Erden nach Nordamerika einzustellen. Damit wird die Zuverlässigkeit als Rohstofflieferant infrage gestellt. Angesichts der Dominanz Chinas beim Abbau dieser High-Tech-Rohstoffe ist das kein gutes Signal für die Weltwirtschaft.
Seit Jahren hat China nahezu ein Monopol auf dem Markt für Seltene Erden. Die starke Marktstellung ist ein wesentliches Risiko für die Wertschöpfungsketten, für die diese Stoffe notwendig sind. Seltene Erden werden in vielen Hochtechnologieprodukten benötigt. Von der Optik bis zur Automobilindustrie werden diese metallischen Rohstoffe eingesetzt. Gerade leistungsfähige Permanentmagnete, wie sie in Windkraftanlagen und Elektroautos zum Einsatz kommen, werden in Zukunft stärker gefragt sein.
Die Versorgungsrisiken für die Industrie in Europa, aber auch in den USA und insbesondere in Japan können sich auf verschiedenem Wege zum Problem entwickeln:
- Die starke Marktmacht Chinas bietet das Potenzial hoher Preissteigerungen und starker Schwankungen. So lag der Durchschnittspreis der aus China ausgeführten Seltenen Erden wie Scandium und Yttrium in der Spitze 2011 fast 35-mal so hoch wie noch 2002. Seitdem sind die Preise wieder um mehr als 90 Prozent zurückgegangen.
- China kann versuchen, immer mehr Verarbeitungsstufen der Stoffe im Inland zu sichern und damit international ansässigen Unternehmen zu schaden. Die umfangreichen protektionistischen Maßnahmen Chinas im Rohstoffsektor sind dafür ein wirksamer Hebel.
- Der Export der Stoffe kann als politisches Machtinstrument eingesetzt werden. Diese Erfahrung musste Japan bereits 2010 machen, als die chinesischen Lieferungen komplett eingestellt wurden, um Druck im Streit um einige Inseln und damit verbundene Hoheitsrechte im Ostchinesischen Meer aufzubauen.
Das japanische Beispiel zeigt, dass China nicht davor zurückschreckt, den Handel mit dem wichtigsten Abnehmerland einzustellen. Immerhin geht fast die Hälfte des Exportwerts von Seltenen Erden und Seltenerdverbindungen nach Japan. Mit einem marktorientierten Umgang mit dem wichtigsten Kunden hatte das nichts zu tun.
Deutschland ist bei mit gerade einmal 2 Prozent des Warenwerts kein wichtiges Zielland für die chinesischen Exporte (Abbildung). Umgekehrt kommt aber fast die Hälfte der Seltenen Erden und Seltenerdverbindungen, die nach Deutschland eingeführt werden, aus China. Nicht darin enthalten ist die Abhängigkeit, die durch indirekte Importe entstehen. Vielfach sind die Stoffe in Zwischenprodukten oder Komponenten verbaut und von hoher Bedeutung für die Industrieunternehmen, selbst wenn sie das selbst gar nicht so genau wissen.
Die politische Drohung mit einem Exportstopp wäre ein empfindlicher Schlag für die Nutzer dieser Rohstoffe. Zwar gehen nur knapp 8 Prozent der chinesischen Exporte in die USA. Aber auch alle anderen Unternehmen, deren Produkte diese Stoffe benötigen, müssen mit Verwerfungen rechnen. Wann derartige Boykott-Maßnahmen in einem beliebigen politischen Streitfall als Instrument eingesetzt werden, ist für die Unternehmen unberechenbar.
Die chinesische Monopolstellung bei der Produktion von Seltenen Erden ergibt sich nicht etwa daraus, dass es wenige Vorkommen auf dem Erdball gäbe. Im Gegenteil sind die Stoffe weltweit verbreitet. Zumeist ist aber die Konzentration so gering, dass ein Abbau nicht wirtschaftlich ist, insbesondere wenn moderne Umwelt- und Sozialstandards eingehalten werden.
Die zwischenzeitlichen Preissteigerungen haben die (Wieder-)Eröffnung von Minenprojekten in Nordamerika und Australien möglich gemacht. Damit ist der Marktanteil Chinas in den letzten Jahren von rund 97 Prozent auf unter 90 Prozent gesunken. Gerade bei der Untergruppe der Leichten Seltenen Erden haben die Investitionen für ein Mehr an Wettbewerb gesorgt und damit die Versorgungsrisiken der Industrie reduziert. Bei den Schweren Seltenen Erden hat sich am De-facto-Monopol aber nichts geändert.
Dennoch bleibt China – nicht nur bei den Schweren Seltenen Erden – als Anbieter dominant, ein Ausfall wäre kurz und mittelfristig nicht zu ersetzten. Die Zuspitzung im Handelsstreit und die Auswirkungen auf die Rohstoffsicherheit zeigen, dass sich auch die deutsche Industrie nicht einfach auf eine sichere Versorgung verlassen kann. Zwar haben sich die Rohstoffpreise in den letzten Jahren moderat entwickelt. Dennoch sind die Gefahren der hochkonzentrierten und von politischen Überlegungen und Handelsbeschränkungen geprägten Rohstoffmärkte weiterhin hoch.
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